Die Mitarbeitenden von AAS in Zürich werfen ihrer Führung Intransparenz vor. Das Unternehmen schließt den Standort. Und das war offenbar schon eine ganze Weile so geplant.
Streik in der Schweiz - sowas kommt selten vor. Am Flughafen Zürich ist es allerdings am Freitag (22. August) soweit. Die Mitarbeitenden des Bodendienstleisters AAS legen um 14 Uhr die Arbeit nieder. Unterstützt von der Gewerkschaft VPOD Luftverkehr protestieren sie gegen die geplante Schließung des Unternehmens ohne Sozialplan.
Betroffen sind Flüge von Eurowings, Chair, Lot, Pegasus, Air Serbia, GP Aviation, Air Cairo und Air Montenegro, für deren Abfertigung AAS zuständig ist. Der Konflikt zwischen Unternehmen und dem Personal schwelt schon seit einer Weile. Am 5. August wurden die Angestellten von der Geschäftsleitung informiert, dass das Unternehmen ein Kosultationsverfahren einleitet.
Nach schweizerischem Arbeitsrecht ist ein solches Verfahren vorgeschrieben, wenn eine Massenentlassung im Raum steht. Gemeinsam mit der Belegschaft soll dabei nach Möglichkeiten gesucht werden, den Umfang des Abbaus so weit wie möglich zu begrenzen. In Schieflage geraten war AAS laut eigener Aussage durch den Wegfall eines Kunden in Zürich.
Wie aeroTELEGRAPH inzwischen erfahren hat, handelt es sich dabei um Chair. Der Schweizer Ferienflieger macht gegen 25 Prozent des Geschäfts am Zürcher Standort aus. Hinzu kommt allerdings auch, dass eine Lizenz ausläuft, die AAS gemeinsam mit dem Unternehmen Goldair gehalten hatte. Ein Joint Venture ist gescheitert.
Bis Ende 2024 traten die beiden Unternehmen unter dem Namen Goldair-AAS bereits gemeinsam auf und betreuten Passagiere mit eingeschränkter Mobilität. Diese Dienstleistung wird inzwischen direkt vom Flughafen Zürich erbracht. Eine weitere Zusammenarbeit bei der Abfertigung wird nicht stattfinden.
Bis zum 19. August hatten Mitarbeitende Zeit, Vorschläge einzureichen, wie die Auswirkungen der möglichen Kündigungen vermieden werden könnten. «Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass wie diesen Weg gemeinsam und respektvoll gehen», heißt es in dem von Geschäftsführer Dieter Streuli unterzeichneten Brief.
Doch aus der Belegschaft kommen Vorwürfe, die Schließung des Standorts sei sowieso schon beschlossene Sache gewesen. So seien schon zuvor Vertreter der Konkurrenz Swissport informiert worden und auch in den Räumen von AAS aufgetaucht. Dabei ging es darum, dass man das Geschäft in Zürich übernehmen könnte.
Zudem liegt aeroTELEGRAPH ein Schreiben von AAS an Lot vom 4. August vor. Dort wurden diese über die potenzielle Schließung informiert - also einen Tag vor den Angestellten. Zudem wurde der Vertrag mit dem Kunden gekündigt.
Mitarbeitende gehen daher davon aus, dass die Schließung schon da beschlossene Sache war. AAS winkt ab. Das Schreiben an Lot war sei zwar auf Datum vom 4. August datiert, aber erst am 5. August per E-Mail versandt worden, so eine Sprecherin.
VPOD Luftverkehr klagt an, dass das Konsultationsverfahren geprägt von Intransparenz und Widersprüchlichkeiten gewesen sei. Jetzt ist die Schließung des Standorts Ende September beschlossen. Man habe «mit den Mitarbeitenden einen Sozialplan erarbeitet und diesen Dieter Streuli von der AAS unterbreitet, zusammen mit dem Vorschlag, darüber zu verhandeln», schreibt die Gewerkschaft. Doch Streuli habe Verhandlungen immer wieder abgelehnt. Es sei nicht seine gesetzliche Pflicht einen Sozialplan zu haben.
«Wir befinden uns nach wie vor mitten im Konsultationsverfahren und prüfen alle eingereichten Vorschläge sorgfältig», so AAS dazu. «Im Rahmen des Konsultationsverfahrens sind sehr viele Vorschläge eingegangen, die wir aktuell gewissenhaft prüfen. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, werden wir entscheiden, wie es weitergeht und die Mitarbeitenden informieren.»
Was die Gewerkschaft ebenfalls anprangert: Es «wurde an der Mitarbeiterversammlung nach der finanziellen Situation der AAS gefragt. Die Antwort von Streuli war beschönigend: Es gäbe keine finanziellen Probleme.» Doch tatsächlich sieht es anders aus. Der Betreibungsregisterauszug von AAS - das Schweizer Pendant des Schufa-Auszuges - liegt aeroTELEGRAPH vor.
Das ein offizielles Dokument, welches über die Zahlungsmoral von Unternehmen informiert. In der Schweiz bezeichnet eine Betreibung das offizielle Verfahren, mit dem ein Gläubiger eine offene Geldforderung durchsetzt. Dazu stellt er beim Betreibungsamt ein Gesuch ein. Der Schuldner erhält daraufhin einen Zahlungsbefehl. Zahlt er nicht oder erhebt keinen Rechtsvorschlag, können seine Vermögenswerte gepfändet werden – oder es kommt zum Konkursverfahren.
Im Auszug von AAS stehen insgesamt 39 Einträge, 23 davon aus dem Jahr 2025. Gläubiger sind Steuerämter, der Zoll, Versicherungen, aber auch der Einzelhändler Migros oder ein Hotel.
Der Standort Zürich trägt nach Angaben des Geschäftsführers lediglich knapp fünf Prozent zum Gesamtvolumen der AXS-Gruppe bei. «Dies hat keinerlei Auswirkungen auf die Stabilität der gesamten Gruppe und beeinträchtigt auch andere Stationen in unserem Netzwerk nicht», betonte er Anfang August gegenüber aeroTELEGRAPH.
AXS bietet Dienstleistungen im Ground Handling wie Fluggast- und Gepäckabfertigung sowie Vorfelddienste an und beschäftigt weltweit mehr als 3000 Mitarbeitende. In Deutschland ist die Tochter AHS an elf Flughäfen aktiv, darunter Frankfurt, München, Düsseldorf, Köln, Hamburg und Stuttgart. Laut Webseite gehören viele große Airlines zu den Kunden, darunter Lufthansa, Swiss, Austrian Airlines, Turkish Airlines, Emirates, Air France und KLM.