Letzte Aktualisierung: um 16:50 Uhr

Harte Arbeitsbedingungen

Kabinencrews von Swiss sind müde und frustriert

Die Crews von Swiss sind sauer. Es gab sogar anonyme Meldungen an die Luftfahrtbehörde. Nun bewegen sich Arbeitgeberin und Mitarbeitende wieder aufeinander zu.

Bei den Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern von Swiss herrscht miese Stimmung – und das ist für Fluggäste sichtbar. 3500 Buttons mit dem Bild einer Zitrone hat die Kabinengewerkschaft Kapers im April an ihre Mitglieder verteilt, die sie nun an ihren Uniformen tragen. «Die Zitrone ist ausgepresst», erklärt Kapers die Symbolik.

Der größte Vorwurf der Gewerkschaft ist, dass Swiss sich im vergangenen Jahr von zu vielen Mitarbeiten getrennt hätte, wodurch nun Personalmangel herrsche. Die Fluglinie bestreitet das auf Anfrage von aeroTELEGRAPH. «Derzeit steht genügend Personal zur Verfügung», sagt eine Sprecherin.

Mitarbeitende melden sich bei Behörde

Aufgrund der für den Sommer erwarteten betrieblichen Herausforderungen in der Luftfahrt habe man temporäre Anpassungen am Flugplan vorgenommen, um Stabilität sicherzustellen, erklärt die Sprecherin weiter. Mehr sei aktuell aber nicht geplant. Das Problem erreicht dennoch eine neue Dimension. Denn wie die Zeitung Blick berichtet, beschweren sich Kabinencrew-Mitglieder beim Bundesamt für Zivilluftfahrt Bazl über ihre Arbeitszeiten.

«Dem Bazl wurden in den vergangenen Monaten verschiedentlich anonyme Verletzungen der Dienstzeit gemeldet», bestätigte die Behörde. Das Wiederhochfahren des Flugbetriebs stelle Fluggesellschaften aktuell allgemein vor diverse Herausforderungen. «Swiss hat das Bazl außerdem über die Personalsituation in der Kabine informiert.»

«Schwierige Rotation»

Am 23. und 30. April hatte Swiss schon ihre Passagierflüge von São Paulo nach Buenos Aires ausfallen lassen müssen, weil sich die Kabinencrews aufgrund von Übermüdung krank meldeten. Flug LX92 geht von Zürich nach Brasilien und nach rund zweieinhalb Stunden am Boden weiter nach Argentinien.

Am 23. April fiel der Flug von Brasilien nach Argentinien laut Blick komplett aus, am 30. April konnte er als reiner Frachtflug mit weniger Personal durchgeführt werden. «Dass das eine sehr schwierige Rotation ist, haben wir von Anfang an gesagt», sagt Sandrine Nikolic-Fuss, Präsidentin der Kabinengewerkschaft Kapers.

Service-Anpassungen auf der Langstrecke

Die Arbeitsbedingungen seien zurzeit für alle Mitarbeitenden «sehr anspruchsvoll und herausfordernd», erklärt die Swiss-Sprecherin. «So hat jedes Cabin Crew Member die Möglichkeit und Pflicht, sich von einem Flugeinsatz abzumelden, sofern es sich nicht fit to fly fühlt.» Beim fliegenden Personal würden gesetzliche und gesamtarbeitsvertragliche Regelungen bezüglich maximaler Arbeitszeiten, Freitagen nach den Einsätzen sowie Ferien sicherstellen, dass die nötige Erholung möglich sei.

Die Fluglinie verweist auch auf Maßnahmen, die sie im April vorgestellt hat und welche die Mitarbeitenden in der Kabine entlasten sollen. Unter anderem werden in San Francisco und Los Angeles ab Mai wieder zwei Nächte Aufenthalt eingeplant statt wie zuvor nur einer. «Zudem werden Service-Anpassungen auf der Langstrecke zu weiteren Entlastungen führen», so die Sprecherin.

Neue Regelungen bei den Hotels

Die Spesenentschädigungen bei Frühabflügen und Spätankünften sowie die Überstundenpauschale würde zudem wieder eingeführt. «Bezüglich der Crew-Hotels sind zusätzliche Unterkünfte in Zentrumsnähe vorgesehen», verspricht Swiss. Im Laufe des Jahres stelle man zudem neue Kabinencrew-Mitglieder im dreistelligen Bereich ein.

Ab April würden dabei auch über die Hälfte jener in Zürich und Genf stationierten Mitarbeitenden zurückkehren, die in der Pandemie hatten gehen müssen. Ein gewisser Optimismus herrsche nun, dass die Airline die Dringlichkeit der Lage erkannt habe, kommentiert Gewerkschafterin Nikolic-Fuss. «Wenn die Mitarbeitenden so erschöpft sind, dass die Operation und die Sicherheit gefährdet sind, muss man etwas tun, und das hat Swiss erkannt.» In einigen Punkten sei man den Crews auch entgegengekommen.

Buttons bleiben

Dennoch werde man nicht aufhören, den Zitronen-Button zu tragen. «Wir werden sie weiter tragen. Das ist mit den Uniformregeln konform. Und es zeigt, dass die Kabine gerade sehr viel hergibt dafür, dass es beim Unternehmen läuft. Und dass sie das auch weiter tut», so Nikolic-Fuss. «Natürlich wäre dem Management lieber, wir würden das nicht tragen. Aber verbieten kann man es nicht. Die Besatzungen setzen sich ja weiterhin voll ein und machen ihre Arbeit mit viel Herzblut.»