Letzte Aktualisierung: um 16:50 Uhr

Neue Nische

Warum sich kleine Flieger auf der Langstrecke rechnen

Immer mehr Fluggesellschaften bieten Langstreckenflüge mit kleinen Flugzeugen an. Warum sich das neuerdings lohnen kann.

Es ist der Megatrend in der Branche. Immer mehr Fluggesellschaften gehen mit kleineren Flugzeugen auf die Langstrecke, also mit Fliegern, die einst für Kurz- und Mittelstrecken entwickelt worden waren. Airbus A321 statt A330 lautet das Motto oder Boeing 737 statt 777.

Die nordeuropäische Primera Air hat beispielsweise angekündigt, kommenden Sommer von Berlin und Frankfurt aus mit Boeing 737 Max nach Nordamerika zu fliegen, dasselbe tut sie bereits in Paris und London Stansted, Brüssel und Madrid werden ebenfalls folgen. Norwegian Air steuert von Großbritannien und Irland aus bereits Ziele in den USA und Kanada an, Jetblue überlegt sich dasselbe. Es entstehen gar neue Fluggesellschaften, die ganz auf dieses Geschäftsmodell setzen. In der Schweiz wurde beispielsweise diese Woche Swiss Skies angekündigt, die mit A321 LR von Basel zuerst in die USA fliegen will. Sie plant mit einer Flotte von 38 Flugzeugen, 45 Zielen und 1900 Mitarbeitern.

Neue Realitäten

Warum passiert das gerade jetzt? Zum einen ganz einfach, weil es technisch möglich geworden ist. Die Reichweite kleinerer Flieger – in der Branche spricht man von Schmalrumpfflugzeugen oder Narrowbodies mit nur einem Gang in der Mitte – stieg dank konstanter Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren deutlich. Der klassische Airbus A321 kommt 5950 Kilometer weit. Der A321 Neo schafft mit Zusatztank bereits 7400 Kilometer.

Doch auch die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung hat sich verschoben. Einst galt in der Branche die einfache Regel, dass größere Flugzeuge wirtschaftlicher sind, wenn es um weite Distanzen geht. Dies darum, weil sie gleichzeitig mehr Passagiere transportieren können. Dadurch sinken die Kosten pro angebotenen Sitzkilometer, die Cost per Available Seat-Kilometer oder abgekürzt CASK.

33 Prozent höhere Kosten

Dies ist inzwischen nicht mehr unbedingt so. Denn kleinere Flieger haben einige Vorteile. So kosten sie bereits in der Anschaffung massiv weniger. Eine Boeing 737 Max 9 kostet nach Preisliste 124,1 Millionen Dollar, eine 777-300 ER dagegen 361,5 Millionen. Auch ihre Leasingraten sind tiefer. Zudem brauchen Schmalrumpfflugzeuge weniger Personal.

Das ist nicht alles. Auch ihre Überflugs-, Stand- und Parkgebühren sind tiefer. Und nicht zuletzt verbrauchen sie weniger Treibstoff. Gerechnet auf die angebotenen Sitzkilometer errechneten die Experten des Beratungsunternehmens PWC, dass Großraumflugzeuge 33 Prozent höhere Kosten aufweisen.

Auch klassische Airlines haben Vorteile

Kleinere Flugzeuge alleine sind aber kein Erfolgsgarant. Man muss sie auch füllen können. Hier haben die klassischen Netzwerkanbieter Vorteile. Sie haben nicht nur gut eingespielte Vertriebspartnerschaften und eine bekannte Marke. Sie haben auch ein weit verzweigtes Zubringernetz, das Passagiere auf ihre Langstrecken lenkt.

Das neue Geschäftsmodell kann deshalb interessant sein. Aber auch hier kommt es nur gut, wenn die Umsetzung stimmt und die Konkurrenz nicht schnell genug reagiert.