Letzte Aktualisierung: um 20:33 Uhr

Image des Krisenfliegers

Soll Boeing die 737 Max umbenennen?

Die Marke 737 Max ist beschädigt, die Passagiere sind skeptisch. Boeing muss das Vertrauen ins Modell wieder aufbauen. Mancher Experte rät sogar zu einem neuen Namen.

Boeing arbeitet daran, die 737 Max wieder in die Luft zu bekommen. Das Update der Flugsteuerung hat der Flugzeugbauer bereits fertiggestellt. Nun visiert er die Zertifizierung durch die Luftfahrtbehörden an. Doch wie werden die Passagiere reagieren, wenn die Max wieder abhebt? Wie stark ist das Image des Modells nach den Abstürzen in Indonesien und Äthiopien beschädigt?

Als aeroTELEGRAPH kürzlich nach dem Vertrauen in die Max fragte, fiel die Antwort klar aus. Mehr als 6400 Leserinnen und Leser beantworteten die Frage: Wenn die Behörden weltweit die Boeing 737 Max wieder starten lassen, würden Sie sofort wieder einsteigen? Nur 13 Prozent stimmten für «Ja, ich habe Vertrauen in Easa und Co». 87 Prozent machten ihren Haken bei «Nein, ich hätte da ein mulmiges Gefühl».

Trump rät zur Umbenennung

Das ist nur eine nicht repräsentative Momentaufnahme und die Werte dürften sich ändern, wenn die Luftfahrtbehörden den Flieger wieder geprüft und zugelassen haben. Dennoch ist klar, dass Boeing und auch die Betreiber der 737 Max einiges dafür tun müssen, damit die Passagiere wieder sorgenfrei einsteigen. Besonders wichtig sei transparente Information, sagte ein Sprecher der deutschen Tuifly kürzlich, vor allen von Seiten Boeings, aber auch von den Fluglinien, etwa was den Ausbildungsstand der Piloten angehe.

Analyst Nick Cunningham von der Londoner Firma Agency Partners mahnte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg, je länger die Krise andauere, desto größer sei das Risiko, dass sie sich dauerhaft in den Erinnerungen festsetze. Und US-Präsident Donald Trump schlug Boeing per Twitter sogar vor, die 737 Max umzubenennen. «Wenn ich Boeing wäre, würde ich die Boeing 737 Max in Ordnung bringen, einige zusätzliche, großartige Features hinzufügen und das Flugzeug mit einem neuen Namen versehen», so Trump.

Experten sind sich nicht einig

Ein Sprecher von Boeing erklärte, man wisse um viele Dinge, an denen man arbeiten müsse, Transparenz sei eines davon. Doch eine Änderung des Namens 737 Max stehe nicht zur Debatte, auch eine Streichung des Zusatzes Max nicht. «Der Name 737 Max ist durch die Abstürze nun in den Köpfen der Menschen angekommen», sagt Jon Christoph Berndt, Gründer und Chef der Managementberatung Brandamazing aus München. «Daher ist es für Boeing angezeigt, ein Rebranding vorzunehmen», um das negative Image loszuwerden, so der Experten im Gespräch mit aeroTELEGRAPH.

«Eine Umbenennung kann in solch einer Situation zwar zu einem kurzzeitigen Shitstorm führen, aber die Alternative wäre, den Namen zu behalten, der immer mit diesen Unglücken verbunden sein wird», so Berndt. Er rät, den Namen zu ändern, aber ohne dies zu bewerben: «Nicht darüber reden, sondern es einfach machen. Und zwar so schnell wie möglich.» Das Wort Max zu streichen, sieht der Experte als eine Light-Version eines Rebrandings an. «Anbieten würden sich aber, auch die Nummer zu ändern», so Berndt.

Novo Max, Max Better oder Max 2.0

Anders sieht es Alexander Haldemann von der Markenagentur Metadesign. «Die Marke Boeing hat über Jahrzehnte Vertrauen aufgebaut», sagt Haldemann. Dadurch könne das Unternehmen nun auf einen riesigen Vertrauensvorschuss bauen. «Das Schlimmste wäre, nun den Namen zu ändern, zum Beispiel in Novo Max, Max Better oder Max 2.0, oder einen grundsätzlich neuen Namen zu kreieren, der den Eindruck erweckt, das Geschehene vergessen machen zu wollen.» Das seien Taschenspielertricks, die nicht funktionierten, weil die Konsumenten dafür heutzutage einfach zu viel wüssten.

«Die Passagiere könnten sogar den Eindruck bekommen, man wollte sie für dumm verkaufen», warnt der Experte. «Boeing muss also keine große Marketingkampagne fahren, sondern an der Qualität des Produktes arbeiten, ganz nüchtern, sachlich und transparent die Fakten kommunizieren, und so das Vertrauen nachhaltig stärken», sagt Haldemann.

Keine passenden Vergleiche

Dass in Sachen 737 Max Meinungen und Prognosen oft auseinandergehen, liegt wohl auch daran, dass kein Fall in der Luftfahrt gut vergleichbar ist, und somit Erfahrungen fehlen. Zwar startete die Boeing 727 in den 1960er-Jahren mit etlichen Unglücken. Auch stürzte Monate nach der Erstauslieferung 1988 ein Airbus A320 ab, wobei drei Menschen starben und viele verletzt wurden. Doch damals gelangten Nachrichten noch nicht in Sekundenschnelle auf Smartphones in aller Welt, gab es noch keine Sozialen Netzwerke, in denen auch Falschmeldungen teilweise jahrelang kursieren. Auch konnten Passagiere nicht einfach nachschauen, welches Flugzeugmodell eine Airline auf einer Strecke einsetzt.

Es gibt auch Vergleiche aus dem Internetzeitalter. So sagte ein Bloomberg-Analyst kürzlich, der Fall, in dem bei United Airlines ein Passagier brutal aus dem Flieger geschleift wurde, zeige, dass durchschnittliche Airline-Kunden so etwas schnell vergessen. Auch wird oft die Boeing 787 Dreamliner genannt, die ein Kassenschlager ist, obwohl sie 2013 wegen Batteriebränden als erstes Boeing-Modell jemals gegroundet wurde. Für beide Fälle gilt jedoch: Bei ihnen kamen, anders als bei den 737-Max-Abstürzen, keine Menschen ums Leben.