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Verschiedene Faktoren

Was treibt die Luftfahrt Richtung Chaos-Sommer?

Chaos in Amsterdam, Düsseldorf, Großbritannien, Irland: Überall ruckelt es gerade. Was sind die Gründe dafür?

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Wenn eine Airline die Ticketverkäufe einstellt, deutet üblicherweise darauf hin, dass sie wirtschaftliche Probleme hat. Wenn sie nichtmal mehr Passagiere mitnimmt, dann ist es in der Regel vorbei. Bei KLM hatten diese Maßnahmen andere Gründe. Das Geschäft brummt eigentlich.

Dennoch beschloss die Fluglinie am 27. Mai, für zwei Tage keine Tickets mehr für Flüge ab Amsterdam zu verkaufen. Am 4. Juni wurde es noch heftiger: Sie nahm gar keine Passagiere aus Europa mehr mit. Der Grund: Der große Andrang am Flughafen.

Ähnliche Szenen in ganz Europa

Bereits in den Wochen zuvor hatte KLM immer wieder Flüge streichen müssen, Dutzende andere waren verspätet. Der Amsterdamer Airport war hoffnungslos überlastet. Es fehlte an Personal, nicht nur bei der Airline und beim Flughafen, auch bei den Sicherheitskontrollen.

Ähnliches spielt sich seit Wochen im Vereinigten Königreich und in Irland ab. Jeden Tag streicht British Airways über 100 Flüge. An den Flughäfen herrscht Gedränge, überall frustrierte Reisende und überarbeitete Mitarbeitende.

Auch in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es Probleme. Aktuell etwa am Flughafen Düsseldorf, wo es wegen Personalmangels bei den Sicherheitskontrollen zu langen Wartezeiten kommt. Die Zeitung Rheinische Post berichtet, dass Reisende auch bei der Auslieferung des Gepäcks nach der Landung lange warten müssen.

Flughäfen und Airlines warnen, dass die Hochsaison allgemein hart wird. «Im Sommer wird uns das allen, aber vor allem unseren Fluggästen, noch einmal ein Stückweit Toleranz und gute Nerven abverlangen» sagte etwa erst kürzlich Fraport-Chef Stefan Schulte im Interview mit aeroTELEGRAPH.

Doch was sind die Gründe für das Chaos?

Schnellere Erholung als erwartet

Corona ist immer noch da, vielerorts steigen die Infektionszahlen sogar wieder. Doch die Maßnahmen, die Reisende von der Buchung abhielten, sind zumindest in unseren Breitengraden weitestgehend gefallen. Das führt dazu, dass es im Sommer und zu anderen populären Reisezeiten zu einem Ansturm kommt, das genauso hoch oder sogar höher ist als vor der Pandemie. All das passierte schneller, als noch vor einer Weile vermutet.

Personalmangel

Solche extremen Ausschläge – totaler Einbruch und jetzt rasche Erholung – erschweren die Planung. Zwar lassen sie sich teilweise voraussagen. Flughäfen und Airlines, sowie die Polizei bei den Sicherheitskontrollen können entsprechend zusätzliches Personal einsetzen. Doch das ist nicht immer erhältlich. Denn Airlines, Bodendienstleister und Flughäfen mussten in der Pandemie sparen und haben in Personal entlassen oder durch freiwillige Kündigungen angebaut. Andere Angestellte verließen die Branche für immer, weil sie anderswo sicherere und vielleicht auch weniger stressige und besser bezahlte Jobs fanden. Easyjet reduziert etwa teilweise die Zahl der Reisenden in Airbus A319, weil so weniger Besatzungsmitglieder nötig sind. Viele andere Airlines, so etwa auch Swiss, strichen prophylaktisch Flüge, um die Planung mit dem verbliebenen Personalbestand nicht überzustrapazieren.

Auch am Boden besteht das Problem. Und es ist auch nicht so einfach, die geeigneten Leute für die zu besetzenden Stellen zu finden, wie Fraport-Chef Schulte erst kürzlich erklärte. «Es ist eben schon ein Unterschied, ob ich morgen in einem Corona-Testcenter anfange oder am Flughafe», so der Manager. In der Region um Frankfurt liege die Beschäftigung über Vorkrisenniveau. «Und wir sind in einer Branche aktiv, die sehr hohe Anforderungen an Qualifikation und Zuverlässigkeit der Mitarbeitenden stellt. Alleine die erforderliche Sicherheitsüberprüfung kann mehrere Wochen dauern, bis jemand bereit ist.»

Passagiere sind aus der Übung

Nicht nur Besatzungen brauchen Training, auch Passagiere können aus der Übung kommen, wenn sie nicht viel unterwegs sind. Routinen, die man einmal verinnerlicht hatte – bei den Sicherheitskontrollen oder beim Checkin, sind plötzlich nicht mehr abrufbereit. Auch das sorgt für längere Wartezeiten.

Eine schnelle Lösung für das Problem gibt es nicht. Eines ist deshalb sicher: Es wird im Sommer ruckeln. Mitunter auch mal heftig.