Letzte Aktualisierung: um 15:44 Uhr

Lotsen warnen

Droht 2022 ein Chaos-Sommer wie 2018?

Eine Gewerkschaft von Eurocontrol-Lotsinnen und -Lotsen warnt vor einem Verkehrschaos im kommenden Sommer. Sie halten die Flugsicherung für nicht stark genug aufgestellt.

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Im August 2018 sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr selbstkritisch: «Derzeit ist das, was wir aus Kundensicht bieten, nicht fünf Sterne.» Der damalige Sommer war geprägt von Verspätungen und Flugausfällen, von Wartezeiten, von Ärgernissen – nicht nur bei Lufthansa. Als Chaos-Sommer ging er in die Annalen der europäischen Luftfahrt ein.

Streiks, Personalengpässe an Flughäfen und bei Flugsicherungen, Wetterkapriolen, Mehrverkehr und Fehlplanungen bei den Airlines führten damals zu einer Rekordzahl von Verspätungen und Annullierungen. Jetzt warnt die Gewerkschaft Trade Union Eurocontrol Maastricht TUEM vor einer Wiederholung: «Dem Flugverkehr in Europa drohen zur Urlaubssaison 2022 vergleichbare Zustände wie im Verspätungssommer 2018.»

Planung mit der richtigen Prognose?

«Die aktuellen Verkehrsplanungs-Szenarien für den europäischen Luftraum sind viel zu knapp kalkuliert und bleiben deutlich hinter den Erwartungen vieler Reiseanbieter und Fluggesellschaften zurück», sagt Gewerkschaftspräsident Stefan Pille. Würden sich die Prognosen bewahrheiten, wäre man nicht darauf vorbereitet. «Die Folge wären massive Verspätungen zur Hauptreisezeit, gestrandete Reisende in ganz Europa und ein Abwürgen der dringend benötigten wirtschaftlichen Erholung», so Pille.

Die Gewerkschaft kritisiert, dass ihr Arbeitgeber, die europäische Flugsicherung Eurocontrol, einerseits eine Erholung der Flugbewegungen auf das Vorkrisenniveau bereits Anfang 2023 für möglich halt. Anderseits würde sie aber Personal- und Kapazitätsplanung anhand eines konservativen Szenarios durchführen, das eine Erholung nicht vor Mitte 2024 erwarte.

Warnung vor europaweitem Dominoeffekt

TUEM vertritt Fluglotsinnen und Fluglotsen sowie andere Mitarbeitende des Eurocontrol Upper Area Control Center Maastricht. Sie sind verantwortlich für den Luftraum oberhalb der Flugfläche 245 über den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Nordwestdeutschland.

Die Gewerkschaft erklärt, dass für ihren Bereich ein Sondereffekt hinzukomme, da aufgrund einer Systemumstellung im benachbarten französischen Sektor 2022 viele Ausweichrouten in den eigenen Sektor geflogen werden müssten. «Dieses Verkehrsaufkommen müssen wir zusätzlich bewältigen, es ist aber in den Prognosen noch gar nicht einkalkuliert», so Pille. Schon ein Stau in einem Sektor führe zu einem europaweiten Dominoeffekt.

Forderung nach Puffern

TUEM fordert, bei der Kapazitätsplanung ausreichend Puffer einzuplanen. Wie Eurocontrol auf die Kritik reagiert, ist noch nicht bekannt. Auf eine entsprechende Anfrage erhielt aeroTELEGRAPH bis zur Veröffentlichung noch keine Antwort.