Letzte Aktualisierung: um 14:30 Uhr

Umstrittene Steuerung

Was wusste die Easa über die Risiken der 737 Max?

Nach zwei 737-Max-Abstürzen steht auch die ursprüngliche Zertifizierung des Modells auf dem Prüfstand. Dabei geht es nun auch um die Rolle der europäischen Luftfahrtbehörde.

Das Vorgehen der US-Luftfahrtbehörde FAA bei der Zertifizierung der Boeing 737 Max steht in den Vereinigten Staaten auf dem Prüfstand. Nun wirft ein Pressebericht auch die Frage auf, wie viel die europäische Behörde Easa von den Risiken der mittlerweile weltweit gegroundeten Maschine wusste. Gemäß der Nachrichtenagentur Reuters hat sie den Flieger unter anderem auch deshalb als sicher zertifiziert, weil sie auf zusätzliche Verfahren und Trainings hinwies, welche den Piloten «ungewöhnliche» Situationen «klar erklären» würden, in denen es notwendig sei, das Trimmrad zu nutzen, um den Jet zu kontrollieren.

Reuters beruft sich auf ein Easa-Dokument, das laut einem Sprecher der Behörde aus dem Februar 2016 stammt. Darin sei speziell aufgeführt, dass bei Geschwindigkeiten von mehr als 436 Kilometern pro Stunde mit eingefahrenen Landeklappen die Piloten womöglich händisch das Trimmrad nutzen müssten, statt nur mit dem Daumen den Knopf am Steuerhorn für die elektrische Trimmung zu nutzen. Diese reiche laut Simulationen nämlich unter bestimmten Umständen nicht aus, um die 737 Max zu kontrollieren.

Fehlten Information im Handbuch?

Der Easa-Sprecher erklärte, bei den zusätzlichen Verfahren und Trainings beziehe sich das Dokument auf Boeings Handbücher für Piloten. Ein solches Handbuch von American Airlines aus dem Oktober 2017, das Reuters einsehen konnte, erklärt laut der Nachrichtenagentur auf 1400 Seiten jedoch nicht, unter welchen Umständen der Einsatz des Rades nötig sei. Das Dokument stelle nur klar, dass das Handrad mehr Möglichkeiten gebe, die Nase Fliegers auszurichten, als die elektrische Trimmung am Steuerhorn.

Ein Informant aus dem Umfeld der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air sagte, die Umstände beim Absturz der 737 Max der Airline im Oktober 2018 würden denen ähneln, welche die Easa in dem Dokument beschreibe. Die Trainingsunterlagen vor dem Unglück seien nicht darauf eingegangen, wann es nötig sein könnte, das Trimmrad zu nutzen, so der Mann. Boeing habe Lion Air allerdings nach dem Unglück darauf hingewiesen.

Boeing äußert sich nicht

Auch die FAA hatte nach dem Unglück erklärt, sollte die elektrische Trimmung nicht ausreichen, seien die Piloten zu einem sogenannten Cutout angewiesen, also dazu, das Trimmsystem gänzlich zu deaktivieren und im Zweifelsfall den Jet über das Timmrad auszurichten. Dieses Vorgehen sei für sogenannte Runaway-Stabilizer-Situationen auch bekannt. Boeing und FAA wollten sich aktuell gegenüber Reuters nicht äußern.