Wie entscheidet eine Ferienfluggesellschaft, wohin sie ihre Flugzeuge schickt? Oliver Lenz, bei Edelweiss für die Netzwerkplanung zuständig, gibt spannende Einblicke – und verrät, warum Excel-Tabellen nicht alles sind.
«Wir leben grundsätzlich von den Volumenmärkten. Der Großteil der Kapazität geht an Warmwasserziele», sagt Oliver Lenz. Doch ganz zufrieden ist er damit nicht: «Wir versuchen auch jeweils bei den kleineren Destinationen die Nischen zu pushen und neue anzuschliessen», so der Netzwerkplaner von Edelweiss. Ein Beispiel sind die Kapverden. Bisher fliegt der Ferienflieger die Badeinseln Sal und Boa Vista an, im November kommen Praia auf Santiago und São Vicente hinzu. «Auf den Kapverden lässt sich perfekt kombinieren: Wandern, Kultur – und am Ende Badeferien. Dieses Konzept hat sich in mehreren Ländern bewährt.»
Bei neuen Zielen entscheidet nicht nur die Nachfrage. «Natürlich schauen wir in Excel, wie viele Passagiere schon dorthin reisen. Aber oft gibt es kaum Daten, weil es bisher kaum Flüge gibt», erklärt Lenz. In solchen Fällen setzt Edelweiss auf Gespräche mit Reiseveranstaltern. Das Ziel: Nachfrage überhaupt erst zu schaffen. «Gerade bei Nischen müssen wir den Markt entwickeln.»
Auch Windhoek wird ab kommendem Jahr Teil des Netzes. «Wir beobachten Namibia seit über zehn Jahren», sagt Lenz. «Unsere Schwester Discover hat die Strecke zuletzt ab Deutschland bedient – und wir sahen, dass viele Schweizer mitflogen». Der Airbus A350, der seit diesem Jahr zur Flotte gehört, macht es möglich. «Die Maschine fliegt schneller, verbraucht weniger Treibstoff und erlaubt längere Strecken. Das gibt uns Spielraum.»
Absprachen innerhalb der Lufthansa Group seien dabei selbstverständlich. Konkurrenzdenken mit Swiss oder Discover gebe es nicht, so Lenz: «Wir gestalten die Flugpläne komplementär. So bieten wir den Passagieren mehr Flexibilität.» Auch auf der Kurzstrecke will Edelweiss wachsen. Zusätzliche A320 Neo ersetzen ältere Jets und erweitern die Möglichkeiten. «Mit der zusätzlichen Reichweite können wir Destinationen wie die Kapverden künftig ohne Einschränkungen bedienen – und ähnliche Ziele realistischer prüfen.»
Doch wie misst man, ob eine neue Strecke ein Erfolg ist? «Eine konkrete Auslastung zu nennen, ist schwierig», räumt Lenz ein. «Grob gesagt wären es 80 Prozent. Bei den Kapverden mit dem A320 liegen wir wegen Payload-Restriktionen eher bei 65 Prozent». Entscheidend sei nicht nur, wie voll ein Flugzeug ist, sondern auch zu welchem Preis.
Die Planung basiert längst nicht nur auf Zahlen. Früher markierte Lenz Ziele auf einer Landkarte im Büro, heute führt er eine Longlist mit rund 100 Optionen. «Manchmal tauchen auf Konferenzen Flughäfen auf, die wir gar nicht auf dem Radar hatten. Nach zwei, drei Jahren Gesprächen merkt man dann, dass es wirklich Potenzial gibt.»
Und das Lieblingsziel des Streckenplaners? «Eigentlich immer das letzte, das wir neu aufgenommen haben», lacht Lenz. «Seattle war dieses Jahr ein Highlight. Aber gerade auf der Kurzstrecke finde ich es spannend, aus kleinsten Nischen etwas Neues zu entwickeln.» Edelweiss fliegt im kommenden Jahr erstmals 103 Destinationen an – so viele wie nie zuvor. Das Fazit von Oliver Lenz: «Wachstum ist angesagt. Aber immer mit der richtigen Mischung aus Volumen und Nische.»
Was bei einer neuen Destination vor Ort alles geklärt werden muss, bevor Edelweiss dort das erste Mal landet, das erfahren Sie jetzt in unserem Podcast Luftraum.
Abonnieren Sie den Podcast Luftraum von aeroTELEGRAPH mit Christopher Scheffelmeier auch gleich, damit sie keine Folge mehr verpassen:
auf Spotify
auf Apple Podcasts
auf Google Podcasts