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Kansas-SSTC

Vereinigte Staaten schaffen Überschall-Korridor

Der US-Bundesstaat Kansas errichtet einen Luftraum für Überschallexperimente. Dabei wollen Hersteller unter anderem die Mäßigung des donnernden Überschall-Knalls erforschen.

Nicht selten berichten Kampfjetpiloten, dass sie bei hitzigen Manövern über Übungsgebieten den Durchbruch der Schallmauer erst später bemerken. Immer mehr Militärjets können im sogenannten Supercruise Überschallgeschwindikeit erreichen. Sind ältere Jets beim Durchbrechen der Schallmauer noch auf zusätzlichen Nachbrenner-Schub angewiesen, müssen Piloten von etwa Eurofighter oder F-22 die imposanten Flammenkegel dafür nicht immer hinzu schalten.

Stärkere Triebwerke und bessere Flugsteuerungssysteme versprechen auch zivilen Fliegern die Rückkehr in den Überschallbereich. Doch genau wie bei Kampfflugzeugen besteht ein altes Problem, dass schon die Concorde plagte: Ein lauter Überschallknall erschüttert die Umgebung des Flugzeuges. Überschallflüge sind für zivile Flugzeuge daher bislang fast ausschließlich nur über dem Meer erlaubt.

1400 Kilometer inmitten des Landes

Dies ändert sich künftig in den Vereinigten Staaten. Im US-Bundesstaat Kansas wird ein Korridor für experimentelle Überschallflüge eingerichtet. Dies verkündete Kansas’ Gouverneurin Laura Kelly vergangene Woche (17. Dezember). Im Luftraum  befindet sich ein Rundkurs mit insgesamt 1400 Kilometer Länge. Dieser beginnt ab einer Höhe von 39.000 Fuß oder umgerechnet etwa 11.900 Metern.

Vorteil des Kansas-Supersonic Transportation Corridor SSTC (zu Deutsch: Überschalltransport-Luftraum) soll die zentrale Lage inmitten der USA sein. Testflüge müssen nicht mehr weit von Land entfernt stattfinden und an Küsten starten. Neben einen logistischen Vorteil wird dabei auch die Installation von Messsensoren am Boden erleichtert. Bereits 2019 trieb die amerikanische Luftfahrtbehörde Faa entsprechende Lockerungen für Überschalllufträume voran.

Vision bald Realität

Mit dem Luftraum möchte der Bundesstaat einen aufstrebenden Zweig der Luftfahrt-Industrie anlocken. Mit dem Businessjet Aerion AS2 oder der 75-sitzigen Boom Ouvertoure feilen in den Vereinigten Staaten bereits zwei Startups an konkreten Überschall-Passagierfliegern.

Im Oktober präsentierte Boom mit der XB-1 «Babyboom» einen verkleinerten Prototyp, dessen Erstflug für 2021 geplant ist. Der Senat von Kansas prognostiziert für die kommenden zehn Jahre einen Markt für bis zu 300 «hochentwickelte Überschallflugzeuge», die etwa 40 Milliarden Dollar Umsatz erzeugen.

Wie eine zugeschlagene Autotür

Flüge bis zu Mach 3, also der dreifachen Schallgeschwindigkeit, sollen im SSTC möglich sein. Auch soll der Luftraum dazu dienen, den berühmt-berüchtigten Überschallknall einzudämmen, heißt es in einer Mitteilung des Bundesstaats. Mit der Lockheed Martin X-59 wird Amerikas Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa ab 2022 bereits einen leisen Überschallflieger testen.

Entwickler sprechen von einem Geräusch, das nicht lauter ist als ein seichtes Zuschlagen einer Autotür. Möglich macht dies eine besonders lange Nase. Flugtests der X-59 sind bislang aber über dem Bundesstaat Kalifornien vorgesehen. Bereits seit den 1940er-Jahren erforscht die Nasa am dortigen Armstrong Flight Research Center ihre Überschallflieger.

Idee schon woanders

Die Basis ist der Geburtsort des Überschallflugs: Vor bald 75 Jahren gelang der Behörde mit der Bell X-1 im Januar 1946 der weltweit erste Überschallflug überhaupt. Auch ist die Idee einer zivilen Überschall-Testzone über amerikanischem Boden nicht neu. Seit vergangenem Jahr wird im Bundesstaat Washington ein 500 Kilometer langer Überschallkorridor beworben.

*Anmerkung: In einer ersten Version hieß es, dass der Korridor 1400 Kilometer lang ist. Insgesamt ist ein Rundkurs innerhalb des Korridors so lang.