Airlinemanager Bryan Bedford soll neuer Chef der Luftfahrtbehörde der USA werden. Er will, dass Pilotinnen und Piloten nicht mehr 1500 Stunden Erfahrung brauchen, bis sie Passagiere fliegen dürfen. Fachleute nennen seine Idee «wahnsinnig».
Die Luftfahrtbehörde der USA muss sich nach dem Regierungswechsel in den USA neu organisieren. Nach dem Rücktritt von Chef Mike Whitaker soll Bryan Bedford die Federal Aviation Administration FAA leiten. Und die Debatte um ihn ist zur Grundsatzfrage geworden. Darf jemand die mächtigste Luftfahrtbehörde der Welt leiten, der sich in der Vergangenheit offen für die Lockerung zentraler Sicherheitsvorschriften ausgesprochen hat?
Im Zentrum steht dabei eine Regel, die für viele in der amerikanischen Luftfahrt nicht verhandelbar ist: die 1500-Stunden-Grenze. Es schreibt vor, dass Pilotinnen und Piloten mindestens 1500 Flugstunden sammeln müssen, bevor sie im Linienverkehr eingesetzt werden dürfen. Die Vorschrift wurde nach dem Absturz von Flug 9L-3407 von Colgan Air im Jahr 2009 eingeführt.
Bei dem Unglück war eine De Havilland Canada Dash 8-400 beim Landeanflug auf den Buffalo Niagara International Airport aufgrund eines Pilotenfehlers abgestürzt. Alle 49 Menschen an Bord kamen ums Leben, ebenso eine Person am Boden.
Nach der Tragödie kämpften die Hinterbliebenen für strengere Vorschriften – mit Erfolg. Umso lauter ist nun ihr Protest gegen Bedford. Der langjährige Chef der Regionalairline Republic Airways hat sich nämlich wiederholt für eine Halbierung der 1500-Stunden-Grenze auf 750 Stunden eingesetzt.
Damit nicht genug. Der von Präsident Donald Trump nominierte forderte Ausnahmen für hauseigene Ausbildungsprogramme. Die FAA lehnte dies zuletzt ab. Sie stellte klar, dass Bedfords Konzept «nicht im öffentlichen Interesse» sei.
Bei seiner Anhörung im Senat am 11. Juni 2025 weigerte sich Bedford, in seiner Funktion als FAA-Chef die Beibehaltung der Regel zuzusichern. «Die Nominierung ist ein Schlag ins Gesicht für die Familien von Flug 3407», schreibt der New Yorker Abgeordnete Timothy Kennedy daraufhin in einem offenen Brief. «Bedford stellt Profit über Sicherheit – das disqualifiziert ihn für dieses Amt.»
Die Luftfahrt in den Vereinigten Staaten hat in den vergangenen Jahren immer wieder mit Zwischenfällen, Beinahe-Kollisionen und wachsendem operativem Druck zu kämpfen gehabt. Im Januar kollidierten über dem Potomac-River ein Flugzeug von American Airlines und ein Militärhubschrauber. Alle Insassen starben: die beiden Piloten, die beiden Mitglieder der Kabinencrew und 60 Fluggäste an Bord der Bombardier CRJ sowie die dreiköpfige Crew des Hubschraubers.
In einer solchen Phase, argumentieren Kritiker, brauche es an der Spitze der FAA eine Führungskraft mit kompromisslosem Sicherheitsfokus – keine wirtschaftlich getriebene Agenda. Auch aus der Fachwelt kommt scharfer Widerstand. Chesley «Sully» Sullenberger, bekannt durch die spektakuläre Notwasserung auf dem Hudson River, schlägt Alarm. Für ihn ist Luftfahrtsicherheit nicht nur Beruf, sondern Lebensaufgabe, schreibt er in einem Instagram-Post.
Und genau diese sieht er durch die Nominierung von Bryan Bedford in Gefahr. «Nach meiner Notlandung und dem Absturz von Colgan Air wusste ich, dass ich alles tun muss, um die Fliegenden zu schützen», schreibt er in einem öffentlichen Appell. Mit Bedfords Ernennung drohe sein Lebenswerk zunichtegemacht zu werden.
Sullenberger wirft Bedford vor, die Qualifikationsanforderungen für Pilotinnen und Piloten aufweichen zu wollen. Die 1500-Stunden-Regel ist laut Sullenberger essenziell, um echte Flugerfahrung in verschiedensten Wetter- und Flugsituationen zu sammeln.
«Das erste Mal, dass ein Pilot echtes Wetter erlebt, sollte nicht mit Passagieren an Bord sein - und schon gar nicht mit ihnen als unwissende Versuchskaninchen», warnt er. Auch Bedfords Andeutungen, Regulierungen abzubauen und Airlines mehr Selbstkontrolle zu überlassen, nennt Sullenberger unverblümt «wahnsinnig».