Boeing 737 Max: Testflüge zur Wiederzulassung haben begonnen.
Wiederzulassung

Was Boeing bei der 737 Max alles anpasste

Boeing und die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA haben Testflüge zur Wiederzulassung der Boeing 737 Max gestartet. Was hat der Hersteller am umstrittenen Flieger geändert?

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Aufbruch und Rückschritt liegen bei der Boeing 737 Max derzeit nahe beieinander. Die Corona-Krise führte in diesem Jahr zu massenweise Abbestellungen des Problemfliegers, der nach zwei Abstürzen noch immer weltweit gegroundet ist. Anfang Mai lagen die Orderzahlen für 2020 bereits bei netto minus 295 Bestellungen. Diesen Monat stornierten zudem Norwegian 92 sowie BOC Aviation 30 nicht ausgelieferte Boeing 737 Max.

Ein Lichtblick ist neben der Wiederaufnahme der Produktion im Mai der Start der Testflüge zur Wiederzulassung. Am Montag (29. Juni) überprüften Experten auf einem Flug von etwas mehr als einer Stunde die Anpassungen, welche die Boeing 737 Max sicher machen sollen. Die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA hat für die nächsten Tage weitere Testflüge angekündigt. Doch wie genau sehen die Veränderungen aus, mit denen Boeing die Probleme des Krisenfliegers in den Griff bekommen will?

MCAS-System sorgte für Probleme

Nach den Abstürzen der 737 Max von Lion Air und Ethiopian Airlines wurde schnell klar, dass eine Flugsteuerungssoftware eine wesentliche Rolle bei beiden Unglücken spielte. Aufgrund der größeren Triebwerke der neusten 737-Variante kann es bei hohen Anstellwinkeln zu Gleichgewichtsproblemen im Flug kommen. Der Anstellwinkel beschreibt, wie schräg die Flügel von der Luft umströmt werden.

Boeing löste dieses Problem mit der MCAS-Software. Die Abkürzung steht für Maneuvering Characteristics Augmentation System. Sollte die Nase des Flugzeuges nach oben kippen, würde es sie ohne Input der Piloten alleine wieder nach unten drücken. Weil bei den beiden Unglücksflügen falsche Daten eines Anstellwinkelsensors dem System ein Hochkippen der Nase vortäuschte, stürzte das MCAS-System die ansonsten voll funktionsfähigen Flugzeuge nach unten.

Mehr Sensoren und Anzeigen

Genau bei diesem System nimmt Boeing die meisten Veränderungen vor. Fortan müssen beide Anstellwinkel-Sensoren ähnliche Daten liefern, damit das MCAS aktiviert wird. Liefert nur einer der Sensoren Daten, wird das System nicht ausgelöst.

Im Falle fehlerhafte Sensordaten sollen Piloten diese künftig auf einer Anzeige im Cockpit miteinander abgleichen können. Ebenso zeigt eine weitere Anzeige fortan in jeder Boeing 737 Max den aktuellen Anstellwinkel an. Zuvor gab es dieses Feature nur gegen einen Aufpreis - Boeing kam auch dafür nach den Abstürzen in heftige Kritik.

«Für sicheren Betrieb nicht erforderlich»

«Weder der Anstellwinkelanzeiger noch der Nicht-Übereinstimmungsalarm sind für den sicheren Betrieb des Flugzeugs erforderlich», schrieb Boeing in einer Mitteilung. Beide Anzeigen lieferten lediglich ergänzende Information, so der Flugzeughersteller. Doch besonders in Notfallsituation verstärken solche Anzeigen das Situationsbewusstsein - für Piloten eine der wichtigsten Eigenschaften.

Anpassungen im Cockpit der 737 Max: Anzeige für Anstellwinkel (oben) und Einklang der zugehörigen Sensoren (Grafik: Boeing)

Auch bei einem Auslösen des MCAS wird sich das Flugsteuerungssystem künftig anders verhalten. Bei beiden Abstürzen der 737 Max konnten die Piloten den vom MCAS eingeleiteten Sturzflug nicht mehr unter Kontrolle bringen. Beim Lion-Air-Unglück drückte das System die Nase des Fliegers 26 Mal nach unten. Beim Absturz des Ethiopian-Airlines-Jets aktivierte sich das MCAS drei Mal. Dann taten die Ethiopian-Piloten, was Boeing nach dem Absturz in Indonesien für solche Situationen angewiesen hatte: Sie schalteten das MCAS aus.

Piloten behalten immer oberste Kontrolle

Weil aerodynamische Kräfte am Höhenruder zu groß waren, konnten die Piloten die Trimmung des Höhenleitwerks aber nicht wieder korrekt auszurichten. Daher schalteten sie die elektronischen Systeme wieder ein - und reaktivierten damit auch das MCAS. Fortan wird das System nur noch einen einzigen Steuerinput geben, anstatt mehrere. Somit sollen solche nicht mehr umkehrbaren Flugzustände verhindert werden.

Ebenso können Piloten zu jeder Zeit mit eigenen Inputs am Steuerhorn das MCAS übersteuern. Anpassungen macht Boeing auch bei der Schulung von Piloten. Nach dem ersten Absturz war schnell klar geworden, dass viele 737-Max-Piloten das MCAS-System gar nicht kannten - so etwa die Besatzung von Lion-Air-Flug JT610.

Bessere Schulung soll auch Vertrauen erzeugen

«Der Schulungsvorschlag [...] umfasst eine neue Reihe von computergestützten Schulungsmodulen, neue und aktualisierte Dokumentationen sowie Simulatorschulungen», sagt Boeing. Die nachgebesserten Lehrmaterialen sollen Piloten künftig ein umfangreiches Verständnis des Flugsteuerungssystems der 737 Max vermitteln. Auch das Vertrauen von Piloten in das Flugzeug soll damit wiederhergestellt werden, so der Flugzeughersteller.

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