Wer heute in Deutschland zum Pauschalurlaub im Süden reist, hat wenig Auswahl an heimischen Fluggesellschaften: Mit Condor, Discover, Eurowings, Sundair und Tuifly sind 2025 nur fünf Ferienflieger aktiv. Ein schmaler Kreis, wenn man bedenkt, wie bunt, vielfältig und experimentierfreudig die Szene viele Jahrzehnte war.
Flugtourismus war vor dem Zweiten Weltkrieg praktisch unbekannt, und wenn, dann blieb er wohlhabenden Gästen an Nord- und Ostsee vorbehalten. Erst 1955 erhielt Deutschland seine Lufthoheit zurück, in den 1960er-Jahren wuchs nach den Entbehrungen des Wiederaufbaus der Wohlstand – und damit die Sehnsucht nach dem Süden. Zunächst rollten Bahn, Bus und VW-Käfer Richtung Italien, Jugoslawien oder Spanien. Doch bald hoben die ersten Chartermaschinen ab.
Fliegen wird in Deutschland demokratisiert
Damals war Reisen noch ein analoges Erlebnis: Statt Online-Buchung führte der Weg ins Reisebüro, wo man das Rundum-Sorglos-Paket mit Flug, Hotel, Transfer und Verpflegung direkt beim Veranstalter buchte. Dieser wiederum charterte Flugzeuge – und so war der deutsche Ferienflieger geboren.
Aviaction, Atlantis oder Air Commerz: Boom in Hamburg
Die einstigen deutschen Ferienflieger im Bild
KHD - Karl Herfurthner Flugdienst Düsseldorf mit der Vickers Viking die Mitte der 1950er-Jahre die Werbebemalung des Reiseveranstalters Dr.Tigges Fahrten trug.
KHD - Karl Herfurthner Flugdienst Düsseldorf mit der Vickers Viking die Mitte der 1950er-Jahre die Werbebemalung des Reiseveranstalters Dr.Tigges Fahrten trug.
Sammlung Detlef Döbberthin
Die Münchner Paninternational war auch mit der Boeing 707 touristisch ab Düsseldorf aktiv.
Die Münchner Paninternational war auch mit der Boeing 707 touristisch ab Düsseldorf aktiv.
Sammlung Detlef Döbberthin
Großer Touristikbahnhof in Köln/Bonn Anfang der 1970er-Jahre mit der Hamburger Aviaction und ihrer Fokker F28 und der Düsseldorfer LTU mit der Caravelle.
Großer Touristikbahnhof in Köln/Bonn Anfang der 1970er-Jahre mit der Hamburger Aviaction und ihrer Fokker F28 und der Düsseldorfer LTU mit der Caravelle.
Sammlung Detlef Döbberthin
Mit Basis in Hamburg war Atlantis mit Douglas DC-9 in den 1970er-Jahren an vielen deutschen Airports anzutreffen.
Mit Basis in Hamburg war Atlantis mit Douglas DC-9 in den 1970er-Jahren an vielen deutschen Airports anzutreffen.
Sammlung Detlef Döbberthin
Auch die Stuttgarter Südflug setzte die bewährte Douglas DC-9 in die Mittelmeerregion ein.
Auch die Stuttgarter Südflug setzte die bewährte Douglas DC-9 in die Mittelmeerregion ein.
Sammlung Detlef Döbberthin
Die Frankfurter Aero Lloyd begann zunächst mit der Caravelle ihre Charterflüge.
Die Frankfurter Aero Lloyd begann zunächst mit der Caravelle ihre Charterflüge.
Sammlung Detlef Döbberthin
Nach der Fusion der Münchner Bavaria mit der Frankfurter Germanair im Jahr 1975 setzte man den Airbus A300 B4 in neuer gemeinschaftlicher Farbgebung ein. Das Unternehmen erhielt den ersten Airbus noch vor Lufthansa.
Nach der Fusion der Münchner Bavaria mit der Frankfurter Germanair im Jahr 1975 setzte man den Airbus A300 B4 in neuer gemeinschaftlicher Farbgebung ein. Das Unternehmen erhielt den ersten Airbus noch vor Lufthansa.
Sammlung Detlef Döbberthin
Ein Flöieger von Germanair.
Ein Flöieger von Germanair.
Sammlung Detlef Döbberthin
Hapag-Lloyd durfte damals nicht selbst ab Berlin operieren, aber eine ihrer Boeing 737-200 an die damals noch neue Air Berlin USA vermieten.
Hapag-Lloyd durfte damals nicht selbst ab Berlin operieren, aber eine ihrer Boeing 737-200 an die damals noch neue Air Berlin USA vermieten.
Sammlung Detlef Döbberthin
In Bremen gegründet, aber in Düsseldorf gesichtet. Die Boeing 737-400 machte sich rar am namensgebenden Gründungsflughafen.
In Bremen gegründet, aber in Düsseldorf gesichtet. Die Boeing 737-400 machte sich rar am namensgebenden Gründungsflughafen.
Sammlung Detlef Döbberthin
Auch in München zuhause aber viel ab Frankfurt unterwegs waren die Boeing 727-100 der kurzlebigen Jetair.
Auch in München zuhause aber viel ab Frankfurt unterwegs waren die Boeing 727-100 der kurzlebigen Jetair.
Sammlung Detlef Döbberthin
Der Ableger der britischen XL Airways flog mit Airbus A320 mit Basis Frankfurt für zahlreiche Veranstalter und andere Touristikairlines, hier in Münster/Osnabrück für Tui.
Der Ableger der britischen XL Airways flog mit Airbus A320 mit Basis Frankfurt für zahlreiche Veranstalter und andere Touristikairlines, hier in Münster/Osnabrück für Tui.
Sammlung Detlef Döbberthin
Hamburg erlebte in den 1970er-Jahren mit Aviaction, Atlantis oder Air Commerz einen regelrechten Boom an Touristikgründungen, auch Hamburg Airlines und Hamburg International versuchten ihr Glück. Aus Bremen kam die Bremenfly, in Hannover wurde Hapag-Lloyd Flug mit Boeing 727 und Airbus A300 zum Branchenriesen – später als TUIfly bis heute erfolgreich.
Berlin als Hotspot des Ferienfluges
Im Süden wiederum machten die Südflug aus Stuttgart und die Bavaria aus München auf sich aufmerksam. Sie setzten früh auf Jets wie BAC-1-11 oder Douglas DC-9, fusionierten mit Germanair und prägten das Ferienfluggeschäft. In Frankfurt wiederum entstanden Aero Lloyd, Aero Flight oder XL Airways. Auch exotische Projekte wie Paninternational – berüchtigt durch eine spektakuläre Notlandung auf der Autobahn – sind Teil der bewegten Historie.
Während Westberliner Veranstalter wegen des Alliiertenstatus auf britische und amerikanische Airlines angewiesen waren, schaffte es Air Berlin USA nach der Wiedervereinigung zur gesamtdeutschen Airline – bevor sie 2017 insolvent ging. In der DDR flog Interflug Urlauber nach Rumänien oder Bulgarien, nach 1990 versuchte man mit Berline oder Condor Berlin den Neustart. Auch internationale Anbieter wie Britannia Airways Deutschland wagten ein Intermezzo.
Die Konsolidierung im Ferienflugmarkt
Von all den Namen und bunten Flugzeugen blieb nur wenig übrig. Fünf Vertreter einer einst breit gefächerten Branche sind geblieben. Der Markt hat sich verändert: klassische Ferienflieger vermischen sich zunehmend mit Lowcost- und Linienverkehr.