Jede Nacht schlafen bis zu 400 Obdachlose in den Terminals des Flughafens Madrid. Tendenz steigend. Die Behörden streiten, wer zuständig ist - und nichts passiert. Nun führt die Betreiberin eine Zutrittskontrolle ein. Doch auch das hat Kehrseiten.
Flughäfen ziehen Obdachlose an. Denn es gibt Läden und öffentliche Toiletten, es ist geheizt und es ist immer viel los. Und es gibt viele versteckte Ecken, Eingänge, Treppen und Parkhäuser, wo man unerkannt und in Ruhe schlafen kann.
Das ist auch am Flughafen Madrid der Fall. Tag für Tag nächtigen zwischen 300 und 400 Menschen dort. Tendenz steigend. Unter diesen Männern und Frauen befinden sich laut der Zeitung El Pais mitunter Kranke, Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und Süchtige. Bilder zeigen Personen, die in Schlafsäcken am Check-in nächtigen, unter Schaltern schlafen oder einfach neben vollgepackten Gepäckwagen sitzend dösen.
Dabei kommt es mitunter zu tragischen Ereignissen. Vor einigen Wochen wurde ein Obdachloser tot vor einem Café in Terminal 4 aufgefunden. Die Polizei entdeckte den Mann gegen 8 Uhr morgens. Er war zu diesem Zeitpunkt schon seit Stunden tot. Ein Sicherheitsproblem stellen die Flughafenstreicher kaum dar, wie viele betonen. Die Gewerkschaft der Angestellten des Flughafens sieht das aber anders: Es komme zu Aggressionen, Drohungen und Raub.
Madrids Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida sagte dr Zeitung ABC zudem, der Flughafen sei das internationale Eingangstor zur Stadt und die Situation mit so vielen Obdachlosen schade dem Image der Stadt erheblich. Es müsse deshalb etwas geschehen.
Doch bisher passierte wenig. Denn niemand will zuständig sein. Die Stadt Madrid fordert ein gemeinsames Handeln aller Verwaltungsstellen. Statt jedoch die Region Madrid oder Nachbarstädte wie Alcorcón, Móstoles oder Majadahonda einzubeziehen, sieht sie ausschließlich die Zentralregierung in der Verantwortung.
Die Zentralregierung wiederum sieht es genau umgekehrt. Und so geschieht nichts. Flughafenbetreiberin Aena sieht ebenfalls die Stadt in der Pflicht. In einem zehnseitigen Schreiben wirft sie ihr gemäß El Pais eine «starre» Haltung vor. Sie wolle nur jene Personen versorgen, die einen Bezug zu Madrid hätten – also dort gemeldet seien oder bereits früher durch Sozialdienste betreut wurden. Damit würde jedoch ein erheblicher Teil der Randständigen von der Hilfe ausgeschlossen.
Flughafenbetreiberin Aena hat nun abends Kontrollen an den Eingängen zu den Terminals des Aeropuerto Adolfo Suárez Madrid-Barajas eingeführt. Dann werden nur noch Menschen hineingelassen, die eine Bordkarte haben oder am Flughafen arbeiten. Das hat aber auch Kehrseiten: Reisenden könnten in der Hochsaison Schlangen vor den Terminals drohen. Und die Obdachlosen stehen nun ohne Schlafstätte da.
Madrid ist mit der Herausforderung nicht alleine. Beispielsweise leben auch am Flughafen Frankfurt rund 200 Obdachlose. Er investierte deshalb in eine zweite Streetworker-Stelle, die sich um diese Menschen kümmert.