Als Teenager startete Theodor Wüllenkemper mit einem Segelflieger, nach dem Krieg gründete er eine Fluggesellschaft und wurde damit zum Vater der heutigen German Airways, die ihren 70 Geburtstag feiert. Eine Geschichte von Wagemut, Wandel und Westdeutschland.
Das Fliegen war für den 1925 in Essen geborenen Theodor Wüllenkemper ein Kindheitstraum. Und so lernte er als Teenager, wie man einen Segelflieger steuert. Das ging zu seiner Zeit nur bei einer Organisation. «Die Hitler-Jugend hatte eine Segelflugschule in Langenberg. Da bin ich hin. Das muss man sich so vorstellen, fünf bis sechs Mann ziehen das Flugzeug, das in ein Gummiseil gespannt ist. Dann lassen sie los, und du fliegst für fünf Minuten los. Ein großer Spaß», erzählte er einmal der NRZ Neue Ruhr Zeitung.
Doch er wollte mehr. Und so meldete er sich mit 17 Jahren bei der Luftwaffe der Wehrmacht. Er überzeugte seine Vorgesetzten und wurde als einer der Ersten für den Einsatz auf der neuen Messerschmitt Me 263 ausgebildet. Einen Kriegseinsatz geflogen sei er aber nie, versicherte Wüllenkemper später. 1945 geriet er in Österreich in Kriegsgefangenschaft. Er flüchtete und marschierte zurück ins Ruhrgebiet.
Doch mit Fliegen war jetzt nichts mehr. Die Alliierten hatten ein absolutes Flugverbot für Deutsche verhängt. Und so arbeitet Wüllenkemper erst als Maurer. Als er seine Verlobte Inge Bachmann kennenlernte, begann er im Kaffee- und Süßwarenhandel ihrer Eltern mitzutun. Und er wartete darauf, dass die Amerikaner das Fliegen wieder freigeben. 1953 war es beim Segelflug so weit.
Der junge Mann nutzte das gleich doppelt. Er flog in seinem - aus gefundenen Einzelteilen selbst zusammengebauten - Flieger und zog mitunter auch Werbebanner fürs Unternehmen seiner Schwiegereltern mit. Das erregte im Nachkriegsdeutschland Aufsehen. In der Zwischenzeit machte er in Großbritannien, Frankreich und in der Schweiz den Privatpilotenschein.
Und als 1955 auch kommerzielles Fliegen wieder erlaubt wurde, zögerte Wüllenkemper nicht. Er beantragte im Mai eine Lizenz für eine Luftfahrtgesellschaft. «Am selben Tag wie die Leute von Lufthansa und LTU», sagte er zur NRZ. Und er bekam sie am 29. Juli. Es war die Geburtsstunde der WDL Westdeutsche Luftwerbung - und damit der zweiten Fluglinie in Nachkriegsdeutschland.
Von einem britischen Bekannten hatte er für den Betrieb ein altes Motorflugzeug geschenkt bekommen. Und damit zog Wüllenkemper nun durch die Luft. Das Geschäft lief gut. Der Unternehmer und seine Lebensgefährtin gründeten eine Flugschule, sie expandieren in das Geschäft mit Agrarflügen, Luftaufnahmen und technischen Erprobungsflügen. Sie führten Flüge zu den Nordseeinseln ein, beförderten Fracht und ihre Flotte wuchs schnell auf über 40 Flugzeuge.
Die Werbeflüge führten Wüllenkemper und seine Lebensgefährtin Bachmann später mit Luftschiffen durch. Ein Geschäft, das bis heute in der 1972 gegründeten WDL Luftschiffgesellschaft weiterlebt. Das Chartergeschäft wurde 1974 in die WDL Flugdienst mit Sitz am Flughafen Köln/Bonn überführt. Die Fluggesellschaft flog jahrelang erfolgreich im Werksverkehr für Airbus, führte mit Learjets medizinische Spezialflüge durch und transportierte mit Fokker F-27 Fracht im Auftrag von Größen wie TNT Express oder UPS. Sie wurde dadurch internationaler.
Und so nannte sich die zweitälteste deutsche Fluggesellschaft 1991 in WDL Aviation um. Sie expandierte auch ins Wet-Lease-Geschäft. Mit ihren BAE 146 flog sie für Branchengrößen wie Air Berlin, Flybe, Germanwings, KLM und SAS. Dadurch erregte sie auch die Aufmerksamkeit des Berliner Logistikunternehmens Zeitfracht. 2017 kaufte es die traditionsreiche deutsche Fluggesellschaft.
Die neue Eigentümerin hatte große Pläne in der Luftfahrt. 2019 übernahm sie von Lufthansa auch die Ex-Air-Berlin-Tochter LGW Luftfahrtgesellschaft Walter und führte die beiden Airlines fortan unter einem Dach und unter einer Marke: German Airways. Doch die LGW musste Zeitfracht in der Pandemie schließen. Zeitfrachts Beteiligung Leisure Cargo ging pleite, bei der rumänischen Fluglinie Blue Air stieß das deutsche Unternehmen aus. 2021 übernahm Zeitfracht den Flughafen Rostock - verkauft ihn nun 2025 aber wieder.
Verblieben ist in der Luftfahrt einzig die WDL-Nachfolgerin German Airways, die inzwischen auch offiziell so heißt. Sie hat sich in den vergangenen Jahren als Wet-Lease-Anbieterin in Europa etabliert. Ihre Flotte besteht aus acht Embraer E190. Sie sind etwa für KLM oder Luxair unterwegs - neuerdings mit einer aufgefrischten Lackierung, welche die Nationalfarben noch stärker betont.