Letzte Aktualisierung: um 20:09 Uhr

Strategische Beteiligung

Was der Einstieg von Kühne bei Lufthansa verändert

Der deutsche Luftfahrtkonzern hat einen neuen Großaktionär. Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne will mit Lufthansa strategisch zusammenarbeiten. Dadurch werden die Karten neu gemischt.

Vor zwei Jahren gab es zwei große Aktionäre, die mit ihrem Stimmrecht reichlich Einfluss auf die Lufthansa Group nehmen konnten. Der deutsche Unternehmer Heinz Hermann Thiele hatte in mehreren Schritten rund 15 Prozent der Anteile des deutschen Luftfahrtkonzerns gekauft. Und im Juli 2020 wurde der deutsche Staat im Rahmen der Corona-Hilfe größter Aktionär. 20,05 der Stimmrechte besaß er damals.

Beide sind inzwischen nicht mehr an Bord. Vergangene Woche verkaufte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds der deutschen Regierung den Rest seiner Beteiligung – mit Gewinn. Und schon zuvor, nachdem Thiele im Februar 2021 verstorben war, stießen seine Erben die gesamte Lufthansa-Beteiligung ab.

Strategische, keine finanzielle Beteiligung

Doch schon jetzt hat der Konzern wieder einen Großaktionär, Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne. Er hat mit seiner privaten Beteiligungsgesellschaft Kühne Holding vergangene Woche seinen Anteil auf 17,5 Prozent aufgestockt. Der 85-jährige Hamburger, der seit vielen Jahren in der 3800-Seelen-Kommune Schindellegi in der Schweiz lebt und ein Vermögen von mehr als 30 Milliarden Euro besitzt, ist Investor beim Fußballclub HSV, sowie von Luxushotels auf Mallorca und in seiner Heimatstadt. Aber vor allem ist er Mehrheitseigentümer des Logistikriesen Kühne + Nagel und Großaktionär von Hapag-Lloyd.

Die Aufstockung begründete ein Sprecher von Kühne mit der «positiven Sicht» auf Lufthansa. Zuvor habe man gute Gespräche mit Vorstand und Aufsichtsrat geführt. Der Hamburger und Wahl-Schweizer hat denn auch bereits deutlich gemacht, dass seine Beteiligung strategischer Art ist. Ihm geht es nicht um schnellen Gewinn. «Der Einstieg ist ein logischer Schritt, um das Engagement der Kühne Holding in der Logistik in Richtung Luftfracht auszubauen», ließ er über seine rechte Hand Karl Gernandt in der Frankfurter Allgemeine Zeitung ausrichten.

Logistiker haben gerade viel Liquidität

Kühne + Nagel ist mit 38 Milliarden Euro Frachtumsatz der fünftgrößte Logistikkonzern der Welt. Stark ist er in der Kontraktlogistik. Mit dem Einstieg beim Seefrachtriesen Hapag-Lloyd versucht er auch in der Seefracht noch stärker zu werden, dasselbe dürfte er mit der Beteiligung bei Lufthansa vorhaben.

In der Branche sieht man aktuell zunehmend solche Integrationsbestrebungen. Die Konzerne versuchen, ihre Reichweite auf andere Bereiche der Lieferkette auszudehnen. So können sie eine umfassendere Angebotspalette anbieten. Getrieben wird das auch vor dem Hintergrund der Rekordergebnisse, welche die Branche in der Corona-Krise erzielten. Entsprechend flüssig sind die Konzerne gerade. Kühne + Nagel steigerte den Umsatz 2021 um 61 Prozent und den Reingewinn um 173 Prozent.

«Nicht das letzte Wort gesprochen»

Mit seinem Einstieg dürfte Kühne allerdings bereits strategisch Einfluss genommen haben. Wenn auch nur indirekt. Zusammen mit MSC versuchte Lufthansa, ITA Airways zu übernehmen, scheiterte aber. «Wir werden sehen, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen», sagte dazu Pierfrancesco Vago, Chef der Kreuzfahrtsparte von MSC, dieser Tage in einem Interview mit der Handelszeitung.

Die Verbindung mit der italienischen Nationalairline mache viel Sinn, führte er weiter aus. «Ein Service, der von der Haustür bis zur Kabinentür eines unserer Schiffe reichen würde. Denken Sie nur an das Gepäckproblem: Wenn Sie mit uns fliegen, reisen Ihre Koffer vom Flughafen zu Ihrer Kreuzfahrtkabine», so Vago. Außerdem sei eine Fluggesellschaft auch für die Frachtsparte MSC Shipping interessant.

MSC will weiterhin in die Luftfracht

Doch der Reedereikonzern dürfte nicht unbedingt Interesse haben, weiter mit Lufthansa zusammenzuarbeiten. Denn mit Kühne redet jetzt dort ein großer Konkurrent mit. Ein Interesse an einem Aufsichtsratsposten hat er auf jeden Fall bereits angemeldet. Ja, MSC könnte mittelfristig sogar zum Konkurrenten werden.

Denn MSC ist fest gewillt, in der Luftfracht Fuß zu fassen. «Wenn es mit ITA nicht funktioniert, funktioniert es vielleicht mit einer anderen Fluggesellschaft», so Vorstandsmitglied Vago zu Shipping Italy. Man werde sich nach einer anderen Airline umsehen, um mit der ein globales Netz zu bauen. Die Karten werden gerade neu gemischt.