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Michael O'Leary, Ryanair

«Wo Ryanair hinkommt, ziehen sich Easyjet oder Wizz bald zurück»

Ryanair-Group-Chef Michael O'Leary spricht im Interview über seinen Optimismus für Wien, das Nebeneinander von Ryanair, Lauda und Buzz, Austrian Airlines und günstige Flugzeuge.

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Hätten Sie je gedacht, dass es in Europa einen Krieg geben kann?
Michael O’Leary: Nein, ich hätte nie einen Konflikt dieser Art in Europa erwartet. Das ist ein Tragödie für die Menschen in der Ukraine, aber auch für Europa. Hoffentlich hat der Versuch der Besetzung durch Russland keinen Erfolg und wird Putin bald besiegt.

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, jetzt erschüttert der Krieg Europa. Was bedeutet das für Ryanair?
Das ist schwer zu sagen. Wir kommen langsam aus der Pandemie, auch wegen hoher Impfraten. Wir hatten zwei Millionen Buchungen pro Woche im Januar, vier Millionen im Februar, ein sehr guter Sommer war also zu erwarten. Dann kam der Krieg in der Ukraine. Jetzt kommt es darauf an, ob der Konflikt auf die Ukraine beschränkt bleibt und wie lange er dauert. Ob wir von Wochen reden, oder von Monaten oder Jahren. Bleibt es bei Wochen, werden wir einen starken Sommer sehen. Die Menschen wollen Urlaub machen und wegfahren.

Welche Rolle spielen die explodierenden Kerosinpreise?
Der hohe Ölpreis macht viele Menschen nervös. Ich denke aber, dass viele Fluglinien die höheren Spritkosten großteils absorbieren werden. Ryanair hat die Treibstoffmengen zu 80 Prozent abgesichert. Wizz Air zu null Prozent.

Wir haben nicht genug Flugzeuge und Crews.

Ryanair will diesen Sommer von Wien aus 91 Destinationen bedienen, mit 19 Flugzeugen. Diese Zahlen haben Sie im September genannt. Hat sich seither nichts verändert, sind sie pessimistisch?
Im Gegenteil, wir sind optimistischer als im September. Der Verkehr von und nach Österreich erholt sich zwar langsamer als erwartet, aber Austrian Airlines und Wizz Air reduzieren Kapazitäten, Easyjet zieht sich praktisch zurück. Sollte die Situation in der Ukraine nicht eskalieren, erwarten wir für Österreich in den kommenden zwölf Monaten sieben bis acht Millionen Fluggäste. Bisher sind wir von sechs Millionen ausgegangen. Wir rechnen dabei mit einer Auslastung von 90 Prozent, vielleicht sogar 91 oder 92 Prozent.

Das heißt, sie rechnen mit einer höheren Auslastung als im September gedacht.
Ja. Wir könnten ja noch stärker wachsen, doch wir haben nicht genug Flugzeuge und Crews. Im Herbst und m Winter 2022/23 wollen wir aber zulegen. Und Austrian Airlines auf Routen Konkurrenz machen, wo sie ein Monopol hat und höhere Preise.

Warum ziehen sich Ihrer Meinung nach die anderen Lowcost-Anbieter aus Wien ganz oder teilweise zurück?
Weil sie mit uns in Wien nicht mithalten können, im täglichen Kampf um Passagiere mit niedrigen Preisen und niedrigen Kosten. Wo immer wir hinkommen, ziehen sich Easyjet oder Wizz Air bald zurück. Wien ist nach wie vor eine attraktive Destination, auch wenn der Flughafen teuer ist und die Regierung die deutsche Austrian Airlines unterstützt hat. Aber die Investitionen, die wir hier seit einigen Jahren tätigen, machen sich jetzt bezahlt.

Sie haben Investitionen in Wien angekündigt. Was wird das sein?
Wir haben in Wien 19 Flugzeuge, das sind zwei Milliarden Dollar Investitionen. Wir beschäftigen an die 700 Crewmitglieder, und wir suchen weitere. Und wir investieren, nicht in Österreich, in Airbus-Simulatoren und Trainingscenter.

Austrian Airlines ist unser wichtigster Konkurrent.

Werden bei den 19 Flugzeugen in Wien auch Boeing 737 Max dabei sein?
Die 19 Flugzeuge sind ein Mix aus Lauda- und Ryanair-Flugzeugen. Boeing 737 Max werden wahrscheinlich nicht nach Wien kommen.

Ryanairs Flugzeuge fliegen mit drei unterschiedlichen AOCs, also Luftverkehrsbetreiberzeugnissen: Ryanair, Buzz und Lauda. Warum?
Das hat viele Gründe. Von den Zukäufen über die Beschäftigungsverhältnisse der Crews bis zu den Gewerkschaften in den einzelnen Ländern. Es gibt keinen Grund, dieses effiziente Modell zu ändern. Unsere Flüge aus Wien werden ja auch von Lauda, Buzz und Ryanair betrieben.

Bleibt am Ende Austrian Airlines der einzige Konkurrent in Wien?
Das glaube ich nicht. Wizz Air ist ja mit 25 Destinationen weiter da, andere werden wachsen. Austrian Airlines ist unser wichtigster Konkurrent. Das ist eine Herausforderung für uns. Aber wir haben jetzt 30 Prozent Marktanteil in Wien und wir wollen auf 50 Prozent wachsen. Wir wollen überall die Nummer eins sein.

2022 will Ryanair 114 Prozent der Vorkrisenkapazität anbieten. Die Auslastung hat das Vorkrisenniveau aber noch nicht erreicht. Kann sich das rechnen?
Natürlich! Wir hatten durch Omicron einen Buchungseinbruch, und nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine einen Rückgang der Buchungen von 20 Prozent. Wenn wir es aber schaffen, abhängig davon wie sich die Pandemie und der Krieg entwickeln, alle unsere Flugzeuge im Sommer zu betreiben und eine Auslastung von 90, 91 Prozent zu haben, dann werden wir im März 2023 155 Millionen Passagiere haben. Auf vielen Flughäfen unseres Netzwerks reduzieren gerade Fluglinien ihre Kapazitäten, wie in Italien zum Beispiel. Wir erwarten dieses Jahr 65 neue Flugzeuge, 25 davon werden wir nach Italien schicken und unsere Kapazitäten erhöhen. Ja, wir sind auf gutem Weg, unsere Ziele zu erreichen.

Das ist eine gute Gelegenheit, um weitere Flugzeuge günstig einkaufen zu können.

Das Ziel bleibt also, 2026 225 Millionen Passagiere zu befördern? Mit wieviel Flugzeugen und welcher Auslastung wollen sie das erreichen?
Mit etwa 620 Flugzeugen. Wir haben jetzt etwa 450, werden in den kommenden fünf Jahren 210 dazu bekommen. Im Moment gibt es viele Flugzeuge am Markt und viele gute Gelegenheiten, günstig einzukaufen. Boeing kann viele Flugzeuge derzeit wegen der Krise nicht verkaufen, die Leasingfirmen sitzen auf über 500 Flugzeugen, die sie zurücknehmen müssen und nicht bezahlt bekommen. Das ist eine gute Gelegenheit, um weitere Flugzeuge günstig einkaufen zu können.

Was tut Ryanair, abseits der Anschaffung moderner Flugzeuge, um die Klimaziele zu erreichen?
Wir investieren viel Geld in neue Flugzeuge mit neuen Technologien. Diese haben 40 Prozent mehr Kapazität, verbrauchen 16 Prozent weniger Sprit, die Lärmemissionen sinken um 40 Prozent. Wir reduzieren Plastikmüll in den nächsten drei Jahren um 85 Prozent. Und wir zahlen über das Emission Trading System ETS 630 Millionen Euro im Jahr. Unfair ist dabei, dass wir das nur für die Kurz- und Mittelstrecke bezahlen, während zum Beispiel Austrian Airlines für die Langstreckenflüge nichts bezahlen muss, obwohl diese Flüge am meisten CO2 verursachen.