Letzte Aktualisierung: um 11:25 Uhr

Eduardo Fairen, TAAG

«Beschäftigen uns vor allem mit Boeing 787 und Airbus A330 Neo»

Eduardo Fairen steht seit bald zwei Jahren an der Spitze der angolanischen Nationalairline TAAG. Im Interview spricht er über die Erneuerung der Langstreckenflotte, neue Ziele in Europa und Amerika, Luanda als Umsteigeflughafen und den Airbus A220.

TAAG hat letztes Jahr einen Gewinn erzielt – den ersten Gewinn seit vielen Jahren. Wie haben Sie das geschafft?
Eduardo Fairen*: Wenn man eine Fluggesellschaft umstrukturieren will, muss man sich zunächst einen Überblick über die Situation verschaffen, dann alle Konten prüfen und einige sehr schwierige Entscheidungen bezüglich der Kosten treffen. Man muss das Geschäft an der Realität ausrichten. Genau das haben wir getan. Und wir sind auf der kommerziellen Seite sehr aggressiv vorgegangen. Im Jahr 2022 boten wir eine Kapazität von 56 Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie an und wir haben trotzdem fast die gleiche Anzahl von Passagieren befördert. Das zeigt, was möglich ist.

Sie mussten die Kosten senken. Mussten Sie auch die Zahl der Mitarbeitenden reduzieren?
TAAG hat eine große Anzahl von Mitarbeitenden. Als ich hier ankam, waren es 2800 Menschen. In den kommenden Jahren werden wir 800 Angestellte verlieren. Der Grund dafür ist, dass ein großer Teil der Belegschaft bald in das Rentenalter kommt. Wir haben also vorher nicht zu viel gekürzt. Diese Situation ist ein großes potenzielles Problem für uns, denn wir wollen wachsen. Gleichzeitig müssen wir viele in den Ruhestand schicken. Wir werden also eine Menge Leute einstellen und ausbilden müssen, vor allem im technischen Bereich.

Sie haben 2022 eine Million Passagiere befördert. Aber Ihr Ziel sind drei Millionen bis 2027. Wie wollen Sie das erreichen?
Wir müssen unser aktuelles Netz ausbauen und die Anzahl der Flugzeuge in unserer Flotte vernünftig erhöhen. Dafür haben wir einen Plan, wie Sie an den zusätzlichen Leasingverträgen für Airbus A220 gesehen haben, die wir auf der Paris Air Show angekündigt haben. Wir wissen auch, wie und wohin wir mit diesen Flugzeugen fliegen wollen. In den kommenden Monaten werden wir diesen Plan in die Tat umsetzen. Bitte denken Sie daran: In Luanda wird derzeit ein neuer Flughafen gebaut. Das wird uns sehr dabei helfen, ein Drehkreuz im südlichen Afrika zu werden.

Wir planen die Eröffnung von bis zu 25 verschiedenen Zielen in Afrika.

Zwischen welchen Regionen wollen Sie Passagiere verbinden?
Wir bieten derzeit fünf Flüge pro Woche von Luanda nach São Paulo an und werden ab August auf sechs Flüge aufstocken. Wahrscheinlich werden wir bis Ende des Jahres auf sieben gehen. Wir haben 14 wöchentliche Frequenzen, das heißt zwei tägliche Flüge, nach Lissabon und drei wöchentliche Flüge nach Madrid. Wir sind derzeit dabei, einige neue internationale Ziele zu erkunden. Zugleich fliegen wir Johannesburg, Kapstadt, Windhoek, Kinshasa, Pointe-Noire und Lagos auf regionaler Ebene an sowie in der portugiesischsprachigen Welt Maputo und Sao Tomé. Wir planen die Eröffnung von bis zu 25 verschiedenen Zielen in Afrika. Der Kontinent besteht aus 52 Ländern. Sobald wir die neuen Flugzeuge erhalten, werden wir damit beginnen, neue Strecken im Rahmen unserer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu eröffnen. Das eröffnet uns neue Möglichkeiten.

Sie wollen auf 25 Reiseziele in Afrika wachsen. Werden diese über den ganzen Kontinent verstreut sein oder sich auf den Süden oder Westen konzentrieren?
Überall in der Region. Wenn es Sinn macht, eine Strecke zu eröffnen, werden wir sie fliegen. Aber wir werden nicht nur zum Spaß dorthin fliegen, wir wollen Geld verdienen. Zuerst werden wir die Frequenzen erhöhen, dann Schritt für Schritt neue Ziele aufnehmen.

TAAG bietet auf der Langstrecke noch etwas, was immer weniger Fluggesellschaften tun. In Ihren Boeing 777 gibt es eine First Class. Wie wichtig ist das noch, um Reisende anzuziehen?
Wir sind in den letzten Zügen, um unser neues Bordprodukt zu definieren. Wir wollen es einführen, sobald wir bereit sind. Wir wollen die Nachrüstungen in den kommenden zwölf Monaten abschließen. Wir beginnen mit der Boeing-737-Flotte und werden danach mit den Boeing 777 fortfahren. Die Anzahl der Sitze, das Raumangebot und das gesamte Angebot werden an die Standards des 21. Jahrhunderts angepasst. Gleichzeitig werden wir aber immer den afrikanischen Geist mit angolanischem Aroma sowie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

Wir suchen auf dem europäischen, aber noch mehr auf dem amerikanischen Kontinent.

Wenn ich Sie richtig verstehe, bevorzugen Sie eine gute Business Class gegenüber einer mittelmäßigen Ersten Klasse?
Das habe ich nicht gesagt. Wir wollen unsere Angebote an Bord und am Flughafen erneuern. Sie sind teilweise veraltet. Mehr kann ich in diesem Stadium nicht sagen. Aber ich habe nicht gesagt, dass wir irgendeine Klasse, die wir jetzt haben, abschaffen werden.

Also werden Sie sie beibehalten?
Wir prüfen alle Möglichkeiten.

TAAG möchte mehr Transitpassagiere und mehr Verkehr nach Angola locken. Dennoch ist es nach wie vor sehr schwierig, ein Visum zu erhalten.
Die angolanischen Behörden und die wichtigsten Interessengruppen, insbesondere im Tourismussektor, arbeiten an der Verbesserung dieser Anforderung. Angola ist ein Land, das für ausländische Investitionen offen ist und ein großes touristisches Potenzial hat, das es zu erkunden gilt, sodass die Behörden diese Probleme mit der Visumserteilung wahrscheinlich in Angriff nehmen werden. Ein wichtiger Punkt der Veränderung ist die Infrastruktur, nämlich der neue internationale Flughafen von Luanda, der einen wichtigen technologischen Sprung und optimierte Bedingungen für die Einreise bei der Bearbeitung des Visumverfahrens bieten wird.

Seit 2019 darf TAAG wieder nach Europa fliegen. Allerdings ist die Zahl der Ziele mit Lissabon und Madrid noch gering. Warum ist das so?
Wir möchten weitere Ziele hinzufügen, um das zu korrigieren. Aber wir haben noch keine Entscheidung getroffen.

Welche Länder haben Sie im Auge?
Wir suchen auf dem europäischen, aber noch mehr auf dem amerikanischen Kontinent.

Boeing 777 von TAAG. Bild: aeroTELEGRAPH

Sie bieten Codeshare-Flüge nach Frankfurt mit Lufthansa an. Sehen Sie weitere Möglichkeiten für Codeshares mit anderen europäischen Fluggesellschaften?
Wir haben 29 Abkommen mit verschiedenen Fluggesellschaften in der Welt. Wir kooperieren nicht nur mit der Lufthansa, sondern auch mit Iberia in Spanien und Gol in Brasilien. Wenn es für beide Seiten ein Gewinn ist, ist es für uns interessant. Ansonsten machen wir es nicht.

Wie viele Langstreckenziele wird TAAG in Zukunft selbst bedienen?
Von den vier, die wir derzeit bedienen, werden wir auf zehn aufstocken. So sieht es unser Plan bis 2027 vor.

Afrika ist ein riesiger Luftverkehrsmarkt mit einem enormen Potenzial. Doch viele Versuche, ihn zu liberalisieren, haben sich nicht bewährt. Glauben Sie, dass sich das ändern wird?
Angola ist eines der Länder, die ihren Luftraum im Jahr 2025 öffnen werden. Und dann werden einige andere Länder später folgen. Wir haben gesehen, was in Europa in den 1990er-Jahren und auch in Südamerika zu Beginn der 2000er-Jahre passiert ist. Wir müssen sorgfältig prüfen, was wir liberalisieren und was wir nicht liberalisieren. Open Skies für afrikanische Unternehmen ist sinnvoll. Denn das wird zum Wachstum und zur Stärkung der afrikanischen Luftfahrtindustrie beitragen. Was aber keinen Sinn macht, ist, dass wir unseren Luftraum auch für Unternehmen liberalisieren, die ihren Hauptsitz auf einem anderen Kontinent haben. Das würde dazu führen, dass die afrikanischen Länder wie früher von Betreibern aus anderen Kontinenten abhängig wären.

Es gibt keinen öffentlichen Haushalt auf der Welt, der eine Fluggesellschaft unterstützen sollte, die Verluste macht.

Ist dies eine echte Bedrohung?
Während der Pandemie haben wir gesehen, wie wichtig es ist, starke afrikanische Fluggesellschaften zu haben. Die afrikanischen Länder waren jahrelang völlig vom Rest der Welt abgeschnitten. Wir hatten keine Konnektivität. Auch weil die Luftfahrt in Afrika kein Luxus, sondern eine absolute Notwendigkeit ist. Wir müssen aufpassen, dass wir mehr Flüge und eine stärkere Branche bekommen, die neue Arbeitsplätze in Afrika und nicht in anderen Regionen schafft.

Auf die Liberalisierung folgt oft eine Konsolidierung. Sehen Sie diese Entwicklung auch in Afrika?
Das wird bis zu einem gewissen Grad geschehen. Es gibt keinen öffentlichen Haushalt auf der Welt, der eine Fluggesellschaft unterstützen sollte, die Verluste macht. Das ist gesunder Menschenverstand.

Kenya Airways und South African sprechen darüber, eine große panafrikanische Gruppe zu gründen. Sie sagten, sie seien offen für den Beitritt anderer Fluggesellschaften. Ist das für TAAG von Interesse, oder macht es Ihnen Angst?
In meinem Alter und nach so vielen Jahren in dieser Branche habe ich keine Angst vor irgendetwas. Viele großartige Menschen haben Pläne. Die eigentliche Prüfung besteht darin, diese Pläne in die Realität umzusetzen. Wir bei TAAG können uns im Moment nicht von diesen Plänen ablenken lassen, wir müssen zuerst unsere Arbeit zu Ende bringen. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir prüfen, ob es für TAAG Sinn macht.

Die ersten Airbus A220 werden in Etappen ab April 2024 erwartet.

Angola ist ein großer Ölproduzent. Haben Sie einen Vorteil, weil Sie weniger für Treibstoff zahlen als Fluggesellschaften in anderen Ländern?
Wir haben einen großen Nachteil. Wir zahlen mehr für Treibstoff als die Fluggesellschaften im Rest der Welt. Wir müssen unseren Treibstoff vom nationalen Hersteller kaufen. Und das hat normalerweise einen großen Einfluss auf unsere Kosten.

Ein wichtiger Punkt in Ihrem Umstrukturierungsplan bis 2027 ist die Erneuerung der Flotte. Insgesamt erwarten Sie 15 Airbus A220. Wann werden Sie den ersten Umsatzflug mit diesen Maschinen durchführen?
Im Rahmen des Wachstumsplans und der Mehrmarken-Flottenstrategie gab TAAG Angola Airlines während der Paris Air Show 2023 mehrere Vereinbarungen über das Leasing von Airbus A220-300 bekannt. Das Unternehmen hat innerhalb von drei Tagen die Bestellung von insgesamt neun Flugzeugen formalisiert, mit internationalen Partnern hat TAAG insgesamt 15 Flugzeuge bei Airbus in Auftrag gegeben, wobei die ersten Auslieferungen in Etappen ab April 2024 erwartet werden.

Werden die A220 dieselben Strecken wie die Boeing 737 fliegen, oder planen Sie, mit den neuen Flugzeugen andere Dinge zu tun, da sie auch eine größere Reichweite haben?
Ursprünglich fiel die Entscheidung für die A220, um die Boeing 737 NGs zu ersetzen. Wir tun dies, um Treibstoff zu sparen und unseren Passagieren einen besseren Service zu bieten. Wenn wir den A220-Betrieb hochgefahren haben, werden wir sehen, ob wir mehr mit ihnen machen können.

Airbus A220 in den Farben von TAAG. Bild: Azorra

Es wird auch über einen A220 mit einem Zusatztank gesprochen, der eine noch größere Reichweite bieten würde. Wäre das etwas, das Sie interessieren würde, um vielleicht Strecken mit geringer Nachfrage – etwa nach Brasilien – zu bedienen?
Ich denke, die Kunden und ich selbst wollen nicht länger als vier oder fünf Stunden in einem kleinen Flugzeug sitzen. Die Antwort lautet also nein.

Wäre der Airbus A220-500 für TAAG von Interesse?
Zuerst müssen wir die A220-300 in unsere Flotte aufnehmen. Danach können wir sehen. Es ist noch zu früh.

Wir haben noch nicht über die Langstreckenflotte gesprochen. Sie haben Boeing 777-300 und auch aktuell geparkte 777-200 in der Flotte und Sie haben einen Airbus A330 von Hi Fly geleast. Wie wollen Sie die Langstreckenflotte verändern?
Wir befinden uns bereits in Verhandlungen mit Boeing und Airbus über den Ersatz älterer Flugzeuge. Aber die Produktion ist wegen Lieferproblemen fast zusammengebrochen, und wir rechnen nicht damit, dass wir vor 2027 Flugzeuge bekommen werden. Unsere Boeing 777-200 sind bereits 16 und 17 Jahre alt. Sie müssen dem Nachrüstprogramm unterzogen werden, damit sie noch einige Jahre fliegen können, um die Lücke zu schließen, bis wir sie durch neuere Flugzeuge ersetzen können. Wir sind in den Gesprächen schon sehr weit fortgeschritten, aber es gibt noch keine Entscheidung darüber, welches Flugzeug TAAG wählen wird.

Wir wissen nicht, ob wir diesen Vertrag mit Hi Fly verlängern oder beenden werden.

Sie werden also auch die beiden 777-200 zurückbringen?
Ja, sie werden wieder fliegen.

Und der geleaste Airbus A330?
Wir haben einen Vertrag mit Hi Fly, der noch bis September läuft. Wir wissen nicht, ob wir diesen Vertrag verlängern oder beenden werden. Aber es ist immer gut, eine Wet-Lease-Reserve zu haben, falls man neue Strecken erkunden will.

Und welche Modelle haben Sie für Ihre künftige Langstreckenflotte im Auge?
Wir beschäftigen uns vor allem mit Boeing 787 und Airbus A330 Neo. Bis dahin werden wir die aktuelle Großraumflotte mit der umgerüsteten Kabine betreiben.

Wie viele neue Langstreckenflugzeuge werden Sie benötigen?
Heute haben wir acht Flugzeuge, wir werden auf zehn wachsen.

Der Beitritt zu einer Allianz steht nicht zuoberst auf der Tagesordnung.

Ihre Flotte besteht heute aus 23 Flugzeugen, Sie haben sich das Ziel gesetzt, bis 2027 auf 50 Flugzeuge zu kommen. Sie wollen also auf 40 Regional- und Mittelstreckenflugzeuge aufstocken?
Ja, der Rest der zusätzlichen Flugzeuge werden Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge sein. Wir müssen deutlich wachsen. Das ist eine Herausforderung. Wir erwarten, dass wir auf dieser Reise mehr Partner haben werden, um unseren Betrieb zu unterstützen, vor allem bei der Bereitstellung der Flotte, aber auch im Bereich der Wartung und der logistischen Unterstützung. Daran arbeiten wir.

TAAG hatte eine enge Zusammenarbeit mit Emirates, die vor ein paar Jahren endete. Ist das etwas, was Sie wieder ins Auge fassen – wollen Sie mit einem größeren Partner zusammenarbeiten, oder brauchen Sie das in diesem Stadium nicht mehr?
Diese Frage muss an die Aktionäre gerichtet werden, denn nur sie sollten diese Entscheidung treffen. Wir werden weitermachen, bis unsere Arbeit beendet ist.

Könnte es für Sie interessant sein, einer Allianz beizutreten? Könnte das TAAG einen Nutzen bringen?
Marketingtechnisch wäre es schön. Aber offen gestanden glaube ich nicht, dass wir heute in der Lage sind, dies zu tun. Wir müssen zuerst unser Geschäft stärken. Der Beitritt zu einer Allianz steht nicht zuoberst auf der Tagesordnung.

*Eduardo Fairen Soria ist Diplomingenieur der spanischen Luftwaffenakademie und besitzt einen MBA der Universität Complutense Madrid. In den letzten Jahrzehnten war er in verschiedenen leitenden Positionen auf vier Kontinenten tätig, unter anderem für Iberia, Lufthansa, DHL, Air Arabia und Camair-Co. Darüber hinaus war er Assistenzprofessor an der Autonomen Universität von Barcelona UAB im Studiengang Luftfahrtmanagement. Zuletzt war er Chef von Viva Air Peru und Chief Operations Officer von Viva Air Colombia. 2004 war er Mitgründer von Vueling. Im Oktober 2021 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden von TAAG Angola Airlines ernannt. Als Pilot und Fluglehrer hat Fairen mehr als 17.000 Flugstunden absolviert.