Nach der Veröffentlichung eines ersten Untersuchungsberichts zum Absturz von Air-India-Flug AI171 stehen die Treibstoffschalter im Fokus. Die Fluglinien der Lufthansa-Gruppe haben ihre Boeing 787 vorsorglich kontrolliert.
Kurzzeitig standen beide Treibstoffkontrollschalter in der Position «CUTOFF». Die Rückkehr in die Position «RUN» kam zu spät. Da beide Triebwerke kurz nach dem Start von der Treibstoffzufuhr abgeschnitten waren, stürzte die Boeing 787 von Air India am 12. Juni ab. Das zeigt der vorläufige Untersuchungsbericht der indischen Behörden zu dem Unglück.
Nachdem der Bericht am Freitag (14. Juli) veröffentlicht wurde, reagieren Airlines und Behörden. Etihad Airways etwa hat die Cockpitcrews angewiesen, besonders vorsichtig zu sein, und die Wartungsteams beauftragt, das Verriegelungssystem der Treibstoffschalter zu prüfen. Laut Medienberichten hat auch Singapore Airlines mit Kontrollen begonnen. In Indien und Korea wollen die Behörden offenbar entsprechende Kontrollen zur Pflicht machen.
Auch die Lufthansa Group ist bereits tätig geworden, wie sie auf Anfrage von aeroTELEGRAPH erklärt. Man habe den indischen Untersuchungsbericht mit größter Sorgfalt geprüft, teilt der Konzern mit. Man nehme die technischen Hinweise und sicherheitsrelevanten Aspekte sehr ernst.
«Weder der Bericht selbst noch eine kritische Analyse der darin enthaltenen Erkenntnisse lassen auf einen technischen Mangel oder eine sicherheitsrelevante, technische Diskrepanz schließen, die ein weiteres Handeln seitens der Deutschen Lufthansa AG erforderlich machen würden», sagt ein Lufthansa-Group-Sprecher und betont, dass die Schalter über eine mechanische Sperre verfügen, welche eine unbeabsichtigte Betätigung verhindere.
«Dennoch hat Lufthansa vorsorglich eine zusätzliche Zustandskontrolle der Fuel Cutoff Switches an der Boeing-787-Flotte durchgeführt, um deren ordnungsgemäße Funktion zu verifizieren», so der Sprecher. «Es gab keinerlei Befunde.» Die vorsorglichen Überprüfungen seien an den Boeing 787 von Lufthansa und Austrian Airlines durchgeführt worden.
Im Dezember 2018 hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA eine sogenannte Special Airworthiness Information Bulletin (SAIB) veröffentlicht. Ein Hinweis, kein verpflichtender Erlass. Darin ging es um die Möglichkeit, dass die Verriegelung der Treibstoffschalter bei bestimmten Boeing-Modellen unter Umständen deaktiviert sein könnte. Aktuell sehen der Flugzeugbauer und die FAA keinen Handlungsbedarf für Boeing-787-Betreiber, wie laut der Nachrichtenagentur Reuters aus Schreiben an die Kunden hervorgeht.
Zur Flotte von Lufthansa gehören aktuell fünf Boeing 787-9, zur Flotte der österreichischen Tochter zwei. Weitere 34 Exemplare wird der Konzern noch von Boeing erhalten. Die Auslieferungen haben noch nicht begonnen aufgrund einer verzögerten Zertifizierung von Business-Class-Sitzen.