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ACA Präsidentin

Freiheitskämpferin mit vier Streifen

Isabel Doppelreiter - Präsidentin der Austrian Cockpit Association (ACA) - im Interview mit Michael Csoklich.

Mit

Frauen im Cockpit haben noch immer Seltenheitswert. Eine von Ihnen ist Isabel Doppelreiter – sie ist auch Präsidentin der Austrian Cockpit Association (ACA). Damit hat sie Vorbildfunktion, auch weil sie die einzige Frau in einer solchen Funktion weltweit ist. Michael Csoklich hat mit Isabel Doppelreiter das folgende Interview über die Faszination Fliegen, die metoo-Debatte und die Grenzen beim Fliegen geführt.

Zur Person:

Seit November 2016 ist First Officer Isabel Doppelreiter Präsidentin der Austrian Cockpit Association. Die österreichische Pilotenvereinigung ACA ist damit die erste weltweit, die eine Frau an ihrer Spitze hat.

Isabel Doppelreiter fliegt seit 2008 für die Austrian Airlines (bis 2012 in der AUA Tochter Tyrolean Airways), zuerst als First Officer in einer Fokker 100/70 dann als First Officer in einer Embraer 195 und jetzt upgrade zum Kapitän Dash 8-400. Sie ist zusätzlich als Trainerin für Flugsicherheit (CRM) und im Team der “IFALPA Accredited Accident Investigators” tätig.

Ihre Karriere in der Luftfahrt begann die heute 36-jährige Isabel Doppelreiter nicht im Cockpit, sondern als Flight Attendant bei Lauda Air.

In ihrer Freizeit engagierte sie sich ehrenamtlich bereits fünfmal im Global White Lion Protection Trust in Timbavati und einmal bei Daktari Bush School & Wildlife Orphenage in Hoedspruit.

 

Frau Doppelreiter, was fasziniert Sie am Fliegen?

Die ständige Abwechslung, das Arbeiten mit vielen verschiedenen Crews, die Aussicht, die Herausforderung, der Lebensstil, nicht von 9 bis 17 Uhr in einem Büro zu sitzen – ja das ganze Paket eigentlich.

Familiär sind Sie ja eher mit Autos und schnell fahren vorbelastet, warum sind Sie doch zum Fliegen gekommen?

Meine Eltern haben einen Autohandel betrieben, mein Vater ist viel Rallye gefahren und mein Bruder ist ihm gefolgt. Ich bin schon als Kind auf der Hebebühne herumgekraxelt oder war bei Sonderprüfungen dabei. Das hat mir nie so getaugt, lieber wäre ich im Reitstall bei den Pferden gewesen oder mit einem Hund spazieren gegangen. Aber weil ich aus einer Familie komme, wo nichts unmöglich ist und ich immer gefördert wurde, egal was ich mache wollte, hat mich später, als Flugbegleiterin, dann doch die technische Seite angelacht.

Sie haben als Flugbegleiterin bei Lauda Air begonnen, Leidenschaft, sagen Sie, hat das Flugbegleiter-Dasein bei Ihnen keine geweckt. Warum? 

Ich habe nach der Matura nicht gewusst, was ich studieren soll. Da haben mich meine Eltern gefragt, ob ich nicht arbeiten gehen könnte, mein Bruder war nämlich gerade auf der Montanuni in Leoben und zwei Kindern ein Studium zu finanzieren, war nicht möglich. Durch eine Freundin bin ich dann zu Lauda Air als Flugbegleiterin gekommen. Mich hat das nie interessiert, aber ich habe mir gedacht, warum nicht, ist ja sicher ganz nett. Da habe ich dann gemerkt, dass dieser Lebensstil das Richtige für mich ist.

Da ist der Funke übergesprungen.

Genau. Ich habe viele Pausen am Flight Deck verbracht und zugeschaut und ich habe mir gedacht, hier vorne ist es schon netter als hinten. So hat es begonnen.

Fliegen, Pilotin zu werden, das sich also während Ihrer Zeit als Flugbegleiterin ergeben? Motto: «Jetzt will ich es wissen»?

Ja genau. Nach fünf Jahren habe ich gekündigt, bin nach Ottawa in Kanada gezogen, da habe ich mit 16 schon ein Austauschjahr verbracht, das Land war mir vertraut und ich habe mich dort wohl gefühlt. Ich habe dort mit der Pilotenausbildung begonnen und bin heute noch froh über meine Entscheidung, weil sie mir sehr viel gebracht hat.

Sie sind jetzt eine der wenigen weiblichen Pilotinnen. Von über 8.000 in Österreich registrierten Piloten sind nur ca. 5 Prozent weiblich.

Ich glaube wir sind sogar darunter.

Warum?

Weil es zu wenige weibliche Vorbilder gibt. Wir Frauen richten uns nicht nach männlichen Vorbildern, sondern nach weiblichen Vorbildern, und die fehlen. Ich glaube nicht, dass Frauen nicht fliegen wollen oder es nicht können. Aber sie kommen oft gar nicht auf die Idee, dass das möglich ist. Mein großer Wunsch, auch mit meiner Arbeit in der ACA, ist es, mehr in die Öffentlichkeit zu treten und zu zeigen, es ist möglich. Ich möchte keine Frau überreden, ich möchte, dass jede Frau weiß, dass sie die Wahl hat. Wenn eine Frau eine Vollzeit-Mama sein will, dann soll sie Vollzeit-Mama sein, dann ist es ihre Entscheidung. Ich möchte den Frauen Chancen aufzeigen und anbieten, damit sie etwas machen können, wenn sie es wollen.

Leben wir mit unseren Rollenbildern zu sehr in Stereotypen?

Ja, glaube ich schon. Ich ertappe mich ja selber dabei. Wenn ich einen Kindergärtner sehe, schaue ich zweimal hin, weil es kein Bild ist, das ich gewohnt bin. Ich freue mich, denke mir, wir gehen in die richtige Richtung, aber es ist ein ungewohntes Bild.

Auch bei Piloten gibt es ja Klischees. Sie kommen in der Welt herum, tragen Verantwortung, haben im Cockpit keinen oder nur einen Vorgesetzten, zählen zu den Topverdienern. Warum finden das vor allem Männer attraktiv?

Wie gesagt, der Hauptgrund sind die fehlenden Vorbilder. Im Flugbetrieb arbeiten sehr viel mehr Frauen als Männer. Ob die Schichtdienste, das lange weg sein, die Dienstpläne – da gibt es keinen Unterschied zwischen Flugbegleiterin und Pilotin. Trotzdem sagen viele Frauen, wenn es um den Job als Pilotin geht, das lässt sich mit Familie nicht vereinbaren. Stimmt nicht! Flugbegleiterin oder Pilotin – das macht keinen Unterschied.

Braucht es mehr Aufklärung?

Ja, es braucht mehr Aufklärung, mehr Öffentlichkeitsarbeit. Aber da sind wir ja nicht die einzige Berufssparte.

Sie sind als Präsidentin der österreichischen Pilotenvereinigung jetzt ein Vorbild. Wie merken Sie das? Gibt es mehr Interessentinnen?

Ich habe es ganz extrem gespürt, weil wir ja die erste Pilotenvereinigung weltweit sind, die eine Frau an der Spitze haben. Ich wurde herzlich empfangen und habe nie das Gefühl gehabt, dass ich da nicht herpasse, dass mich jemand nicht will – das war eine wunderschöne Erfahrung. Und ich spüre, dass jetzt mehr Frauen anwesend sind und in den Pilotenvereinigungen nach oben steigen.

Das Interesse steigt also, aber es braucht offensichtlich viele Jahre, bis sich das auch mit mehr Pilotinnen im Cockpit manifestiert. Wollen Sie so lange Präsidentin bleiben?

Ich gebe zu, ich habe zuerst gesagt ich mache die zwei Jahre und dann schauen wir weiter. Aber es macht viel Spaß, ich lerne sehr viel, nehme viel an Erfahrung mit, deshalb will ich weitermachen und inspirieren. Wenn dann einmal mehr Frauen um mich herum sind, dann kann es sein, dass ich sage, es soll die nächste ran. Noch aber habe ich den Atem dazu, weiterzumachen.

Was ist denn ihre wichtigste Aufgabe als Präsidentin des ACA? 

Erstens weiterhin für die Flugsicherheit zu sorgen, zweitens zu schauen, dass die Pilotenrechte weltweit einen gewissen Standard beibehalten, drittens Lobbying – also mitsprechen, mitverändern, in Brüssel und im EU-Parlament stehen und sagen was uns betrifft und was uns wichtig ist – und viertens den Beruf des Piloten wieder aufzuwerten, weil er in den letzten Jahren doch an Ansehen verloren hat.

Warum? 

Es ist mir vorgekommen, dass die Neiddebatten in den Medien extrem sind. Wenn wir als Piloten sagen, wir möchten mehr Geld, wird das in den Medien so abgehandelt, als wären wir mit nichts zufrieden und seien wir Schwerverdiener. Ich denke, für die Arbeit die wir machen, für die Ausbildung, die wir zum Teil selbst bezahlt haben und die Jahre gedauert hat, für die Simulatorchecks, die wir regelmäßig absolvieren müssen, für die Verantwortung, die wir tagtäglich im Cockpit tragen, haben wir das Recht, etwas zu verlangen. Da haben wir durch die Neiddebatte in der österreichischen Gesellschaft leider an Wert und Ansehen verloren und das möchte ich wieder aufwerten.

Ist es eine Neiddebatte oder verstehen Medien und Menschen vielleicht nicht ganz, was da vor sich geht?

Ich glaube, deren Bild deckt sich nicht mit der Realität. Wenn die richtigen Zahlen im Spiel sind, dann ist das Verständnis rasch da.

Zurück zur Aufklärung für die Frauen. Sie haben einmal gemeint, es gehe darum, die vielzitierte gläserne Decke zum Einsturz bringen. Wie macht man das?

Ja wie macht man das? Sich immer wieder den Kopf anzustoßen und weiter an der Decke zu kratzen. Wir arbeiten an allen Ecken und Enden der Welt zusammen, damit die gläserne Decke bricht.

Der Eindruck ist, dass die Männer die Decke schneller reparieren als die Frauen diese durchbrechen können.

Nein, das ist ja keine Feindschaft oder ein Kampf. Aber es braucht halt mehrere Anläufe, bis man in der Decke eine Delle oder einen Sprung sieht. Zwischendurch müssen wir auch Scherben aufklauben, aber wir sind am richtigen Weg. Und für die Frauen, die noch kommen, wird die Welt eine andere werden.

Sie müssen also Überzeugungsarbeit leisten. Wie bringen sie Frauen dazu, Pilotin zu werden statt Lehrer oder Arzt?

Es ist ja nicht mein Ziel Frauen zu überreden, Pilotin zu werden. Mein Ziel ist es Frauen zu zeigen, das kannst du machen oder das, suche dir aus, was du machen willst. Wenn eine Frau Lehrerin werden will, ist das völlig in Ordnung, ich bewerte das nicht.

Aber sie soll die Alternative kennen.

Sie soll wissen, dass auch etwas anderes möglich ist und wie es funktionieren kann. Meine persönliche Förderung von Frauen ist es, offen auf alle Frauen zuzugehen und das Bewusstsein bei Frauen zu fördern.

Sie wollen also eine Gleichbehandlung der Frauen, wie stehen Sie zu Quoten?

Ich bin absolut gegen Quoten, das würde in die falsche Richtung gehen.

Aber viele sehen darin das einzige Mittel. 

Wenn man bei uns in einer Selektion seine Leistung bringt, wird man als Frau genau so berücksichtigt wie ein Mann. Quoten lehne ich bei uns auf jeden Fall ab. Andere Berufssparten kann ich nicht bewerten, vielleicht ist es da wirklich schwieriger, als Frau hineinzukommen.

Wir reden jetzt schon lange über das Thema Frau. Geht es Ihnen auf die Nerven, ständig auf das Frauenbild angesprochen zu werden?

Am Anfang war das so. Aber mittlerweile sehe ich es anders, ich bin das Sprachrohr und mache das gerne. Wenn das wer hört, wenn es wem hilft und wenn eine Frau sagt, das kann ich auch, hat es den Sinn und Zweck erfüllt. Nein, es stört mich nicht mehr.

Einen Mann fragt man auch nicht, wie er mit Kinderbetreuung umgeht.

Sollte man aber!

Ist Frauenfeindlichkeit im Cockpit ein Thema?

Doch es kommt vor, natürlich, aber es passiert nicht täglich. In meinen 10 Jahren habe ich einmal eine Auseinandersetzung mit einem Kollegen gehabt. Ich glaube, es gibt ganz wenige Männer, die es im Cockpit aktiv ansprechen würden, sollten sie etwas gegen Frauen haben. Kann sein, dass sie beim Heimfahren oder in der Kantine mit den anderen Kollegen Kommentare abgeben, die wir als Frauen nicht hören. Aber in der Regel sind die Männer zu professionell und höflich genug und es gibt ja doch gewisse Vorstellungen, wie man sich im Cockpit verhalten soll.

Die #metoo Debatte ist in aller Munde. Ist das Thema sexuelle Belästigung eines, mit dem Sie sich beschäftigen müssen?

Ja, es kommt sicher vor, das macht auch nicht vor unserer Industrie halt. Das kann viele Bereiche betreffen. Die Crew, die Flugbegleiter in der Kabine mit Passagieren, im Hotel. Sobald es ein Machtverhältnis gibt, und das gibt es an Bord mit dem Kapitän als Chef, können Grenzen überschritten werden, und sei es unbewusst. Oft passieren da Witze oder Aussagen, die nicht böse gemeint sind, aber eine 18jährige Flugbegleiterin nimmt es vielleicht persönlich und traut sich dann oft nichts zu sagen wegen der Machtverhältnisse. Ich möchte da Augen öffnen und ein Umdenken bewirken.

Ist es ein wichtiges Thema innerhalb der Crews?

Ja, ich finde es wichtig. Durch die weltweite #metoo Debatte ist klar geworden, dass viele Dinge passiert sind und Frauen sie nicht angesprochen haben. Aus Angst vor Jobverlust, aus Angst, dass ihnen nicht geglaubt wird, oder aus Angst, dass sie selbst angeprangert werden. Das ist sicher auch bei uns vorgekommen und ein Thema, bei dem sicher mehr passiert ist, als die Leute erzählen. Als Frau sind Vorkommnisse für mich leichter spürbar, ich kann das vielleicht abblocken und auch Kollegen sagen, wenn etwas nicht in Ordnung war.

Sehen Sie sich als Anlaufstelle für Frauen?

Ja, das bin ich für Crews automatisch geworden. Ich kann nur zuhören und verweise dann auf die Vertrauensflugbegleiter und Vertrauenspiloten, die bei der AUA ja etabliert sind.

Was machen Frauen im Cockpit anders als Männer?

Das kann ich schwer sagen, weil mein Gegenüber im Cockpit meistens ein Mann ist. Ich habe eine Studie gelesen, wonach Frauen weniger risikofreudig wären als Männer. Das mag stimmen oder auch nicht. Ich bin sicher, es gibt Frauen, die genau so risikofreudig sind wie Männer – und umgekehrt. Ich glaube, es ist eine Charaktersache. Jeder kann diese Eigenschaften mitbringen, die man braucht, um Pilot zu werden und um einen professionellen, tollen Job zu leisten. Egal, ob man Mann oder Frau ist.

Sie sind First Officer, sitzen rechts im Cockpit, wann rücken Sie nach links auf den Pilotensitz?

Ich sitze schon links, bin aber noch in der Umschulung auf Kapitän, mit einem Lehrer, der rechts von mir sitzt. Ich habe noch vierzig Flüge vor mir, dann sollte ich links mit 4 Streifen sitzen.

Wie wichtig ist der vierte Streifen?

Man beginnt rechts als Copilot, und es ist der natürliche Karriereschritt, dass man links mit vier Streifen sitzen will. Niemand wird Pilot, um bis zur Pension Copilot zu bleiben.

Links zu sitzen, also Kapitän zu sein, bringt mehr Verantwortung, ein höheres Gehalt – was ist abgesehen davon der wichtigste Unterschied ob man rechts oder links sitzt?

Das Wissen wenn ich einsteige, das ist jetzt mein Flugzeug. Ich trage für alle Verantwortung, ich muss aufpassen, dass alles in Ordnung ist, dass alle von A nach B kommen, dass niemandem von uns etwas zustößt. Das ist ein schönes Gefühl, aber eine Riesenverantwortung. Ich muss lächeln, wenn ich einsteige, weil es schon schön ist.

Wenn ich Ihnen zuhöre und Sie ansehe, schwingt da schon mit: ich habe es geschafft!

Ja! Man ist dort, wo man von Anfang an hin will. Wenn man seinen ersten Flug in der Cessna 150 absolviert denkt man sich: Irgendwann habe ich den vierten Streifen und bin der Chef meines Flugzeugs.

Sie fliegen jetzt Kurzstrecke, ist Langstrecke ein Ziel? 

Nein, für mich nicht. Ich war als Flugbegleiterin fünf Jahre auf Langstrecke unterwegs. Das hat Spaß gemacht, aber ich möchte lieber mehr in meiner Zeitzone bleiben, das macht meinem Körper und meinem Kopf mehr Spaß. Ich habe an meinem freien Tag wirklich den ganzen Tag frei und muss nicht vor- oder nachschlafen und es gefallen mir die vielen Starts und Landungen. Ich mag die Kurzstrecke einfach. Vielleicht antworte ich in fünf Jahren etwas anderes, aber jetzt ist es so.

Sobald es die neuen Langstreckenflugzeuge gibt. 

Ja, vielleicht.

Im Cockpit werden Sie manchmal mit Extremsituationen konfrontiert. Waren Sie schon einmal im Grenzbereich? 

Als Copilot hat es ein einschneidendes Erlebnis gegeben, das mir im Kopf geblieben sind. Das war einmal beim Anflug auf Sarajewo, da war es wirklich recht stürmisch. Da war ich gerade ein halbes, dreiviertel Jahr dabei und bin mit einer Frau Kapitän geflogen, die mir auch als extrem kompetent, nett und professionell in Erinnerung ist. Wir sind da gemeinsam hineingeflogen, und mir hat es sehr gefallen, wie sie das ganze gemanagt hat. Die Risikoeinschätzung, wie sie immer mit mir geredet hat, was machen wir als nächstes, bist du damit einverstanden, geht es dir gut damit, hast du noch etwas, was du sagen willst, habe ich vielleicht etwas vergessen. Damals habe ich viel gelernt und mir gedacht: So möchte ich als Kapitän auch meinen Copiloten mitnehmen und seine Ressourcen nutzen.

Wir sind alle gut trainiert, wir sind alle für diesen Job selektiert, wir wissen, mit Risikos umzugehen, wir haben unsere eigenen Checklisten im Kopf, die wir uns einfach anfertigen, wir haben die Checklisten, die im Flugzeug sind, wir arbeiten Punkte ab, arbeiten sehr genau miteinander und jeder weiß immer, was der andere  gerade tut. Gemeinsam ein Problem zu lösen, das ist das tolle an unserem Beruf.

Welche Grenzen gibt es für Sie beim Fliegen, was würden Sie als Pilotin nicht mehr tun?  

Meine persönlichen Grenzen sind immer höher als die, die rechtlich vorgegeben sind. Ich muss mich damit wohlfühlen. Was gang ganz wichtig ist: Wenn ich in ein Flugzeug einsteige – ich muss vorher definieren, was ist heute mein Stoppschild. Wenn ich das erst in der Luft überlegen muss, nehme ich mir selber Zeit und bringe mich in eine Stresssituation.

Sie legen also vorher fest, was Sie nicht mehr tun, obwohl Sie es sogar dürften.

Ja genau. Man muss nicht immer ans Limit gehen, das ist nicht meine Einstellung des Lebens.

Sie bezeichnen sich als “Macherin”. Wie meinen Sie das?

Ich mache gerne, ich entscheide gerne mit, ich bin kein Jammerer. Ich mag es nicht, nachher zu sagen, ich hätte es aber anders gemacht. Dann hätte ich es selber machen müssen.

Sie sind also eher aktiv als passiv. Sitzen viele Menschen zu passiv auf ihrem Hintern? 

Ja.

Wie kann man das ändern?

Man kann nur motivieren und inspirieren, ändern muss es jeder für sich selber.

Sie sind jetzt bald Kapitän, oder heißt es Kapitänin? 

Das weiß ich selbst auch noch nicht.

Wie sehen Sie ihre Zukunft? Gibt es einen Wunsch-Flugzeugtyp, eine Wunsch-Airline? Oder wollen Sie einmal ins Management? 

Andere Flugzeugtypen und Destinationen ergeben sich aus der Seniorität. Wenn also auf einer anderen Flotte eine Position frei wird, werde ich sicher wechseln. Als Managerin sehe ich mich nicht, ich bin mehr der Freiheitskämpfer, der Vorreiter für die Frauen, da fühle ich mich wohl und das mache ich gerne. Was das Leben bringt? Ich lasse mich überraschen.