Die USA schließen unter Präsident Donald Trump mit viel Druck neue Handelsabkommen ab - und die Partner sagen Bestellungen bei Boeing zu. Der Flugzeugbauer scheint im großen Stil von der Politik zu profitieren. Bei den Details gibt es jedoch noch Fragezeichen.
Verschärfte Aufsicht durch die Luftfahrtbehörde, gedrosselte Produktion, ein langer und großer Streik, massive Verspätungen bei der Boeing 777X, aber auch bei der 737 Max 7 und Max 10. Wirklich gut lief es für Boeing in den vergangenen anderthalb Jahren nicht.
Dass Donald Trump zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten wurde, sorgte zudem bei vielen Beobachtern für Verunsicherung. Die Befürchtung: Trump könnte die USA in Handelskriege führen, die es für Boeing schwierig machen, Flugzeuge international zu verkaufen. Aercap-Chef Aengus Kelly sagte, in einem Worst-Case-Szenario würde Boeing nur noch die Airlines in den USA beliefern und damit rund «20 bis 25 Prozent des globalen Marktes». Der Rest der weltweiten Fluglinien würde dann bei Airbus bestellen.
Doch derzeit sieht es aus, als würde es ganz anders kommen. Trump macht Druck auf andere Länder und Staatengemeinschaften, droht mit horrenden Zöllen und schließt dann Handelsabkommen ab mit Zollraten, die niedriger sind als das Angedrohte, aber immer noch hoch. Und bei den Einigungen spielen immer auch Investitionszusagen der anderen Länder in den USA eine Rolle - darunter oft auch Verpflichtungen zum Kauf von Boeing-Jets.
Nach der Einigung mit Japan teilte das Weiße House mit, das asiatische Land habe den Kauf von 100 Flugzeugen von Boeing zugesagt. In Bangladesch stellt die Regierung den USA sogar vor dem Abschluss eines Abkommens öffentlich den Kauf von 25 Flugzeugen in Aussicht - und überraschte damit die Nationalairline Biman Bangladesh, für welche die Jets vorgesehen sind.
Nach einer Einigung mit Indonesien erklärte Trump, das Land habe sich verpflichtet, 50 Flugzeuge von Boeing zu beziehen, «darunter viele 777». Auch Großbritannien sagte Boeing-Aufträge im Wert von 10 Milliarden Dollar zu. Und auf einer Nahost-Reise verkündete der US-Präsident in Katar die Bestellung von bis zu 210 Boeing-Jets durch Qatar Airways.
«Flugzeugkäufe bieten aufgrund ihres hohen Dollar-Werts eine schnelle Möglichkeit, die Handelsstatistiken zu verändern», sagt Matthew Miller, Analyst bei CFRA Research gegenüber dem Portal Axios. Boeing sei in solchen Szenarien daher zunehmend zum Standardinstrument für amerikanische Exporte geworden. Für Boeing bedeute dies «einen erheblichen Schub für den Auftragsbestand und den zukünftigen Cashflow», so Miller. Ein kurzfristiger Vorteil seien Anzahlungen und damit eine Verbesserung der Liquidität.
Ist Boeing also der große Gewinner der Handelspolitik von Präsident Trump? Einerseits sieht es ganz danach aus. Andererseits gilt: Bei keiner Ankündigung wurden Details genannt. Das lässt die Fragen offen: Handelt es sich bei den zugesagten Käufen tatsächlich immer um neue Aufträge? Oder werden etwa auch Umwandlungen von vorhandenen Optionen eingerechnet, oder Aufträge, die eh schon angekündigt, aber noch nicht finalisiert waren?
Zu guter Letzt ist zu beachten: Zwar schließen die USA gerade sehr viele Handelsabkommen ab, was etwas Besonderes ist. Aber grundsätzlich ist Donald Trump nicht der erste Präsident, der sich und seiner Politik Boeing-Orders auf die Fahnen schreibt. So verkündete etwa Präsident Barack Obama im Jahr 2011 in Indonesien ein Abkommen zwischen Boeing und der Fluglinie Lion Air. «Dies ist, wenn ich mich nicht irre, der größte Deal, den Boeing je abgeschlossen hat», so Obama damals. «Wir sprechen von über 200 Flugzeugen.»