Schon in den 1940er-Jahren beschrieben Science-Fiction-Autoren wie Arthur C. Clarke und Murray Leinster Maschinen, die Objekte Schicht für Schicht aufbauen. Es war eine Zukunftsvision. Die Wissenschaft forschte ab den 1970er-Jahren dann wirklich an 3D-Druckern. 1984 patentierte Charles Hull die Stereolithographie, bei der UV-Laser Harz aushärten. Drei Jahre später brachte er mit dem SLA-1 den ersten kommerziellen 3D-Drucker auf den Markt.
Bis die Technik für die breite Masse erschwinglich wurde, vergingen fast 40 Jahre. In den 1990er-Jahren nutzte vor allem die Industrie die Technologie, etwa für Prototypen in der Auto- und Luftfahrtbranche. Erst 2009 liefen zentrale Patente aus, was den Einstieg in den Massenmarkt ermöglichte. Heute sind 3D-Drucker für den Hausgebrauch bereits ab etwa 300 Euro erhältlich. Und wer keinen hat, kann im Internet Selbstgedrucktes kaufen.
Pilot überlebte Absturz mit leichten Verletzungen
Dass selbstgedruckte Teile nicht immer zuverlässig sind, musste ein Privatpilot fast mit dem Leben bezahlen. Am 18. März 2025 war er mit seinem selbstgebauten Flugzeug vom Typ Cozy Mk IV vom Flughafen Gloucestershire in Mittelengland zu einem Übungsflug gestartet. Der verlief zunächst problemlos. Beim Durchstarten im Endanflug in etwa 500 Fuß, was rund 150 Metern entspricht, musste er aber feststellen, dass der Motor plötzlich die Leistung verlor.
Dem Piloten blieben nur noch wenige Optionen. Es gelang ihm zwar, eine Straße und eine Baumreihe am Rand des Flugplatzes knapp zu überfliegen, doch dann kollidierte das Kleinflugzeug mit dem ILS-Lokalisator und kam seitlich der Landebahn zum Stehen. Der Pilot überlebte den Absturz mit leichten Verletzungen, das Flugzeug wurde dabei komplett zerstört.
Bauteil kam aus einem 3D-Drucker in den USA
Die britische Flugunfalluntersuchungsbehörde AAIB veröffentlichte nun den Unfallbericht. Als Ursache nannte sie einen Ansaugkrümmer aus «ungeeignetem Material». Der Besitzer erklärte während der Ermittlungen, dass er das Bauteil, das ihn fast das Leben gekostet hätte, als 3D-gedrucktes Teil auf einer Flugshow in den USA gekauft hatte.
Der Ansaugkrümmer aus dem 3D-Drucker war Auslöser des Unfalls. AAIB
Der Verkäufer hatte ihm versichert, dass der Ansaugkrümmer aus einem Material gedruckt worden sei, das Temperaturen bis 105 Grad standhalten würde. Untersuchungen der AAIB zeigten jedoch, dass es sich um Standardmaterial handelte, das bereits bei 54 Grad zu schmelzen beginnt. Laut Hersteller muss der Ansaugkrümmer aus vier Lagen bidirektionalem Glasfasergewebe mit Epoxidharz bestehen, das Temperaturen von bis zu 84 Grad standhält.
Bauteil bei der Modifikation nicht angegeben
Zudem fehlte beim 3D-gedruckten Ansaugkrümmer ein Abschnitt aus Aluminiumrohr an seinem vorderen Ende. Dieser sollte dem Krümmer zusätzliche strukturelle Unterstützung bieten. Letztlich verlor der Motor im Endanflug an Leistung, weil der Kunststoff-Luftansaugkrümmer schmolz und kollabierte – dadurch wurde der Ansaugluftstrom des Motors stark reduziert.
Doch wie gelangte das Teil unbemerkt in den Motor des Flugzeugs? Der Besitzer hatte den Motor 2019 selbst modifiziert und die entsprechenden Formulare bei der Light Aircraft Association LAA, dem Verband für Leichtflugzeugen, eingereicht. Dieser bewertete die Änderung als geringfügig und verlangte eine detaillierte Teileliste. Allerdings fehlte darin der 3D-gedruckte Luftansaugkrümmer – er wurde daher nie offiziell geprüft. Die Light Aircraft Association gab als Reaktion eine Warnung heraus: Künftig sollen Prüfer der LAA besonders auf 3D-gedruckte Bauteile achten.
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