Nach dem Absturz von Flug AI171 stehen die Treibstoffschalter der Boeing 787 im Mittelpunkt der Ermittlungen. In den Medien wird viel über die Piloten spekuliert. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit mahnt zur Zurückhaltung.
Ein vorläufiger Untersuchungsbericht zu Absturz von Air-India-Flug AI171 ist bereits erschienen. Dennoch gibt es viele offene Fragen. Wie konnte es passieren, dass die Schalter, die die Treibstoffzufuhr zu den Triebwerken regeln, nur kurz nach dem Abheben auf «CUTOFF» wechselten?
Eine Antwort darauf gibt es nicht, der Unfall wird weiter untersucht. In vielen Medien werden dennoch konkrete Mutmaßungen über die Ursache geäußert. Vor allem die These eines erweiterten Suizids wird immer öfter erwähnt. Für die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit ist das eine gefährliche Entwicklung.
Die Vereinigung Cockpit warnt eindringlich vor vorschnellen Bewertungen. «Der bisher vorgelegte Bericht lässt keinen eindeutigen Schluss auf eine absichtliche Handlung zu», heißt es in einer Stellungnahme Im Gegenteil: Es gebe noch viele technische und systemische Unklarheiten.
Die VC verweist dabei auf die Tatsache, dass die US-Luftfahrtbehörde FAA bereits im Dezember 2018 ein sogenanntes Special Airworthiness Information Bulletin (SAIB) zu den Schaltern veröffentlicht hatte – eine sicherheitsrelevante Mitteilung, die jedoch keine verbindlichen Maßnahmen vorschreibt.
Darin wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Sicherung der Treibstoffschalter bei bestimmten Boeing-Modellen, darunter auch der 737, möglicherweise nicht korrekt funktioniere. Auch der in der verunglückten Boeing 787 verbaute Schalter mit der Teilenummer 4TL837-3D zählt zu dieser Baureihe.
Nach Angaben von Air India wurde die in dem Bulletin empfohlene Überprüfung am betroffenen Flugzeug mit dem Kennzeichen VT-ANB nicht vorgenommen, da es sich lediglich um eine nicht verpflichtende Empfehlung handelte. Darauf weist auch die VC hin. «Dies kann unbeabsichtigte Betätigungen begünstigen.»
Für die Gewerkschaft ist daher klar: Erst eine umfassende, unabhängige Untersuchung kann der komplexen Realität eines Flugunfalls gerecht werden. «Vorverurteilungen helfen der Sicherheit nicht – im Gegenteil», sagt VC-Vorständin Vivianne Rehaag. Der Absturz müsse sachlich aufgearbeitet werden, mit Blick auf alle denkbaren Faktoren: Technik, Mensch, Organisation.