Tatsächlich dauerte es nur vier Jahre von der Bestellung bis zur Auslieferung der ersten Maschine. »Wir haben die Flugzeuge so schnell erhalten, weil wir sie nicht direkt bei Boeing, sondern als sogenannter Foreign-Military-Sales-Fall von den US-Streitkräften erworben haben» erklärte Broder Nielsen, Kommandeur des Marinefliegergeschwaders, bei der Auftaktveranstaltung zum Trainingsstart der Pilotinnen und Piloten bei Aviation Training (LAT) am 18. November in Berlin.
Lufthansa Aviation Training hat noch zwei Boeing 737-800-Simulatoren in Berlin für die Piloten der P-8A Poseidon
Die Bundeswehr arbeitet für die Flugausbildung mit dem Trainingsanbieter LAT zusammen. Der Standort im Berliner Südosten ist der zweitgrößte Trainingsstandort der 100-prozentigen Lufthansa-Tochter. In Berlin stehen insgesamt zwölf Simulatoren bereit, von der Airbus A320-Familie bis zur Boeing 777. LAT hat auch zwei Boeing 737-800-Simulatoren am Standort. Die Poseidon P8-A ist eine militärische Version der Boeing 737-800.
Nun gehe es darum, schnell das nötige Personal für die Flugzeuge auszubilden, betont Nielsen. Zwar hätten die meisten künftigen Pilotinnen und Piloten bereits das Typerating für die 737, ganz durch sei man noch nicht, verrät der Kommandeur des Marinefliegergeschwaders. «Berlin ist ein reines Flying Business – hier führen wir die Flugausbildung durch. Neben dem Lizenzerwerb ist die Kommandantenschulung der zweite Trainingsschwerpunkt.
In Berlin findet nur die fliegerische Ausbildung statt
Mathias Spohr, Chef von Lufthansa Aviation Training, betont, dass es sich bei den LAT-Simulatoren um zivile Systeme handelt: «Wir haben keine militärischen Komponenten verbaut. Es geht rein um die Grundausbildung – also darum, wie man eine Boeing 737 fliegt». Auch die Bereitstellung von Trainingsslots für die Bundeswehr sei laut Spohr problemlos verlaufen: «Die Simulatoren laufen 20 Stunden am Tag. Im Zweifel würden wir zwar Kunden priorisieren, aber in diesem Fall war das nicht nötig.»
Die spezifische Ausbildung an den Waffensystemen der P-8A Poseidon, dem laut Nielsen «eigentlichen Spannenden», findet an anderen internationalen Standorten statt. «Deshalb nutzen wir internationale Ausbildungsmöglichkeiten, etwa bei der US Navy oder in Neuseeland».
Bundeswehr braucht dringend einen Simulator
Das aktuelle Problem sei, dass die Bundeswehr noch keinen eigenen P-8A-Simulator besitze – das solle sich aber zeitnah ändern. «Ein Simulator ist für uns unersetzlich, weil wir so eine Vielzahl variabler Missionsszenarien trainieren können», so der Kommandeur.
Broder Nielsen, Kommandeur des Marinefliegergeschwaders, im Boeing-737-800-Simulator bei LAT in Berlin. aeroTELEGRAPH
In Berlin dauert das Training für die Crews rund sechs Wochen. Pro Flugzeug rechnet das Marinegeschwader mit zwei Crews. Eine Crew besteht aus elf Personen. Drei Piloten und acht Spezialisten für Kommunikation, Waffenfabrik, Sensorik und Technik. «Drei Piloten, weil einer immer als Reserve dient. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass das Luftfahrzeug dank Luftbetankung theoretisch unendlich in der Luft bleiben kann», sagt Nielsen.
Portugal übernimmt sechs der acht Poseidon-Vorgänger
Die Bundeswehr benötigt für die ersten fünf Flugzeuge also 110 Personen, davon 30 Pilotinnen und Piloten. Laut Nielsen erwartet die Bundeswehr die zweite Poseidon im Dezember und das dritte Flugzeug im Januar. «Im Jahresverlauf folgen zwei weitere, sodass wir 2026 fünf Flugzeuge haben werden. Die drei zusätzlichen aus der Zeitenwende werden voraussichtlich 2027 geliefert».
Bisher hat die Bundeswehr zur Seeaufklärung acht P-3C Orion genutzt. Ein Flugzeug aus den 1950er Jahren. Die Bundeswehr hatte die Flugzeuge 2006 von den Niederlanden gekauft. Holland besaß damals 13 Maschinen. Portugal kaufte damals die übrigen fünf Flugzeuge. «Portugal kauft uns jetzt sechs unserer acht ab. Die zwei übrigen gehen ins Museum», sagt Broder Nielsen.
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