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70-jähriger Geburtstag

Wie der Flughafen Wien von 64.000 auf mehr als 30 Millionen Fluggäste wuchs

Der Betrieb begann mit provisorisch reparierten Hangars aus dem Zweiten Weltkrieg. 70 Jahre später ist der Flughafen Wien ein wichtiges Drehkreuz. Ein Blick in die Geschichte des Airports.

Als Ende August 1945 amerikanische, britische und französische Truppen in das zuvor von den Sowjets befreite Wien einrückten, wurde die Stadt in vier Zonen aufgeteilt. Auf dem ehemaligen Luftwaffe Fliegerhorst Schwechat-Haidfeld, dem Gelände des heutigen Vienna International Airport, richtete sich die britische Besatzungsmacht ihre R.A.F. Station Schwechat ein.

Einige Hangars der ehemaligen Jagdfliegerschule, in denen ab 1942 auch Heinkel-Flugzeuge von Zwangsarbeitern produziert wurden, hatten das Kriegsende trotz Bombardements relativ unbeschädigt überstanden, weshalb die R.A.F ihren militärischen Flugbetrieb auf der rund 1500 Meter langen Piste einrichtete. Bereits ein Jahr vor Übergabe des operativen Betriebes an die neu gegründete Flughafen Wien Betriebsgesellschaft wurden erste Vorfelddienste wie die Flugzeugbetankung und Bodendienste an die österreichische «Austrian Handling Unit» abgegeben.

British European Airways flog zuerst

Der Zivilbetrieb begann schon 1946 mit Flügen von British European Airways BEA nach London. Mit Gründung der Wiener Flughafenbetriebsgesellschaft und der Eröffnung des neuen Zivilflughafens Wien-Schwechat am 14.Juni 1954 zogen immer mehr Fluglinien wie Air France, El Al, KLM, Pan Am, SAS oder Swissair von den Flughäfen in Tulln (USA) und Aspern (UdSSR) in das neu aufgebaute Flugfeld nach Schwechat um.

Dies war der offizielle Startschuss für den Auf- und Ausbau der Anlagen, 1958 wurde die alte Piste 12/30 (heute: 11/29) auf 3000 Meter verlängert, um den immer höheren Anforderungen durch größer werdende Flugzeuge gerecht zu werden. Mit der Gründung von Austrian Airlines im Jahr 1957 und der Aufnahme des Flugbetriebes wenige Monate später bezog auch ein neuer «Home Carrier» am Flughafen Quartier.

Eröffnung des neuen Flughofes

War der Flugbetrieb und die Abwicklung des Passagierbetriebes bislang nur in provisorisch reparierten Hangars aus dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt worden, änderten sich mit der Eröffnung des neuen Flughofes, wie das heutige Terminal 2 in den 1960er-Jahren genannt wurde, auch die qualitativen Ansprüche der Fluggäste. Der Flughafen Wien wurde zu einem Aushängeschild in Europa, denn neben komfortablen Check-ins und Wartebereichen, Shopping und Restaurantflächen, wurde erstmals auch eine mehrstöckige Besucherterrasse eröffnet, die jedes Wochenende von Tausenden Schaulustigen heimgesucht wurde.

Die 1960er-Jahre und das damit verbundene Wirtschaftswachstum beflügelte die Passagierzahlen am Flughafen Wien. Im Jahr der Eröffnung des neuen Flughofes wurden 409.000 Fluggäste gezählt und 1966 begrüßte der Airport erstmals mehr als eine Million abgefertigte Passagiere. Bereits im Jahr 1955 wurde erstmals an den Bau einer zweiten Piste gedacht.

Wien wird zum Jumbo-Bahnhof

1962 begannen dann die finalen Planungen für die Bahn, deren Ausrichtung mehrmals geändert wurde. Schlussendlich dauerte es fast zwei Jahrzehnte von der Einreichung des Projektes bis zur Eröffnung der neuen Piste 16/34, bis diese nach Anrainerprotesten am 6. Oktober 1977 vom damaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirschschläger eröffnet wurde.

Boeing 747 am Flughafen Wien. Bild: Sammlung Flughafen Wien.

Die Passagierzahlen stiegen weiter und bereits im Jahr 1980 verzeichnete der Flughafen Wien mehr als 3,1 Millionen Passagiere. Namhafte Fluggesellschaften bedienten mehrmals wöchentlich mit der «Königin der Lüfte» den Flughafen Wien auf ihren Wegen zwischen Europa und Asien. 1972 machte die australische Qantas auf ihrer Verbindung Amsterdam – Melbourne einen Zwischenstopp am Wiener Flughafen. Bis Mitte der 1980er-Jahre stieg die Zahl der 747-Flugbewegungen von zunächst 344 (1971) auf beachtliche 1688 im Jahr 1985 an. Bis zum letzten Passagierlinienflug einer Boeing 747-400 von China Airlines im Sommer 2016 war der Jumbojet – abseits von Frachtflügen, die bis heute die «Queen» nach Wien bringen – regelmäßig anzutreffen.

Von Jordanien über Wien in die USA

Neben Garuda Indonesien Airlines (Bali), Iran Air (Teheran), Iraq Airways (Bagdad), South African Airways (Johannesburg), Singapore Airlines (Dubai, Male, Singapur), KLM (Dubai,Karachi), Eva Air (Taipeh, London), Asiana & Korean Air (Seoul), Malaysia Airlines (Kuala Lumpur), ANA (Tokyo), Thai Airways (Bangkok) flog auch Alia Royal Jordanien Airlines regelmäßig mit dem bis dahin größten Passagierflugzeug der Welt nach Wien.

Als neutrales Land mit einem Sitz der Vereinten Nationen und internationalen Organisationen, sowie Organisator zahlreicher Friedenskonferenzen hatte sich Österreich in den 1970er- und 1980er-Jahren einen guten Namen als Vermittler in der Welt gemacht. Das politische Geschick des früheren Bundeskanzlers Bruno Kreisky und die guten Beziehungen zum jordanischen Königshaus dürften Mitte der 1980er-Jahre auch der Grund dafür gewesen sein, warum Alia Royal Jordanian Airlines, wie die Fluglinie damals hieß, ihren lukrativen USA-Verkehr jahrelang über den Flughafen Wien führte.

1992 zur Aktiengesellschaft umgewandelt

Wie sich Sales Manager Rudolf Leban im aeroTELEGRAPH-Gespräch an die Geschehnisse von damals erinnert, flog man bis zu zwei Mal täglich mit einer Boeing 747 nach New York und bis zu fünf Mal wöchentlich nach Chicago, Los Angeles, Miami und sogar Houston: «Der jordanische König Hussein war ja selbst ein begeisterter Jumbo Pilot und flog des Öfteren nach Wien.»

Der starke Wirtschaftsboom einhergehend mit dem Fall des Eisernen Vorhangs Ende der 1980er-Jahre machte den Ausbau der Flughafeninfrastruktur unumgänglich. Mit dem Anschluss an die Flughafen-Ostautobahn A4 im Jahr 1982, der Erweiterung der Terminalfläche durch die Eröffnung des Pier Ost (1988), des Pier West (1996), dem Bau von zusätzlichen Abrollwegen der beiden Pisten (11/29 und 16/34) sowie neuen Flugzeug-Parkpositionen war der Flughafen, der 1992 zur Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, fit für den Schritt ins neue Jahrtausend.

Kostenexplosionen und Korruptionsvorwürfe

Als im Jahr 2011 das 270 Meter lange Skylink Terminal (heute Terminal 3) seinen Betrieb exklusiv für den Hausherrn Austrian Airlines und seine Star-Alliance-Partner aufnahm, verzeichnete der Flughafen Wien bereits mehr als 22,1 Millionen Passagiere jährlich. Mehr als 13 Jahre waren seit Beginn der Planungen bis zur finalen Inbetriebnahme vergangen. Wenig rühmlich in der Geschichte des Bauwerks waren jahrelange Bauverzögerungen, Kostenexplosionen und Korruptionsvorwürfe, die so manchen Flughafenvorstand den Job kosteten.

Seit September 2011 führt mit Julian Jäger und Günther Ofner ein neues Management-Team den Flughafen Wien. Die beiden führten den Flughafen Wien aus seiner Krise und brachten dem Standort einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Flughafen investierte mit Erfolg in den Ausbau des Flugangebotes auf der Langstrecke nach Asien und Nordamerika sowie eine verstärkten Ansiedelung von Billigfluglinien. Bereits heute sind neben Marktführer Austrian Airlines (46,9 Prozent Marktanteil),die Billigflieger Ryanair (20,2 Prozent), Wizz Air (6,9 Prozent) und Eurowings (2,4 Prozent) die großen Fluggesellschaften am Standort Wien.

Wizz-Air-Jet am Flughafen Wien. Bild: Martin Dichler.

31,7 Millionen Fluggäste 2019 – Rekord!

Neue Frachtterminals wie das Logistik- und Frachtabfertigungszentrums Cargo Center Vienna entstanden und mit der Gründung der Airport City Vienna, wurde ein
Tochterunternehmen aus der Taufe gehoben, dass sich verstärkt auf das Potential im Non-Aviation Segment (Betriebsansiedelungen, Immobilien) des Flughafens konzentriert.

Im Jahr 2019 verzeichnet der Flughafen Wien mit 31,7 Millionen abgefertigten Passagieren seinen bisherigen Passagierrekord. 2020 ging mit dem Office Park 4, der sich direkt neben dem 109 Meter hohen Flughafenkontrollturm das bis heute nachhaltigste Bürogebäude Österreichs in Betrieb. Seit Januar 2023 wird der Flughafenbetrieb auf Österreichs größten Zivilflughafen außerdem CO2-neutral geführt, nachdem in den Jahren zuvor die Wachstums- und Klimaschutzstrategie mittels Inbetriebnahme der größten Photovoltaikanlage des Landes sowie weiteren Maßnahmen umgesetzt wurden.

Ausbauen soll 2027 fertig sein

Schneller als geplant nahm der Passagierverkehr nach dem Ende der Pandemie wieder Fahrt auf. Bereits 2023 verkündete der Flughafen das zweitbeste Verkehrsergebnis in seiner 70-jährigen Geschichte. Aufgrund seiner guten Handling- Performance wurde der Airport Wien im gleichen Jahr zum pünktlichsten Lufthansa-Drehkreuz auserkoren.

Noch im selben Jahr berichtete die Flughafenführung, dass der Airport schuldenfrei sei, nachdem Kredite vorzeitig zurückgezahlt werden konnten, womit der Startschuss zum weiteren Ausbau seiner Infrastruktur gegeben wurde. Um den zukünftig zu erwarteten Passagierstrom bewältigen zu können, entsteht gerade eine Terminal-3-Süderweiterung, wodurch sich die Fläche des Abfertigungsgebäudes auf rund 70.000 Quadratmeter bis zum Jahr 2027 erhöhen wird.

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