Nach vier Monaten muss die österreichische Unfallermittlungsbehörde den Fall der Notlandung eines Airbus A220 von Swiss in Graz der Schweizer Behörde überlassen. Das hat auch mit dem Fall des Hagelfluges von Austrian Airlines zu tun.
Es war für Swiss und alle Beteiligten eine Tragödie. In der Kabine des Airbus A220 entstand nach einem Triebwerksausfall unvermittelt heftiger Rauch. Die Crew leitete einen raschen Sinkflug ein und steuerte den nächstgelegenen Flughafen Graz an. Ein Flugbegleiter, der wie andere Kollegen eine Schutzhaube (ein sogenanntes Protective Breathing Equipment) übergezogen hatte, verlor im Anflug auf den österreichischen Flughafen das Bewusstsein. Er starb wenige Tage später im Krankenhaus.
Wie genau es zu dem Zwischenfall mit dem Airbus A220 mit dem Kennzeichen HB-JCD am 23. Dezember 2024 kam, das müssen die Ermittlerinnen und Ermittler noch herausfinden. Doch auch hier gibt es ein Problem. Die österreichische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUB, die vier Monate lang für den Fall zuständig war, muss laut Informationen der Schweizer Zeitung Tages-Anzeiger die Ermittlungen abgeben.
Denn Fall übernimmt die schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust. Und dabei muss sie ganz von vorne anfangen. Obwohl sie bereits vorher in die Ermittlungen involviert war, weil eine Schweizer Fluggesellschaft betroffen war, müssen die Ermittlerinnen und Ermittler der Behörde noch einmal alle bisher durch die österreichische Sicherheitsuntersuchungsstelle getroffenen Maßnahmen überprüfen.
Grund für die Übergabe ist ein Ermittlungsverfahren gegen die SUB, wie das österreichische Mobilitätsministerium gegenüber dem Tages-Anzeiger bestätigt. Unter anderem wird auch wegen eines Zwischenfalls bei der Swiss-Schwester Austrian Airlines ermittelt, der sich am 9. Juni 2024 ereignet hatte. Ein Airbus A320 wurde damals durch einen Hagelsturm schwer beschädigt. Wie es dazu kommen konnte und ob auch die Crew Verantwortung trägt, versucht die Sicherheitsuntersuchungsstelle herauszufinden.
Doch dabei wird ihr einiges vorgeworfen. Das Landeskriminalamt Niederösterreich stellte im März den Flugdatenschreiber und Stimmenrekorder der OE-LBM «bei den Ermittlern des Verkehrsministeriums» sicher. Ein Fluggastanwalt hatte wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch Anzeige gegen die SUB-Ermittelnden erstattet. Offenbar ging es unter anderem darum, zu klären, ob Daten gelöscht oder manipuliert worden sind.
Und auch im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur Swiss-Notlandung gibt es Vorwürfe. Der zuständige Beamte soll tagelang nicht erreichbar gewesen sein, internationale Stellen wurden erst mit Verzögerung informiert. Besonders heikel: Zentrale Beweisstücke – darunter die Schutzausrüstung – wurden offenbar unmittelbar nach dem Vorfall an Außenstehende übergeben, bevor sie kriminaltechnisch untersucht wurden. Erst auf Drängen der Staatsanwaltschaft sollen sie eine Woche später analysiert worden sein.
Das reichte offenbar dem Ministerium aus, um jetzt der Sicherheitsuntersuchungsstelle die Ermittlungen zu entziehen. Von Swiss selbst gibt es zur Übergabe an die Schweizer Behörde gegenüber dem Tages-Anzeiger keine Bewertung. Für die Fluglinie stehe im Vordergrund, dass die Untersuchung zügig vorankomme, so ein Sprecher. Man wolle vollständige Aufklärung – im Gedenken an den verstorbenen Flugbegleiter und im Interesse der Flugsicherheit.