Seit zehn Jahren ist Çelebi Aviation in Indien tätig - zuletzt an neun Flughäfen. Doch weil die Türkei im Kaschmir-Konflikt auf der Seite von Pakistan steht, hat die indische Regierung dem türkischen Bodenabfertigungsunternehmen die Lizenz entzogen. Und das ab sofort.
Es waren mehr als Scharmützel. Nach dem blutigen Anschlag mit 28 Toten im indischen Teil Kaschmirs eskalierte die Lage. Indien und Pakistan begannen, sich mit Raketen zu beschießen. Inzwischen haben sich die beiden Nachbarn auf einen Waffenstillstand geeinigt. Doch die Nerven liegen immer noch blank.
Das bekommt auch die Türkei zu spüren. Denn das Land hat sich in der Auseinandersetzung öffentlich auf die Seite von Pakistan geschlagen. Das kommt in Indien schlecht an. Dort gibt es laute Boykottaufrufe. Und die wirken offenbar. Das Online-Reisebüro Make My Trip erklärte, die Buchungen in die Türkei seine um 60 Prozent gesunken, die Annullierungen hätten sich mehr als verdreifacht.
Aber auch andere Produkte werden boykottiert. So hat gemäß dem Portal Live Mint die All India Consumer Products Distributors Federation, die 450.000 Händler vertritt, dazu aufgerufen, Kaffee, Kekse, Marmelade, Schokolade, Sirup, Tee oder Waffeln aus der Türkei nicht mehr anzubieten. Auch Körperpflegeprodukte wie Duschgels, Feuchttücher, Kosmetika und Hautcrèmes sollen aus den Regalen verschwinden.
Besonders hart trifft es aber Çelebi Aviation, die seit zehn Jahren in Indien aktiv ist. Das türkische Bodenabfertigungsunternehmen war an neun indischen Flughäfen präsent, darunter Bangalore, Chennai, Delhi, Goa und Mumbai. Doch am 15. Mai hat die indische Regierung deren Sicherheitsgenehmigung mit sofortiger Wirkung widerrufen. Dies geschehe «im Interesse der nationalen Sicherheit», teilte sie mit. Dadurch darf Çelebi ab sofort nicht mehr an indischen Flughäfen aktiv sein.
Der türkische Konzern, der mit rund 16.000 Mitarbeitenden an 70 Flughäfen in Deutschland, Ungarn, Indien, Indonesien, Tansania und der Türkei tätig ist, zeigt sich überrascht. «Als globales Unternehmen führen wir unsere Aktivitäten in allen Ländern, in denen wir tätig sind, in voller Übereinstimmung mit den lokalen Vorschriften und internationalen Standards fort», so Çelebi Aviation in einer Stellungnahme.
Der Konzern ist deshalb ans oberste Gericht im indischen Unionsterritorium Delhi gelangt. «Es wurde kein Grund genannt und keine Gelegenheit zur Anhörung gegeben. Es scheint, dass die öffentliche Wahrnehmung der Tatsache geschuldet ist, dass türkische Staatsangehörige Anteile an diesem Unternehmen halten», erklärte der Anwalt von Çelebi Aviation bei der Verhandlung vom Montag (19. Mai) gemäß dem TV-Sender NDTV vor dem Delhi High Court. Der Richter erklärte aber: «It is better to be safe than sorry», also in etwa: «Vorsicht ist besser als Nachsicht».
Der Generalstaatsanwalt von Delhi dagegen argumentierte mit Bezug auf die Angestellten von Çelebi Aviation: «Jede solche Person kennt die Ecken und Winkel von Flugzeugen und Flughäfen». Man habe es daher mit «dem heikelsten Thema der Zivilluftfahrt und der nationalen Sicherheit und Souveränität der Nation zu tun». Die Urteilsverkündung wurde zunächst verschoben. Das Abfertigungsunternehmen scheint aber einen sehr schweren Stand zu haben.