Letzte Aktualisierung: um 12:40 Uhr

Austro Control

Der Brexitgewinner aus dem 22. Wiener Bezirk

Bei der österreichischen Luftfahrtbehörde sind mehr als 500 Verkehrsflugzeuge und 4000 Pilotinnen und Piloten registriert. Viele haben wegen des Brexit bei Austro Control eine neue Heimat gefunden.

Mit

Mitten in der tiefsten Krise der Branche gab es vergangenes Jahr einen Bereich, in dem Austro Control nicht über Arbeitsmangel klagen konnte. Man habe einen regelrechten Ansturm aus Großbritannien zu bewältigen gehabt, sagt Philipp Piber, Leiter der österreichischen Luftfahrtagentur. Sie ist zuständig, wenn es um EU-Genehmigungen für Pilotinnen und Piloten und von Flugzeugen geht. Diese brauchen britische Fluggesellschaften und Pilotinnen und Piloten seit Jahresbeginn, denn das Vereinigte Königreich ist nach dem Brexit aus EU-Sicht ein Drittstaat.

Größter und prominentester Kunde der österreichischen Behörde mit Sitz im 22. Bezirk von Wien ist Easyjet. 140 ihrer Flugzeuge hat die Billigairline in das Luftverkehrsbetreiberzeugnis (Englisch: Air Operator Certificate oder AOC) ihrer österreichischen Tochter Easyjet Europe übertragen  – und genehmigt bekommen. Etwa 40 dieser Flugzeuge seien in Folge der Corona-Krise aber wieder abgezogen worden, erläutert Piber. Dennoch verfügt Easyjet mit 119 Jets noch über die größte Flotte in einem einer österreichischen AOC, gefolgt von Austrian Airlines mit 78 und Avcon Jet mit 41.

«Eine politische Entscheidung»

The Flying Bulls haben 21 Flugzeuge registriert, Global Air 20. Fünfzig sogenannte Luftverkehrsbetreiber halten in Summe 520 Flugzeuge mit einem Luftverkehrsbetreiberzeugnis ausgestellt von Austro Control. 18 weitere Luftverkehrsbetreiber halten Genehmigungen für Helikopter.

Noch stärker war der Run auf Pilotenlizenzen. Etwa 4000 österreichische Berufslizenzen gibt es, rund die Hälfte sind eine Folge des Brexit, sagt Piber, um in den Besitz einer europäischen Lizenz zu kommen. Als das Vereinigte Königreich noch EU-Mitglied war, war die Überschreibung einer Pilotenlizenz relativ einfach. Seit 1. Januar aber gilt die Insel als Drittstaat. Pilotinnen und Piloten müssen deshalb fast alle Praxis- und Theorieprüfungen wiederholen. «Das so handzuhaben war eine politische Entscheidung», sagt Piber.

30.000 Euro für Übertrag ins österreichische Register

1500 Euro kostet eine Pilotenlizenz, 30.000 Euro kostet es, ein Verkehrsflugzeug auf das österreichische Register zu bringen. «Dass Letzteres so teuer ist, erkläre sich aus der Gebührenlogik», sagt Piber. Denn es handle sich um eine Einmalzahlung und umfasse von der Aufsicht bis zur technischen Überprüfung eines Flugzeugs alles. Die Kosten spielten aber laut Austro-Control-Leiter Piber für die Fluglinien viel weniger eine Rolle als die Zeit, in der ein Antrag bewilligt wird. Da steht die österreichische Luftfahrtagentur im Ruf, sehr schnell zu sein. Das hilft, teure Stehzeiten zu vermeiden.

Der Brexit hat der Luftfahrtagentur in Wien übrigens auch noch andere Geschäftsbereiche beschert. So zertifiziert sie für die EU im Namen der europäischen Luftfahrtagentur Easa viele Simulatoren und Organisationen weltweit. Es ist ein Geschäft, das durch den Austritt der britischen Aufsichtsbehörde aus der EU massiv wächst.