«Am Tiefpunkt des Zyklus»
Malev ist pleite. Ist das Aus der ungarischen Airline der Anfang einer Konkurswelle? Experte Jürgen Pieper im Interview.
Ab der Jahresmitte dürfte sich die Lage laut Pieper entspannen.
Ab der Jahresmitte dürfte sich die Lage laut Pieper entspannen.
«Es ist das passiert, wovor wir am meisten Angst hatten», steht heute da, wo man bis gestern noch die Internetseite der ungarischen National-Fluggesellschaft Malev finden konnte. Seit heute heben keine Flieger der Airline mehr ab. Das 66-jährige Traditionsunternehmen ist pleite. Erst am Montag hatte die Regierung noch in einem letzten Schritt versucht, das Unternehmen durch den Konkursschutz vor dem Ende zu bewahren – offenbar ohne Erfolg.
Mit Malev ist in diesem Jahr nun die dritte europäische Fluggesellschaft am Boden – und es ist gerade einmal Februar. Rutscht die Luftfahrtbranche in Europa durch Schuldenkrise, Konkurrenzdruck und hohe Kosten in die Krise? Jürgen Pieper, Analyst und Aviatikexperte der Bank Metzler, analysiert für aeroTELEGRAPH die Lage.
Innerhalb von zwei Wochen kam es bereits zu drei Groundings. Ist das der Anfang einer großen Pleitewelle?
Jürgen Pieper: Ich denke wir sind derzeit am Tiefpunkt im Zyklus. Das erste Quartal ist noch kritisch, danach geht es langsam wieder aufwärts.
Cirrus, Spanair, Malev – ist es Zufall, dass es nun vor allem europäische Fluggesellschaften trifft?
Nein, Europa hat die größten konjunkturellen Probleme, daher haben die Airlines hier auch den schwersten Stand
Gibt es spezifische Merkmale bei gefährdeten Airlines?
Es gibt durchaus wesentliche Punkte: Es sind Fluglinien, die eine schwache Kapitalausstattung und eine hohe Verschuldung aufweisen, einen wirtschaftlich schwachen Heimatmarkt haben und hohem Wettbewerbsdruck augesetzt sind. Das wurde etwa auch Cirrus zum Verhängnis.
Nicht immer muss es im Grounding enden. Viele Airlines setzen den Rotstift an. Was erwarten Sie in nächster Zeit für Sparmassnahmen?
Es wird zu Outsourcing von Personal kommen und zum Sparen an Zusatzleistungen wie etwa dem Essen an Bord.
Oft sind die Flotten im Verhältnis zur Nachfrage zu groß. Wie weitreichend wird die zu erwartende Reduktion der Flugzeugparks in Europa sein?
Nicht sehr groß. Ich denke, es wird eher eine Drosselung des Ausbaus stattfinden. Das Wachstum des Kapazitätsangebots dürfte dieses Jahr zwischen 0 und 1 Prozent betragen, statt der zuvor erwarteten 3 bis 4 Prozent.
Auch die Lufthansa-Gruppe muss sparen. Was erwarten Sie da?
Auch sie wird auf Oursourcing und Personalabbau über Fluktuation setzen.
Gibt es Airlines, die ungeschoren davonkommen?
Die großen und finanzstarken kommen relativ gut davon. Das sind vor allem Lufthansa, Ryanair und British Airways.