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L-15

Boeings verschmähter Zwerg

In den 1940er-Jahren baute Boeing nur wenige Exemplare eines ungewöhnlichen kleinen Flugzeugs namens L-15. 70 Jahre später hebt eines wieder ab.

Boeing hat in seiner Firmengeschichte einige ungewöhnliche Flugzeuge gebaut. Das große Flugboot Boeing 314 etwa, in dem der britischer Premierminister Winston Churchill im Zweiten Weltkrieg fast ins Flakfeuer der Nazis flog. Doch nicht alle Exoten, waren riesengroß. Für die Boeing L-15 galt genau das Gegenteil – sie war ein Zwerg.

Denn der Flieger war keine acht Meter lang und hatte eine Spannweite von etwas mehr als zwölf Metern. Er bot nur einem Piloten Platz sowie einem Beobachter. Der saß Rücken an Rücken mit dem Piloten und schaute durch große Fenster nach hinten. Boeing baute von 1946 bis 1949 zwei Prototypen namens XL-15 sowie zehn Flieger namens YL-15, welche die U.S. Army überzeugen sollten.

Räder, Skier oder Schwimmer

Das Flugzeug sollte das umsetzen, was man im Krieg gelernt hatte. «Die Rolle von kleinen Beobachtungsflugzeugen war im Zweiten Weltkrieg von entscheidender Bedeutung für den Sieg», schrieb das Magazin Popular Science im Oktober 1947. Sie erst hätten es möglich gemacht, Stellungen und Feuerkraft des Gegners mit tödlicher Präzision auszuspähen. «Dieses neue Flugzeug wird den Bodentruppen noch zuverlässigere ‘Augen’ geben», so das Magazin über die Boeing L-15.

Auf der Startbahn könnte die L-15 schon nach 76 Metern abheben und bei 183 Metern bereits 15 Meter hohe Hindernisse überfliegen. Boeing konstruierte den Flieger zudem so, dass er schnell auseinandergebaut und in einem Lastwagen transportiert werden konnte. Zudem waren die Räder ersetzbar durch Skier oder Schwimmer für Landungen auf Schnee oder Wasser. Angetrieben von einem 125-PS-Triebwerk von Lycoming brachte es die Boeing L-15 auf eine Höchstgeschwindigkeit von rund 180 Kilometern pro Stunde.

Das Militär sagt Nein

Am Ende entschieden sich die Militärs jedoch nicht für den ungewöhnlichen Zwerg von Boeing. Sie gaben der konventionelleren Cessna L-19 Bird Dog den Vorzug. So ging die L-15 niemals in Serienproduktion.

Die bestehenden Exemplare übernahm die Naturschutzbehörde U.S. Fish and Wildlife Service. Sie setzte die Flugzeuge Anfang der 1950er Jahre zur Überwachung von Herden ein und hielt damit nach Wilderern Ausschau. Aber auch dort wurden sie in den kommenden Jahren aussortiert.

13 Jahre Restauration

Ein Mechaniker der Behörde, Norm Brunquist, kaufte einen der Flieger bei einer Auktion 1954. Es war die letzte der zwölf Boeing L-15 und 1949 fertiggestellt worden war. Er flog damit einige Jahre, doch als der Flieger immer mehr Probleme machte, stellte er ihn 1966 zuhause bei sich in Alaska ab. Als Brunquist 1994 starb, ging der Flieger an seinen Sohn Keith, der darin schon als Kind mitgeflogen war.

2003 begann Keith Brunquist damit, das Flugzeug zu restaurieren. Nach 13 Jahren war er fertig und die YL-15 hob erstmals wieder ab. Im Jahr 2017 stellte er den Flieger bei der jährlichen Flugschau der Experimental Aircraft Association EAA in Oshkosh im Bundesstaat Wisconsin vor und war der absolute Hingucker.

Noch andere Überreste

Die restaurierte Maschine hebt laut Brunquist mit nur einem Piloten an Bord bei einer Geschwindigkeit von gerade einmal 32 Kilometern pro Stunde ab und steigt bei knapp 60 Kilometern pro Stunde. Dem Magazin Air & Space sagte er, seine YL-15 sei die einzige, die fliege. Aber ein Bekannter von ihm habe noch die Überreste von einer XL-15 und drei YL-15.

Im oben stehenden Video sehen Sie Brunquists restaurierte Boeing YL-15.