Letzte Aktualisierung: um 1:06 Uhr

Marktmacht

Lufthansa und Air Berlin – dürfen die das?

Eine Übernahme von Air Berlin würde Lufthansa schlagartig mehr Macht verschaffen. Im schlimmsten Fall droht ein Szenario Edeka-Tengelmann.

Ryanair-Chef Michael O’Leary dürfte auf seine Weitsichtigkeit dieser Tage wohl das eine oder andere Pint Guiness ausgeben. Der Ire hatte bereits vor sieben Monaten prophezeit, was nun offensichtlich schon bald Realität wird. Etihad Airways verabschiedet sich von Air Berlin und Lufthansa übernimmt. Die größte deutsche Airline würde dadurch noch deutlich mächtiger als bisher. Zu mächtig?

Klar, offiziell hat Lufthansa vorerst nicht die Kontrolle bei Air Berlin. Doch dass mit Thomas Winkelmann ein ausgewachsener Lufthanseat bei der Konkurrentin übernimmt, zeigt, wohin die Reise gehen soll. Und: Sollte es tatsächlich zum Zusammenschluss – oder der Übernahme – kommen, würde das bedeuten, dass der neue Verbund mehr Sitzplätze anbietet als alle anderen Anbieter zusammen. Geht man nach der Zahl der angebotenen Sitzplätze im ersten Halbjahr 2017, hätten Lufthansa, Eurowings und Air Berlin zusammen 58 Prozent des Angebots auf sich vereint. Eurowings und Air Berlin zusammen kommen mit 25 Prozent auf mehr als alle anderen Billigflieger (siehe Grafik).

Quelle: CH Aviation/Aufbereitung aeroTELEGRAPH

Was sagen die Konkurrenten?

Lufthansa würde nach einem Zusammenschluss zudem mit Düsseldorf, Frankfurt und München die wichtigsten deutschen Drehkreuze beherrschen. Kartellbehörden dürften da aufhorchen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine solche Fusion über die Bühne gehen kann, ohne dass es Gegenwind von der Konkurrenz in Form von offiziellen Beschwerden gibt», so ein Topmanager einer Lufthansa-Konkurrentin. «Die Reduzierung um einen Anbieter schränkt naturgemäß den Wettbewerb ein», so auch Kartellrechtsexperte Carsten Thiel von Herff. «Das dürfte sich auch das Bundeskartellamt genauer anschauen, dabei kommt es dann aber auf den konkreten Markt an, etwa ob es nur um Lang- oder auch um Kurzstrecken geht.»

Sollte die Kartellbehörde tatsächlich etwas gegen den Zusammenschluss oder die Übernahme haben, würde in der Luftfahrt plötzlich ein Edeka-Tengelmann-Szenario drohen. Denn dann ließe sich die Fusion nur mit einer Ministererlaubnis durchführen. Und das ging im Fall der Lebensmittelhändler in Deutschland nach hinten los. «Dass es so weit kommt, kann ich mir nicht vorstellen», so Thiel von Herff. «Wahrscheinlicher sind Auflagen, z.B. einzelne Slots (Start- und Landerechte, Anm. d. Red.) für Wettbewerber freizugeben.»