Früher Nischenanbieter, heute global aufgestellt: Condor baut Partnerschaften in Nordamerika aus, stockt Asien-Kapazitäten auf und stärkt das Drehkreuz Frankfurt mit eigenen Zubringern. Netzwerkchef Jens Boyd erklärt, wo die Herausforderungen stecken.
Früher stand Condor für außergewöhnliche Verbindungen, oft dorthin, wo sonst kaum jemand hinflog. «Wir waren früher eher ein Nischenanbieter», sagt Jens Boyd, Netzwerkchef der deutschen Airline. «Ein bestes Beispiel ist Anchorage - dadurch hatten wir vor Ort traditionell eine hohe Aufmerksamkeit.»
In den vergangenen drei, vier Jahren hat sich das Bild jedoch gedreht: Condor ist stärker in die großen, täglichen Business-Strecken eingestiegen - New York, San Francisco und Co. «In diesen Märkten ist es deutlich schwieriger, aufwändiger, teurer, Bekanntheit zu erreichen», so Boyd. Rückenwind kam von der neuen Langstreckenflotte. «Das signifikante Produkt-Upgrade, insbesondere in der Business Class, hat uns geholfen» so das Mitglied des erweiterten Condor-Vorstands.
Die Sommersaison 2025 bewertet Boyd als solide – mit einem Wermutstropfen: Nordamerika. «Aufgrund der politischen Entwicklungen gab es eine gewisse Reisezurückhaltung in beide Richtungen.» Gewinner ist Asien. Condor stockt Kapazitäten Richtung Südostasien deutlich auf, Thailand läuft stark. China bleibt differenziert: «Touristische Ziele wie Sanya auf Hainan entwickeln sich hervorragend – wir müssen nicht über Russland fliegen. Der Verkehr nördlich von Shanghai ist für viele Airlines schwierig; dort sind wir nicht unterwegs», so Boyd.
Auf dem Nordatlantik ist die Herkunft der Gäste ausgeglichen. «Ungefähr halb/halb – die unterschiedlichen Ferienzeiten gleichen die Ströme aus.» Um in den USA und Kanada sichtbarer zu werden, setzt Condor auf Partner: «An der Pazifikküste arbeiten wir mit Alaska Airlines, an der Ostküste mit Jetblue, in Kanada mit Westjet – mit Codeshare, Vertrieb auf deren Websites und teilweise Loyalty-Anbindung», so der Condor-Manager.
Heimat von Condor bleibt Frankfurt. Boyd lobt die dortige Entwicklung: «Die Performance hat sich in den vergangenen zwölf Monaten signifikant verbessert - Pünktlichkeit, Gepäck, Prozesse», sagt Boyd. Ein Wechsel ins neue Terminal 3 steht kurzfristig nicht an: «Aktuell funktioniert Terminal 1 sehr gut. Wir beobachten T3, aber auf zehn bis zwölf Monate sehen wir das noch nicht».
Prägend ist der Streit um Lufthansa-Zubringer. Die Antwort von Condor heißt City-Verbindungen: eigene Zubringer nach Frankfurt mit den Flugzeugen der A320-Familie. «Wir erweitern ab November auf drei tägliche Wellen – morgens, mittags, abends. Die Umsteige-Konnektivität liegt im Winter bei über 80 Prozent innerhalb von 2,5 Stunden». Neue Städte kommen hinzu, etwa Budapest und Venedig.
Auf der Langstrecke setzt Condor voll auf den A330 Neo – vier weitere sind bestellt. «Treibstoff, Reichweite, Produkt: Wir sind sehr zufrieden», sagt Boyd, verweist aber auf Lieferverzögerungen. Auf der Kurzstrecke bindet der Aufbau der Zubringer-Kapazität: «Wachstum ans Mittelmeer mussten wir dämpfen - wir halten die Produktion stabil und überbrücken mit verlängerten Leasing-Laufzeiten.» Wirtschaftlich seien City-Strecken «eine größere Herausforderung» als Ferienziele, «aber im Rahmen unseres Plans», so der Condor-Manager.
Emotional wird es beim Abschied von der Boeing 757. «Das weinende Auge überwiegt – sie hat uns in großen Ferienmärkten geprägt. Aber die Einflottenstrategie mit Airbus bringt klare Vorteile in Wartung und Training», sagt Boyd.
Vertrieblich wird der Markt komplexer. «Neue Buchungskanäle, Social-Media-Vertrieb, in China etwa über Wechat, man muss überall sichtbar sein. Für Jüngere ist der Preis entscheidender, andere setzen stärker auf Marke und Vertrauen» so Boyd. Sein Lieblingsflugzeug? «Natürlich unser A330 Neo.» Lieblingsziel derzeit: New York - «aktuell so attraktiv bepreist wie seit Jahren nicht mehr.»
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