Wenn die Cockpittür im Flug geöffnet wird, ist das Herzstück des Flugzeugs kurzzeitig verwundbar. Die USA verlangen daher eine zweite Barriere als Schutz. Doch den Fluggesellschaften geht das zu schnell. Das missfällt Pilotinnen und Piloten.
Für einen Moment lang ist der wichtigste Ort des Flugzeugs schlecht geschützt. Wenn ein Pilot aus dem Cockpit kommt oder eine Pilotin das Cockpit betritt, ist die Tür geöffnet. «Zwischen dem Öffnen und Schließen der Cockpit-Tür ist das offene Cockpit bis zu einem gewissen Grad anfällig für Angriffe», schreibt dazu die Federal Aviation Administration FAA.
Ein solcher Angriff könne schnell erfolgen, sodass der Kabinenbesatzung nicht genügend Zeit bleibe, um zu reagieren. Die Luftfahrtbehörde der USA hat deshalb neue Vorschriften erlassen. Neu gebaute Verkehrsflugzeuge müssen ab dem 25. August eine zweite Sperre zwischen der Passagierkabine und dem Cockpit aufweisen. Sie muss aktiv sein, wenn die Tür zur Flugzeugkanzel (die erste Sperre) während des Fluges geöffnet wird.
Mit der zweiten Schranke sollen nicht nur Terroristinnen und Terroristen abgehalten werden, sondern auch aggressive Fluggäste. Meistens handelt es sich um eine Art Netz, das gespannt werden kann, samt Befestigungsmechanismus. Es besteht aus leichtem, durchsichtigem, aber schnittfestem Material. Die Kosten dafür sind gering - zwischen 5000 und 12.000 Dollar sollen die Schranken pro Flieger kosten, so der Kongress der USA. Die FAA schätzt die Kosten auf 35.000 Dollar.
Doch kurz vor der Einführung verlangt Airlines for America A4A einen Aufschub. Der Verband der Fluggesellschaften in den USA fordert gemäß dem Safety and Health Magazine die FAA auf, der Branche weitere zwei Jahre zu gewähren. Der Verband begründet dies mit Verzögerungen bei der Zulassung. Außerdem hätten die Hersteller der Barrieren den Fluggesellschaften noch keine Handbücher übermittelt, die Fluglinien für die Entwicklung von Schulungsprogrammen für die Besatzungen benötigten.
Doch die Gewerkschaft der Pilotinnen und Piloten sieht es völlig anders. Sie fordert die FAA auf, den Verschiebungsantrag abzulehnen. «Die Hersteller und Betreiber hatten zwei Jahre Zeit, die Anforderungen zu erfüllen», so die Air Line Pilots Association Alpa. Die Fluggesellschaften bräuchten keine zwei Jahre, um Schulungen zu entwickeln.
Die Änderungen werfen ihren Schatten auch hierzulande voraus. Swiss hat im Hinblick darauf bereits zum 1. Mai ihre internen Regeln angepasst. «Während das eine Crewmitglied die Cockpit-Tür öffnet und ins Cockpit eintritt, überwacht ein zweites Crewmitglied den Passagierbereich aktiv und stellt sicher, dass sich kein Fluggast dem Cockpit nähert», sagte die Airline der Zeitung Sonntagsblick. Andernorts verstellen Crews den Zugang beispielsweise, indem sie einen Servierwagen vor den Zugang zum Cockpit stellen.
Die Sicherheitslage habe sich in den vergangenen Jahren «tendenziell verschlechtert», begründet Swiss die Maßnahme. Tests in der Lufthansa-Gruppe hätten zudem gezeigt, dass es zusätzliche Maßnahmen brauche, um unerlaubte Zutritte zum Cockpit wirksam zu verhindern, so die Airline zum Sonntagsblick. Sie geht davon aus, dass die neue Regel der FAA bald auch auf ausländische Fluglinien ausgeweitet wird, die USA-Ziele ansteuern.
«Die Fluggesellschaften der Lufthansa Group überprüfen routinemäßig fortlaufend ihren Sicherheitsprozesse und passen sie entsprechend an», heißt es dazu aus Frankfurt. Alle Maßnahmen stimme man miteinander ab. Zu Details will man sich aber nicht äußern.