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Dieter Vranckx, Swiss

«Könnten unsere Boeing 777 durch Airbus A350-1000 ersetzen»

Swiss-Chef Dieter Vranckx spricht im Interview über die Flottenentwicklung, die Bedeutung des Airbus A350 für die Airline, die Verkleinerung der First Class, Bezahlessen und neue Langstreckenziele.

Als Dieter Vranckx am 1. Januar 2021 auf dem Chefsessel von Swiss Platz nahm, steckte die Fluggesellschaft – wie die ganze Branche – in einer existenziellen Krise. Vom Schock der Pandemie hat sie sich aber längst erholt. Der heute 51-jährige Manager konnte für vergangenes Jahr sogar ein Rekordergebnis präsentieren.

Vranckx blickt auch zuversichtlich in die Zukunft. Swiss investiert in den kommenden Jahren Milliarden in neue Flugzeuge und eine neue Kabine. Und die Lufthansa-Tochter hat auch erstmals seit Langem wieder neue Langstreckenziele aufgenommen. Eines davon ist Washington DC. Die Schweizer Airline fliegt neu täglich in die Hauptstadt der USA.

Auf einem Flug von Zürich nach Washington hat sich aeroTELEGRAPH vergangene Woche mit Vranckx über die Chancen und Herausforderungen von Swiss in den kommenden Jahren unterhalten.

Swiss hat erstmals seit zehn Jahren neue Langstreckenziele in den Flugplan aufgenommen. Warum hat das so lange gedauert?
Dieter Vranckx*: Eigentlich hätte es nicht zehn Jahre gedauert. Wir planten ja, schon 2020 neue Langstreckenziele aufzunehmen. Dann kam Corona dazwischen. Dennoch: Es war sicher eine längere Pause. Zuvor hatten wir das Netz über Jahre stark ausgebaut. Nach einer solchen Phase braucht es irgendwann mal ein paar Jahre, um alles zu konsolidieren.

Warum wählten Sie Washington, Toronto und Seoul?
Es ist bei Zielen immer ein Zusammenspiel zwischen Opportunität und Nachfrage im Markt. Wir fragen uns jeweils, passt das Ziel in unser Netz? Und die zweite Frage ist, wie passt es in die Struktur von Lufthansa Group? Es macht zum Beispiel keinen Sinn, dass wir von allen unseren Drehkreuzen gleichzeitig zu den gleichen Destinationen fliegen. Washington machte Sinn aus der Perspektive unseres Transatlantik-Joint-Ventures. Auf der einen Seite in Zürich haben wir Swiss und auf der anderen Seite haben wir United Airlines. Das Gleiche gilt bei Toronto mit Air Canada. Südkorea ist mit Seoul ein sehr interessantes neues Land, um unser Angebot in Asien auszubauen. Wir sind ja zum Beispiel noch nicht zurück in Peking.

Wann kommt Peking zurück?
Das ist schwierig zu sagen. Bis jetzt sehen wir noch zu wenig Nachfrage.

Und wie lange braucht es jetzt, bis die nächsten Langstrecken bekannt werden – dauert es wieder zehn Jahre?
Es braucht jetzt wieder eine gewisse Zeit. Unsere oberste Priorität ist vorerst, auf verschiedenen Strecken die Frequenzen wieder aufzubauen. Nehmen wir das Beispiel Seoul, da fangen wir ja mit drei wöchentlichen Flügen an und dies auch nur saisonal. Aber grundsätzlich möchten wir dort öfter hin und das ganze Jahr über fliegen.

Es gibt zwei Gebiete, die besonders viel Potenzial haben.

Und wo hat Swiss noch weiße Flecken auf der Weltkarte?
Für uns als Swiss ist es wichtig, die Schweiz mit der Welt zu verbinden. Wir wollen in den wichtigsten Metropolen und an den wichtigsten Wirtschaftsstandorten Präsenz zeigen. Ich glaube, es gibt zwei Gebiete, die besonders viel Potenzial haben. Das eine ist Indien. Da gibt es ein riesiges Wachstum, das Land boomt wirtschaftlich. Das andere ist Südamerika.

2023 war ein sehr gutes Jahr für Swiss. Sie erzielten ein Rekordergebnis. Bei den Passagieren liegen Sie aber immer noch unter 2019. Woran liegt das?
Es ist eigentlich ganz einfach zu erklären. Wir liegen kapazitätsmäßig noch immer mehr als 10 Prozent unter 2019. Im Jahr 2023 erreichten wir ungefähr 87 Prozent. Wir haben die Kapazität ganz bewusst so aufgebaut, weil für uns die Stabilität des Betriebs das höchste Gut ist. Zu viel Wachstum auf einmal birgt immer die Gefahr, dass die Stabilität leidet. Darum gingen wir sehr konservativ an den Kapazitätsaufbau. Das klingt jetzt, als ob wir langsam gewachsen seien. Aber das Wachstum im Jahr 2022 gegenüber 2021 betrug 50 Prozent und das Wachstum im Jahr 2023 gegenüber 2022 betrug fast 33 Prozent. Das sind sehr hohe Wachstumsraten. Hätte jemand vor Corona gesagt, wir würden mit 6 Prozent pro Jahr wachsen, hätte man gesagt, das gehe nicht. Wachstum und Stabilität ins Gleichgewicht bringen, das war nach der Pandemie das Wichtigste für uns.

Waren Swiss und die ganze Lufthansa-Gruppe während der Pandemie vielleicht etwas zu pessimistisch und haben bei Personal, Zielen, Frequenzen und Flotte zu stark abgebaut und konnten deswegen zu wenig schnell wieder starten?
Ich sehe das anders. Bei Swiss haben wir abgebaut, um schneller aus der Krise herauszukommen. …

… unternehmerisch schneller?
Unternehmerisch schneller, aber auch, um schneller wieder konkurrenzfähig zu sein. Wir haben unsere Staatshilfe zwei Jahre schneller zurückgezahlt als geplant. Geplant war das für das Jahr 2024, wir haben die Schulden aber schon im Jahr 2022 zurückgezahlt. Dies zeigt, dass wir vielleicht nicht alles perfekt gemacht haben, aber es auch nicht schlecht eingeschätzt haben.

Wir haben heute ein Drittel weniger Geschäftsreisende als vor Corona.

Und was erwartet Swiss für das Jahr 2024?
Im Jahr 2024 planen wir ungefähr nochmals mit 10 Prozent Wachstum. Wir glauben, dass das das richtige Wachstum ist, das es jetzt im Markt braucht.

Man hat ja nach Covid-19 gesehen, dass sich die Zusammensetzung der Passagiere änderte. Es gab weniger Geschäftsreisende, aber mehr Urlaubsreisende, die Business Class buchen. Ist das immer noch so?
Die Erholung des Geschäftsreisesegments hat sich stabilisiert. Wir liegen bei etwas unter 70 Prozent des Werts von 2019. Das heißt, dass wir heute ein Drittel weniger Geschäftsreisende haben als vor Corona. Und das war schon ein ziemlich wichtiges Segment für uns. Große Teile davon wurden kompensiert durch das Ferienfluggeschäft, aber eben nicht alle.

Heißt das, dass die Preise in der Business Class gesunken sind?
Ich kann es nicht spezifisch für die Business Class sagen, aber 2023 lagen unsere Durchschnittspreise ungefähr 3 Prozent unter denen des Jahres 2022. Und im Sommer, also Juli und August, lagen sie sogar 10 Prozent niedriger.

Was erwarten Sie 2024 an der Preisfront?
Es ist schwierig vorherzusagen, aber wir rechnen mit einer Stabilisierung des Preisniveaus von 2023.


Airbus A330 von Swiss. Bild: Robert Erenstein/aeroTELEGRAPH

Man hatte letztes Jahr ein wenig Angst, dass es erneut einen Chaos-Sommer mit langen Schlangen an Flughäfen und annullierten Flügen geben könnte. Es war dann aber nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Hat man inzwischen überall die Hausaufgaben gemacht?
Wir haben in den letzten 18 Monaten viel getan. Schon im Sommer 2023 war es ein Hauptthema für uns, und nicht nur für uns, sondern für viele Fluggesellschaften, eine höhere Qualität, Pünktlichkeit, Stabilität zu erreichen. Das Thema wurde ganz klar durch den Personalmangel aufgrund der Pandemie ausgelöst. Es war aber nicht nur der Personalmangel, es ging auch um das Thema Qualität. Neue Mitarbeitende sind einfach nicht so effizient wie jemand, der schon seit 20 Jahren dabei ist. Und es braucht Zeit, bis die Prozesse sitzen. Darum wird es jedes Jahr besser, glaube ich.

Gibt es Bereiche, in denen immer noch Personalmangel herrscht?
Das Thema Cockpit und Kabine hat sich bei uns beruhigt. Da sind wir auf Kurs. Was wir uns noch genau anschauen, gemeinsam mit Swissport, ist das Thema ‘below the wing’, also die Gepäck- und der Flugzeugabfertigung auf dem Vorfeld. Das behalten wir genau im Auge, auch für diesen Sommer. Sonst sind wir überall auf Kurs, auch die Sicherheitskontrollen am Flughafen Zürich laufen viel besser als letztes Jahr.

Wie Lufthansa führen Sie ein neues Interieur in den Langstreckenflugzeugen ein, das Sie Swiss Senses nennen. Was versprechen Sie sich von der neuen Kabine?
Für uns ist 2025 ein ganz wichtiges Jahr. Wir bekommen mit dem Airbus A350 ein neues Langstreckenflugzeug. Damit brechen wir in eine neue Ära auf. Dieses Flugzeug spielt in Zukunft eine sehr große Rolle für Swiss, weil es zuerst die vier A340 ersetzt, vielleicht irgendwann auch unsere A330. Und die neue Kabine spielt eine ebenso wichtige Rolle. Swiss ist aber nicht nur Hardware, sondern auch Software. Unsere Crews, die an Bord einen super Job machen, kümmern sich mit viel Aufmerksamkeit und kleinen Überraschungen um unsere Kundinnen und Kunden. Bei Swiss Senses geht es auch um die Qualität an unserem Drehkreuz, wie beim Check-in oder beim Boarding – all das macht Swiss aus. Es dreht sich nicht nur um neue Flugzeuge oder Sitze, sondern um die Qualität insgesamt.

Das Doppelbett wird es auch bei uns geben.

Bei Lufthansa heißt das neue Bordprodukt Allegris. Dort gibt es nicht weniger als fünf verschiedene buchbare Business-Class-Konfigurationen. Wie viele sind es bei Swiss?
Wir schauen natürlich, wie das bei Lufthansa ankommt. Das Schöne ist, dass wir innerhalb des Konzerns gegenseitig von Erfahrungen profitieren können.

Lufthansa bietet zum Beispiel das Doppelbett in der Mitte. Wird es das auch in der Business Class bei Swiss geben?
Ja, das ist gesetzt. Das Doppelbett wird es auch bei uns geben.

Apropos Bett. Lufthansa bietet eine sogenannte Sleeper’s Row in der Economy Class an, also drei Sitze, die sich in eine Art Bett verwandeln lassen. Kommt das bei Swiss auch?
Wir schauen uns genau an, welche Erfahrungen Lufthansa damit macht, und dann werden wir entscheiden, ob das für uns Sinn macht.

Mit den Airbus A350 vergrößert Swiss die Premium Economy. Offenbar ist ja die Nachfrage stark. Hat man da zu lange gewartet? Swiss war ja eine der späten Airlines, die auf die Zwischenklasse setzten.
Im Nachhinein kann man immer sagen, es war zu früh, zu spät, zu viel, zu wenig. Wir haben viel von den Erfahrungen bei Lufthansa profitiert und dann entschieden. Wir sind sehr zufrieden mit der Premium Eco und die Kundenzufriedenheit ist auch sehr gut.

Die First Class wird dagegen halbiert. Heißt das, Swiss bot bisher zu viele Plätze an?
Mit den Doppelsitzen in der Mitte werden es in den Airbus A330 und A350 – je nachdem – drei oder vier First-Class-Plätze sein. Von unseren aktuell acht Sitzen verkaufen wir durchschnittlich zwei bis drei zu Normalpreisen. Die anderen sind entweder Upgrades zum Beispiel mit Meilen, gehen an Vielfliegerinnen und Vielflieger, oder werden zu reduzierten Preisen angeboten. Rein rechnerisch passen daher drei bis vier First-Plätze. Zudem weist das neue First-Class-Konzept Suiten mit Türen auf. Das braucht Platz. Es würde auf Kosten der Business Class gehen, wenn wir mehr solche Plätze in der First Class einbauen würden. Das wollen wir nicht. In den Boeing 777 werden wir aber nach wie vor zwei First-Class-Reihen anbieten, also sechs bis acht Plätze. Und wir werden uns ganz genau anschauen, wie die beiden Konzepte ankommen.


Die neue First-Class-Suite von Swiss. Bild: Swiss

Dass man die First Class nicht mehr auf allen Strecken anbietet, stand das je zur Debatte?
Nein. Wir setzen auf Konsistenz im Produkt. Das gleiche Produkt soll es auf der Langstrecke überall geben. Das ist ganz wichtig. Wir sind die einzige Fluggesellschaft weltweit, die in jedem Langstreckenflugzeug eine First Class anbietet.

Die ersten Boeing 777 sind jetzt acht Jahre alt. Bekommen die auch die neue Kabine?
Das ist ein Thema, das wir aktuell diskutieren. Dass in den nächsten Jahren eine neue Kabine kommt, ist klar. Wir machen uns aber noch Gedanken, wann der richtige Zeitpunkt dafür sein wird. Wir können nicht alle Langstreckenflugzeuge gleichzeitig umbauen.

Die Lufthansa-Gruppe hat ihre Ziele bezüglich des Messwerts für die Kundenzufriedenheit, den Net Promoter Score oder kurz NPS, nicht erreicht. Wie sieht es bei Swiss aus?
Wir sind mit unserem NPS unter dem Niveau, das wir uns wünschen. Und auch unter dem Niveau von 2019. Einer der Gründe liegt sicher an den Umständen rund um die Pandemie, mit den Problemen beim Check-in. Der ganze Papierkram, das war alles zu viel für unsere Kundinnen und Kunden und das ist verständlich. Gleichzeitig müssen wir unser eigenes Produkt stets verbessern. Um den NPS wieder dahin zu bringen, wo er vorher war, braucht es schon ein paar Jahre.

Wo muss Swiss noch besser werden?
Das Thema Pünktlichkeit ist uns sehr wichtig. Das hat einen großen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Dieses Thema gehen wir für den Sommer mit vollem Fokus an.

Hat die Abschaffung des kostenlosen Essens innerhalb von Europa sich negativ ausgewirkt?
Nein. Wir haben in den letzten 20 Jahren zahlreiche Konzepte ausprobiert. Wenn wir Gratis-Essen anbieten, beschweren sich einige über die Qualität. Und wenn wir Essen zahlungspflichtig machen, beschweren sich manche, dass das Essen etwas kostet. In den letzten anderthalb Jahren haben wir sehr positives Feedback erhalten von unserer Kundschaft, die das Essen probiert hat. Sie ist positiv überrascht von der Qualität, die wir zum Beispiel zusammen mit Sprüngli anbieten. Die Passagiere, die kaufen, die sind zufrieden.

Der Lebenszyklus unserer Bordprodukte beträgt ungefähr sieben bis acht Jahre.

Die neue Kabine Senses kommt zuerst in den neuen Airbus A350 und dann in den umgebauten A330. Die sind inzwischen durchschnittlich 15 Jahre alt. Der Umbau bedeutet, sie werden noch etwas länger fliegen. Wie lange?
Normalerweise beträgt der Lebenszyklus unserer Bordprodukte ungefähr sieben bis acht Jahre. Würden wir die Airbus A330 nur noch zwei, drei Jahre lang fliegen, dann würden wir sie natürlich nicht umbauen. Es ist uns aber wichtig, möglichst moderne Flugzeuge einzusetzen, um unseren CO2-Abdruck weiter zu reduzieren.

Der A350 ist ja leicht größer als der A340 und der A330. Früher hat Swiss gesagt, man werde bei drei Langstreckenmodellen bleiben. Gilt das noch?
Je einfacher die Flotte, desto besser. Unsere Langstreckenflotte besteht aktuell aus drei Modellen, daraus werden voraussichtlich zwei – Boeing 777 und Airbus A350. Theoretisch könnten wir unsere Boeing 777 dann durch A350-1000 ersetzen.

Lufthansa hat gerade ein paar A350-1000 bestellt …
Der nächste Schritt ist jetzt, den A350 einzuführen und den A340 auszuflotten. Danach geht es um den Ersatz unserer A330. Es gibt mehrere Optionen – eine davon ist, diese durch A350-900 zu ersetzen. Dann hätten wir eine Doppelstruktur mit Boeing 777 und A350-900, was besser wäre als heute. Würden wir dann noch unsere Boeing 777 durch A350-1000 ersetzen, hätten wir eine einheitliche Langstreckenflotte.

Einige Ihrer Airbus A320 und A321 sind ja bald 30 Jahre alt. Als Ersatz haben sie 25 Neos bestellt. Reicht das oder braucht Swiss noch mehr?
Für den Moment reicht das.


Airbus A350 in Swiss-Farben. Bild: Raphael Frei/aeroTELEGRAPH (Montage)

Kürzlich gab es eine Volksabstimmung im Kanton Zürich und das Resultat war, dass der Flughafen seine Pisten verlängern darf. Was bringt das konkret jetzt Swiss?
Ich war positiv überrascht, dass die Vorlage mit 62 Prozent angenommen wurde. Das zeigt, dass der Flughafen Zürich und das, was wir machen, wichtig ist. Die Pistenverlängerungen helfen uns, die Stabilität hochzuhalten und über den Tag pünktlicher zu sein. Das verhindert, dass verspätete Flüge zu Nachtzeiten starten müssen.

Es gibt aber Kommunen, die alles, was vom Flughafen kommt, ablehnen. Wie kämpft man gegen so etwas an?
Ich glaube, unsere Anstrengungen in Bezug auf Nachhaltigkeit haben schon etwas gebracht. Es zeigt, dass wir es wirklich ernst meinen und auf eine nachhaltigere Luftfahrt hinarbeiten. Die Lösung sollte nicht sein, weniger zu fliegen. Eigentlich sollte die Lösung sein, grüner zu fliegen. Es gab mal eine Studie, die besagt, dass der Flughafen Zürich der Schweizer Wirtschaft 40 bis 60 Milliarden einbringt. Es ist ganz wichtig für unser Land, dass wir es an die Welt anbinden.

Grün werden ist aber teuer. Muss der Staat helfen?
Ich glaube, der Wandel muss hauptsächlich von der Branche und den Kundinnen und Kunden finanziert werden. Bei der Skalierung der Produktion von nachhaltigem Treibstoff, sogenanntem SAF, wäre es aber wichtig, dass sich der Staat Gedanken macht, ob man das mit Startkapital unterstützen kann. Das wäre eine wichtige Hilfe.

Jeder Passagier ist auch selbst verantwortlich. Wie viele kompensieren denn inzwischen ihre Flüge?
Etwas weniger als 5 Prozent der Reisenden kauft als Kompensation SAF dazu. Aber wir brauchen viel mehr. Der Anteil nimmt zu, aber in kleinen Schritten.

Offene Themen, die es noch gibt, sauber lösen.

Wie laufen die Green Fares?
Wir bieten auf der Inlandstrecke Genf – Zürich nur noch Green Fares an. Und wir haben gesehen, dass mit der Einführung der Green Fares die Nachfrage sich nicht verändert hat. Das heißt, alle, die früher normale Tarife gekauft haben, kaufen jetzt grüne Tarife.

Was ist der nächste Schritt?
Wir schauen uns Strecken in Europa an, wo wir auch ausschließlich grüne Tarife einführen könnten – analog zu Genf – Zürich. So einfach ist das allerdings nicht.

Sie wechseln im Juli nach Frankfurt in den Vorstand der Lufthansa-Gruppe. Was werden Sie vermissen?
Zum Glück bleibe ich mit meiner Familie in der Schweiz wohnen. Aber ich werde das Swiss-Team vermissen. Die Kultur, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben, diese Resilienz, Stabilität und wie wir bei Swiss miteinander umgehen. Wir arbeiten immer als Team und setzen uns gemeinsame Ziele. Wenig Hierarchie, direkte Kommunikation und alle schauen gemeinsam nach vorne. Das hoffe ich, auch in Frankfurt anzutreffen. So arbeite ich gerne.

Und was wollen Sie in den letzten drei Monaten noch erreichen?
Ich will sicherstellen, dass offene Themen, die es noch gibt, sauber gelöst werden.

* Dieter Vranckx (51) ist seit 2021 Chef von Swiss. Zuvor war er Chef und Finanzchef von Brussels Airlines. Der belgisch-schweizerische Doppelbürger kennt die Luftfahrtbranche aus dem Effeff. Er begann seine Karriere im Jahr 2000 bei Swissair, wechselte danach zu Swiss und war anschließend in verschiedenen Funktionen für Lufthansa Cargo und Lufthansa Group aktiv. Er studierte Wirtschaftsingenieurswesen und Betriebswirtschaft in Brüssel und bildete sich später in London und Lausanne weiter. Zum 1. Juli wechselt Vranckx nach Frankfurt in den Vorstand von Lufthansa Group und wird Kommerzchef (Chief Commercial Officer).