Unfall in Saarbrücken

Warum wagte der Luxair-Pilot die Bauchlandung?

Der Flughafen Saarbrücken ist wieder geöffnet, die Luxair-Maschine weggeräumt. Die ungewöhnliche Bauchlandung bleibt aber ein Rätsel. Die wichtigsten Fakten und offenen Fragen.

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Seit Mittwochmorgen (30. September) kurz nach 10:30 Uhr blockierte die Maschine von Luxair die Piste des Flughafens Saarbrücken. Alle restlichen Flüge des Tages mussten deshalb annulliert werden. Die Experten der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung sicherten auf der Unfallstelle stundenlang alle Hinweise, die bei der Aufklärung des Zwischenfalls helfen könnten. In der Nacht konnte die Bombardier Q400 von Luxair dann aber von der Piste geräumt werden.

In Saarbrücken können daher Flugzeuge am Donnerstag wieder normal starten und landen. Während der Flughafen damit wieder zur Tagesordnung übergehen kann, stehen bei Luxair noch Fragen im Raum. An einer eilig einberufenen Pressekonferenz versuchte die Fluglinie zwar so gut wie möglich über den ungewöhnlichen Unfall zu informieren. Doch etwas Greifbares konnte sie nicht erzählen - zu früh ist es noch, zu wenig weit fortgeschritten sind die Untersuchungen.

Üblicherweise drehen Piloten in einem solchen Fall eine Schleife

Die zentrale Frage bleibt: Warum entschied sich der Pilot trotz des bereits eingefahrenen Fahrwerks doch noch zu landen? Das ist sehr ungewöhnlich. Wenn ein Flugzeug abgehoben hat und die Räder bereits eingezogen sind, ist eine Landung eigentlich nicht mehr möglich. Sobald ein Flugzeug den so genannten V1-Speed erreicht hat, ist der Point of no return erreicht - es gibt kein zurück mehr. Danach kann der Pilot den Start nicht mehr sicher abbrechen. Der war hier sicherlich überschritten, da die Luxair-Q-400 ja bereits abgehoben und das Fahrwerk bereits eingezogen hatte. Üblicherweise drehen die Piloten in einem solchen Problem-Fall eine kurz Schleife, um danach wieder zu landen.

Bis eine erster Zwischenbericht zum Vorfall vorliegt, bleibt vieles ungewiss. Einige Punkte aber sind klar, gewisse weitere Punkte lassen sich zudem zumindest feststellen. Die wichtigsten Fakten und offenen Fragen:

Wie schnell war das Luxair-Flugzeug bereits, als der Pilot die Notlandung einleitete?

Das ist nicht bekannt. Bei einer Bombardier Q400 muss aber das Fahrwerk vor Überschreiten einer Geschwindigkeit von 200 Knoten oder 370 Kilometer pro Stunde eingefahren werden. Das heißt, die Luxair-Maschine war bereits recht schnell unterwegs. Wie hoch sie schon war, ist ebenfalls unklar.

Wie erfahren ist der Pilot?

Der Pilot ist 45 Jahre alt, arbeitet seit 1996 für Luxair und sammelte insgesamt 10.300 Flugstunden Erfahrung an. Seit 2007 fliegt er Bombardier Q400. Auf diesem Flugzeugtyp hat er schon 3600 Stunden absolviert. Der Pilot war am 15. August das letzte Mal überprüft worden. Die letzten medizinischen Tests hatten am 30. Juni stattgefunden. Er gilt als fit.

Warum landete er überhaupt so abrupt wieder?

Das ist nicht bekannt. Gemäß der Polizei soll es im Flugzeug zu Rauchentwicklung gekommen sein. Wo genau diese festgestellt wurde ist noch offen. Ebenso wenig ist klar, wie die Information über das Problem zum Piloten gelangte. Erfahrene Flugkapitäne glauben, dass es sich doch um ein größeres Problem gehandelt haben muss und im Cockpit Warnleuchten angegangen sein müssen, dass der Pilot so schnell handelte. Viel zeit für diesen Entscheid hatte er nicht.

War das nicht risikoreich?

Doch. Bei einem potenziell gefährlichen Problem muss der Pilot aber das tun, was er für am wenigsten gefährlich hält. Der Luxair-Kapitän muss also eine Bauchlandung für weniger gefährlich gehalten haben als ein Weiterflug oder eine Landung nach einem Schleifenflug.

Wie knapp war es?

Hinter der 2000 Meter langen Piste in Saarbrücken folgt ein Abhang, unterhalb dessen eine Strasse durchführt und dann kommt ein Waldstück. Eine Bombardier Q400 braucht zum Start vollbesetzt rund 1400 Meter. Dem Luxair-Piloten halfen aber zwei Dinge. An Bord waren nur 16 Passagiere und 4 Besatzungsmitglieder. Zudem ist der Flug nach Luxemburg sehr kurz und entsprechend wenig Kerosin musste getankt werden. Die Bombardier Q400 dürfte daher leicht gewesen sein und sehr schnell abgehoben haben. Das ermöglichte es dem Piloten doch noch auf der Piste zu landen. Gemäß dem Unfallportal Aviation Herald kam er 400 Meter vor Pistenende zum Stehen. Die Einschätzung des Piloten war also sehr gut.

Wie alt ist die verunglückte Maschine?

Die Bombardier Q400 – auch Dash 8-Q-400 genannt – ist ein weit verbreitetes Turboprop-Flugzeug. Sie ist eine Weiterentwicklung der de Havilland Canada Dash 8-400. Weltweit sind 493 Maschinen des Typs im Einsatz. Die in Saarbrücken verunglückte Q400 trägt die Kennzeichnung LX-LGH und wurde im September 2012 an Luxair ausgeliefert. Sie hat seither 7131 Flugstunden hinter sich gebracht und 6604 Zyklen (ein Zyklus mit Start, Flug und Landung).

Wan wurde die Maschine das letzte  Mal überprüft?

Die LX-LGH wurde am Dienstagabend zum letzten Mal routinemäßig gecheckt. Dabei wurden keine auffälligen Befunde festgestellt. Der letzte große Check fand im Februar 2015 bei Tyrolean Technik in Innsbruck statt. Das war vor 1572 Flugstunden. Das Unternehmen ist auf Bombardier Dash 8s spezialisiert.

Waren sie an Bord des verunglückten Fluges? Passagiere von Flug LG9562 können uns eine E-Mail mit Angabe Ihrer Telefonnummer an redaktion@aerotelegraph.com senden. Wir nehmen dann mit Ihnen Kontakt auf. Danke.

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