Letzte Aktualisierung: um 21:24 Uhr

Neue Studie

60 Prozent aller Flüge könnten auf Wasserstoff umgestellt werden

Bei Flügen mit einer Distanz von bis zu 3400 Kilometer wird Wasserstoff eine zentrale Rolle einnehmen, prognostiziert eine neue Studie. Damit sich die Technik durchsetzen kann, brauche es aber Hilfe von der Politik.

Wie kann man das Fliegen umweltfreundlicher machen? Mit der Frage schlagen sich bereits seit einer ganzen Weile Forscherinnen und Forscher, aber auch Airlines und Flugzeugbauer herum. Die perfekte Lösung wurde bislang noch nicht gefunden. Denn alle Technologien, die bisher verfügbar sind, wie etwa synthetische Treibstoffe, Elektrofliegerei oder Wasserstoffantrieb, haben irgendeinen Haken.

Wasserstoff könnte aber laut einer neuen Studie des International Council on Clean Transportation ICCT künftig durchaus eine signifikantere Rolle bei der Verringerung der CO2-Emissionen in der Luftfahrt spielen. Allerdings sei dazu nötig, dass die Politik die neue Technik unterstützt.

Auf der Kurz- und Mittelstrecke keine Emissionen

Die Studie anerkennt, dass die Technologie ihre Grenzen hat. «Aufgrund der Masse und des Volumens des Wasserstoff-Tanks haben diese Flugzeuge eine geringere Reichweite als solche mit fossilen Brennstoffen», heißt es beim ICCT. «Dennoch zeigen Modellrechnungen, dass entwickelte Schmalrumpfflugzeuge mit dem Antrieb 165 Passagiere über eine Entfernung von bis zu 3400 Kilometer befördern.» Mit Wasserstoff betriebene Turboprop-Flugzeuge könnten 70 Passagiere über eine Entfernung von bis zu 1400 Kilometer transportieren.

«Aus Konstruktionssicht erscheinen wasserstoffbetriebene Flugzeuge durchaus realistisch», erklärt Jayant Mukhopadhaya vom ICCT, der Leiter der Studie. Und die Auswirkungen wären spürbar. «Auf Kurz- und Mittelstreckenflügen, bei denen wasserstoffbetriebene Flugzeuge wirtschaftlich einsetzt werden können, werden diese Flugzeuge praktisch keinerlei Kohlenstoffemissionen mehr verursachen.»

Ohne politische Unterstützung nicht realisierbar

Die Studie wendete die realisierbaren Flüge mit Wasserstoff auf das weltweite Streckennetz 2019 an. Das Ergebnis: Rund ein Drittel, also 31 bis 38 Prozent aller Flugkilometer könnten bis zum Jahr 2050 dank Wasserstoff kohlenstofffrei durchgeführt werden. Da Langstreckenflüge naturgemäß mehr Kilometer zurücklegen, sieht es bei der Anzahl der Flüge nochmals anders aus. Weltweit könnten 57 bis 63 Prozent aller Passagierflüge auf Wasserstoff umgestellt werden, hat die Organisation für aeroTELEGRAPH zusätzlich berechnet.
Welche Routen sind mit Wasserstoff durchführbar, welche nicht? Grafik: ICCT

Allerdings, das betonen die Autoren auch: Das Ganze wird ohne politische Unterstützung nicht realisierbar sein. «Es wird erhebliche staatliche Unterstützung nötig sein, um wasserstoffbetriebene Flugzeuge zum Einsatz zu bringen», sagt Dan Rutherford, ICCT-Direktor für Luftfahrt. «Aber sie verdienen gleiche Wettbewerbsbedingungen wie nachhaltige Flugtreibstoffe, die nach wie vor knapp und teuer sind.» Die nachhaltigen Treibstoffe werden aktuell noch nicht politisch subventioniert.

Mehrere Projekte am Laufen

Doch laut dem EU-Plan Fit for 55 ist eine Förderung der Sustainable Aviation Fuels vorgesehen. Der Zweck der Studie sei, zu zeigen, dass dieselbe Aufmerksamkeit, die derzeit alternativen Reibstoffen gewidmet werde, auch für Wasserstoff gelten solle. «Wasserstoff sollte ebenfalls als alternativer Treibstoff gelten, so wie Biokerosin», so Jayant Mukhopadhaya vom ICCT.

Dass es bald Flugzeuge mit Wasserstoffantrieb geben wird, ist unbestritten. Für Airbus-Chef Guillaume Faury etwa ist so gut wie sicher, dass sein Konzern bis 2035 ein wasserstoffgetriebenes Flugzeug auf den Markt bringen wird. Auch in Deutschland wird mit der D328 Eco von Deutsche Aircraft an einem Flugzeug getüftelt, dass später mit Wasserstoffantrieb betrieben werden kann.

Das ICCT ist eine unabhängige Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, «unvoreingenommene Analysen zum Thema Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz des Straßen-, See- und Luftverkehrs durchzuführen».

Die Studie können Sie hier herunterladen.