Die Luftfahrtbehörde Singapurs zieht nach zwei schweren Vorfällen Konsequenzen: Erstmals stuft sie extreme Turbulenzen als nationales Sicherheitsrisiko ein – auf Augenhöhe mit Systemausfällen und Kollisionen.
Die Zivilluftfahrtbehörde Singapurs CAAS zieht Konsequenzen aus zwei schweren Vorfällen im vergangenen Jahr. In ihrem neuen nationalen Sicherheitsplan für 2025 bis 2027 listet sie laut der Zeitung South China Morning Post extreme Turbulenzen erstmals als operatives Risiko auf staatlicher Ebene – gleichrangig mit Gefahren wie Systemausfällen oder Kollisionen in der Luft. Damit rückt das Thema in den Mittelpunkt der Sicherheitsarbeit. Hintergrund sind Zwischenfälle, bei denen Dutzende Passagiere verletzt wurden und ein Fluggast ums Leben kam.
Im Mai 2024 endete ein Vorfall mit Verletzten: Ein Flug von Singapore Airlines von London nach Singapur geriet über Myanmar in schwere Turbulenzen. 28 Menschen mussten teils mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden, ein 73-jähriger Passagier starb vermutlich an einem Herzinfarkt. Im September desselben Jahres wurden auf einem weiteren Flug nach Guangzhou ein Passagier und ein Crewmitglied verletzt.
Weltweit werden jährlich rund 35 Millionen Flüge durchgeführt. Dabei kommt es zu etwa 5000 Vorfällen mit schwerer oder extremer Turbulenz. Besonders tückisch sind die sogenannten Clear-Air-Turbulenzen, die ohne Vorwarnung und selbst bei wolkenlosem Himmel auftreten können.
Laut Atmosphärenforschenden könnte sich die Zahl solcher Ereignisse in den kommenden Jahrzehnten verdoppeln oder sogar verdreifachen. Verantwortlich dafür sind steigende Temperaturen in großen Höhen sowie sich verändernde Windmuster, die Jetstreams instabiler machen.
Die Airlines reagieren bereits auf die Entwicklung. Korean Air beendet ihren Service inzwischen 40 Minuten vor der Landung und serviert keine Nudelsuppen mehr – aus Sorge vor Verbrühungen während plötzlich auftretender Turbulenzen. Auch US-Anbieter wie Southwest haben den Bordservice angepasst.
Gleichzeitig steigen die Kosten für die Branche massiv: Das schwedische Technologieunternehmen Avtech schätzt den Schaden pro Fluggesellschaft auf bis zu 1,7 Millionen Euro jährlich. Allein in den USA summieren sich die Belastungen auf rund 500 Millionen Dollar.
Doch nicht nur die Airlines, auch Flugsicherungen geraten durch häufige Kursänderungen unter Druck. Eurocontrol warnt vor Überlastungen des europäischen Luftraums, wenn Turbulenzen regelmäßige Umwege erzwingen. Diese führen nicht nur zu höheren Betriebskosten, sondern auch zu mehr CO₂-Emissionen. 2019 mussten Airlines wegen schlechten Wetters rund eine Million Kilometer zusätzlich fliegen – was 19.000 Tonnen extra ausgestoßenem CO₂ entsprach.