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Erste Modelle

Der zähe Start von Airbus mit dem A300 und dem A310

In den 1970er-Jahren trat ein Neuling aus Europa auf den Markt für Flugzeuge, den anfänglich niemand so richtig ernst nahm. Wie Airbus mit dem A300 und A310 startete.

Als der weltweite Luftverkehr in den Wirtschaftswunderjahren Mitte der 1960er-Jahre rasant wuchs, forderten amerikanische Fluggesellschaften größere Flugzeuge von den Herstellern in ihrem Heimatland. Bislang dominierten kleinere Flieger wie die Boeing 707 und Boeing 727 und die Mitbewerber McDonnell Douglas und Convair boten die DC-8, DC-9, sowie CV880 und 990 am Markt an. Boeing arbeitete bereits an der 747 , dem ersten Großraumflugzeug der Welt.

Trotzdem gab es Bedarf für eine Zwischenkapazität zwischen der 707, 727 und der 747. Fast gleichzeitig zum Jumbo-Jet arbeitete McDonnell Douglas an der DC-10 und Lockheed an der L-1011 Tristar, beide Dreistrahler mit mehr als 300 Sitzplätzen. Die Vorteile der DC-10 und Tristar lagen in der niedrigeren Sitzplatzkapazität als bei der Boeing 747, auch waren sie durch nur drei statt vier Triebwerke treibstoffsparender.

Europa macht gemeinsame Sache

Im Jahre 1967 beschlossen die Regierungen in Frankreich, Deutschland und Großbritannien ihre Luftfahrtaktivitäten zu bündeln, um ein Gegengewicht zur amerikanischen Dominanz zu schaffen im Flugzeugbau. So schlossen sich die aus der Sud Aviation und Nord Aviation hervorgegangene französische Aérospatiale und die aus Bölkow, Dornier, Flugzeugunion Süd, HFB, Messerschmitt und die ATG Siebelwerke hervorgegangene Deutsche Airbus zum Airbus-Konsortium zusammen, dem sich später auch Spanien und Großbritannien anschloss.

Kooperierten die Franzosen und Briten bereits bei der Entwicklung der Concorde, so arbeiteten nun alle gemeinsam an einem konkurrenzfähigen europäischen Großraumflugzeug, auch wenn die Briten und Spanier nicht durchgehend mitmachten. Was da vom Band lief in Toulouse in Frankreich, war ein Unikat – ein Großraumflugzeug mit ebenfalls mehr als 300 Sitzplätzen aber mit nur zwei Triebwerken mit Rollout am 1.August 1972.

Boeing reagierte gelassen bis arrogant

Am 28. Oktober 1972 hob der erste Prototyp zum ersten Mal ab, während die dreistrahligen Konkurrenten vergleichbarer Größe dies bereits am 29. August 1970 (Douglas DC-10) und am 16. November 1970 (Lockheed Tristar) taten und im Erstflugjahr des A300 B1 bereits ihre Erstauslieferungen feierten. Punkteten die Kontrahenten Douglas und Lockheed mit einer größeren Reichweite und früherer Indienststellung, so war Airbus in Sachen Treibstoffeinsparung mit nur zwei Triebwerken ganz weit vorn. Auf Umweltschutz wurde damals noch nicht so geachtet, doch die weltweite Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre zwang die Airlines doch etwas genauer auf den Treibstoffverbrauch zu achten. Zwar konnte der A300 B1 keine Langstrecken, zum Beispiel über den Atlantik, bedienen, so ging es für den wichtigen US-amerikanischen Markt aber durchaus transkontinental von der Ost- bis zur Westküste oder umgekehrt und auch bis nach Hawaii und Alaska.

In diesem Segment gab es ja nur entweder zu großes Gerät (Boeing 747), zu kleines Gerät (Boeing 727, 737, DC-9) oder drei- bis vierstrahliges Gerät (Convair 880/990, DC-8, DC-10 und Tristar), sodass man hier von Anfang an einen Wettbewerbsvorteil sah. Allerdings wirkte dieser in den Staaten nicht gleich sofort. Boeing selbst reagierte gelassen und fast arrogant auf die neue europäische Konkurrenz und meinte gar, dass so ein Flugzeug niemand braucht. Allerdings wurde Boeing hier viel später eines Besseren belehrt, auch wenn deren Gegenstück Boeing 767 erst zehn Jahre nach dem ersten Airbus A300B1 im Jahre 1982 auf den Markt kam.

Auf Kundensuche

Doch Boeing behielt anfänglich Recht, denn Aufträge gingen schleppend ein. Gab es anfänglich gleich 13 Erstbestellungen, sechs von Air France, vier von Iberia und drei von Sterling aus Dänemark, so war es das dann für den Anfang. Die Zulassung erfolgte am 15. März 1974 und die erste Serienmaschine ging im Mai des gleichen Jahres an die Air France und auf Linie zwischen Paris und London, während der Prototyp auf eine weltweite Promotour ging um weitere Kunden zu finden. Neben diesen Erstkunden gelang es auch Airlines aus dem Atlas-Konsortium, dem Zusammenschluss europäischer Fluggesellschaften zur Kooperation in der gemeinsamen Beschaffung und technischen Betreuung neuer Flugzeuge, mit UTA, Alitalia und Sabena, als Kunden zu gewinnen.

In Frankreich kam als Erstkunde noch Air Inter hinzu, in Asien gelangten Verkäufe an Air Siam, Korean Airlines, Thai Airways und Indian Airlines. Auch die ebenfalls zunächst skeptische Lufthansa war nun auch mit einer Bestellung über zunächst drei A300 B2, wenn auch erst 1975 mit Auslieferung 1976, mit von der Partie, die sie später auf elf Bestellungen aufstockte. Doch war sie in Deutschland nicht der erste Kunde, denn die Charterfluggesellschaft Germanair war ebenfalls mit zwei Bestellungen dabei und erhielt ihren ersten A300 B4 schon 1975, als Lufthansa erst ihre Bestellung platzierte und setzte ihn zuerst von Frankfurt nach Palma de Mallorca ein.

Skeptische Lufthansa denkt um

Der Ersteinsatz des A300B2 bei Lufthansa erfolgte im Sommerflugplan 1976 ab Frankfurt nach Paris, London, Hamburg, Düsseldorf und Hannover, das heutige Drehkreuz München ging noch leer aus damals. Aber das mit Airbus und Lufthansa wurde ja trotz anfänglicher Skepsis und Boeing-Treue doch noch eine Erfolgsgeschichte, denn bis heute hat keine Airline weltweit so viele Airbusse aller Versionen bekommen wie Lufthansa, im Mai kam Airbus Nummer 600 in die Flotte, ein A321 Neo, Nummer 1 war 1976 ein A300 B2.

In Österreich und in der Schweiz ging Airbus mit dem A300 leer aus, da weder Austrian Airlines noch die Swissair dieses Muster in Erwägung zogen. Zwischen Dezember 1975 und Mai 1977 kam jedoch dann 18 lange Monate trotz intensiver Bemühungen keine einzige Order mehr herein für den A300. Bis Mai 1977, in den ersten fünf Jahren nach Erstflug, waren 40 Exemplare gebaut und abgeliefert und die Produktion wurde auf sechs Exemplare pro Jahr gedrosselt.

Durchbruch in den USA

Doch dann gelang doch noch der Durchbruch auf dem US-amerikanischen Markt mit einer Bestellung von 23 Stück durch Eastern Airlines. Ab diesem Zeitpunkt im Jahre 1977 schien sich das Durchhaltevermögen auszuzahlen und Bestellungen aus aller Welt liefen ein von South African Airways, TEA, Iran Air, Philippine Airlines, Malaysian Airlines, SAS, Tunis Air, TOA Domestic, Hapag-Lloyd, Garuda, Japan Air System, Egyptair, Laker Airways, PIA, Singapore Airlines, Olympic, Cruzeiro, Air Afrique, Aerocondor, Varig, Egyptair und China Airlines. Die Auftragsbücher waren Ende der 1970er-Jahre auf einmal sehr gut gefüllt und die Produktionsrate konnte wieder heraufgesetzt werden. Auf dem so wichtigen amerikanischen Markt kamen später noch Pan Am mit 13 und Continental mit 23 Bestellungen hinzu.

Insgesamt kam der Ur-Airbus A300 auf zwei Exemplare der Variante A300B1, 55 Exemplare des A300B2, 114 Stück des am erfolgreichsten A300B4. Die Frachtversionen A300 C4 und A300 F4 wurde jedoch mit zusammen nur fünf gebauten Exemplaren kein Erfolg, während es der A300B4(F) auf 74 brachte. Somit wurden zwischen 1974 und 1984 insgesamt 248 A300B gebaut, der letzte ging 1985 an Pan Am. Doch damit waren die Markterwartungen noch längst nicht erfüllt und die Investitionskosten noch lange nicht zurückverdient, immerhin lagen die Erwartungen bei einer Marktgröße von mindestens 1000 Exemplaren.

Boeing reagiert

Auch kam nun Boeing doch noch mit einem Konkurrenzmodell, dem zweistrahligen Großraumflugzeug Boeing 767 Anfang der 1980er-Jahre auf den Markt, welches zwar etwas kleiner, aber mit einer deutlich höheren Reichweite aufwartete. Auch Etops Extended Twin Operations (Extended Twin-Engine Operations), die Genehmigung mit nur zwei Triebwerken längere Strecken über Wasser, Steppe oder Wüste zurücklegen zu dürfen, war plötzlich in aller Munde und hier musste Airbus trotz dieser Genehmigung noch etwas an der nur etwa 3000 km Reichweite des A300B4 unternehmen. Auch blieben die Neubestellungen für den A300 langsam aus.

Die Airlines verlangten nach einem kleineren Muster als dem A300 B4 mit längerer Reichweite und somit entwickelte man den um 6,96 m kürzeren Airbus A310, der zwar nur noch bis zu 240 statt 345 Sitzplätze, jedoch eine von etwa 3.000 auf 6.000 km gesteigerte Reichweite aufwies. Der Erstflug erfolgte am 3. April 1982 und die Indienststellung am 29.März 1983, während Kontrahent Boeing ihre 767 schon am 26. September 1981 zum ersten Mal flog und am 8. September 1982 in Dienst stellte. Boeing hatte sogar noch den Vorteil der leicht höheren Sitzplatzanzahl und Reichweite gegenüber dem A310, immerhin war die Boeing 767 eine komplette Neuentwicklung vom Reißbrett, während Airbus den A310 aus dem A300 weiterentwickelte.

Sogar Interflug interessiert

Boeing strecke gar die 767 von der -200 auf die -300 für mehr als 300 Fluggäste und einer Reichweite von mehr als 11.000 Kilometer, die Version -300, der A310-300 kam hier nur auf knapp 10.000 Kilometer bei gleicher Sitzplatzkapazität. Erste und größte Kunden des A310 wurden Singapore Airlines mit 23 Exemplaren, Lufthansa mit 20, Pan Am mit 18 und Turkish Airlines mit 14. Diesmal waren auch Swissair mit 11 und Austrian Airlines mit vier Bestellungen mit von der Partie und Swissair als einer der Erstbesteller erhielt sogar den allerersten A310 ausgeliefert. Aber auch eine Nummer größer wurde getüftelt an der Verbesserung des A300 B4 zur Weiterentwicklung zum A300-600. Dieses geringfügig um 0,46 Meter gegenüber dem A300 B4 verlängerten Fliegers wies neben verbesserten Triebwerken und modernerer Avionik auch den neuen A310 Heckkonus und eine auf knapp 7000 Kilometer verlängerte Reichweite bei bis zu 345 Sitzplätzen auf. Er flog erstmalig 1983 und das erste Exemplar ging 1984 an Saudia. Weitere Kunden für den Airbus A300-600 waren Kuwait Airways, Korean Air, Thai Airways, Lufthansa, Emirates, China Eastern Airlines, China Airlines, Monarch Airlines, Egyptair, Japan Air System, Garuda und Iran Air.

In den USA gelang für den A300-600 ein Durchbruch mit 35 Bestellungen durch American Airlines, sowie 40 A300F4-605 R Frachtern von Fedex. Nun ging man mit dem A310-200/-300 und A300-600 in die 1980er-Jahre während die Produktion des A300 B4 endete. Man gewann für den A310 Kunden wie Hapag-Lloyd, KLM, Nigeria Airways, Air Algerie, British Caledonian, Cyprus Airways, Sabena, Air France, Condor, Balair, Thai Airways, Kenya Airways, Wardair Canada, Royal Jordanian Airlines, Air India, Emirates, Martinair, TAP Air Portugal, CSA, usw. In den USA gelang der Durchbruch abgesehen vom Großkunden Pan Am leider nicht. Die Beziehungen im damals noch geteilten Deutschland wurden durch den A310 gar verbessert, war doch die DDR-Staatsfluglinie Interflug auf der Suche nach einem Nachfolger ihrer Ilyushin Il-62 Flotte für die Langstrecke.

Kapitel abgeschlossen

Trotz Verpflichtung in den sozialistischen Bruderstaaten und speziell in der Sowjetunion einzukaufen, vermittelte der deutsche Politiker Franz-Josef Strauß ein Geschäft über drei Airbus A310-300 an Interflug, die 1989 kurz vor der deutschen Wiedervereinigung ausgeliefert wurden. Aber auch Aeroflot zog nach und bestellte als erstes westliches Fluggerät Mitte der 1990er-Jahre 14 Airbus A310-300. Zwischen 1982 und 1998 wurden 255 Airbus A310 gebaut, 36 A310-200, 1 A310-200 (C), 48 A310-200 (F), 128 A310-300, 34 A310-300 (F) und 8 A310-300 (MRTT), den Multi Role Tactical Transporter in der Militärversion. Der Airbus A300-600 erreichte zwischen 1983 und 2007 insgesamt 313 gebaute Exemplare, acht A300-600, vier A300-600 (C), fünf A300-600 (F), 106 A300-600 F, 92 A300-600 R, 75 A300-600R (F) und sechs A300-600ST Beluga. In Summe erreichten alle A300 und A310 aller Versionen zusammen eine Verkaufszahl von 823 Exemplaren.

Natürlich blieb Airbus mit diesem Muster nicht stehen und entwickelte es bereits Anfang der 1990er-Jahre zum Airbus A330 weiter, welcher am 2 .November 1992 seinen Erstflug hatte und bis Ende letzten Jahres mit 1560 gebauten Exemplaren bislang schon fast doppelt so erfolgreich wurde als der A300 und A310 zusammen. Wurden der A300-600, A310-300 und A330 noch parallel gebaut, so wurde der letzte A310 im April 1998 an Uzbekistan Airlines abgeliefert, für den A300F4-600R, also den -600(F) ging es dann aber mit einer Bestellung über 52 dieser Frachter von UPS zur Jahrtausendwende nochmal weiter, der größten A300/A310 Bestellungen aus den USA überhaupt.

Nur noch wenige in der Luft

An UPS ging dann 2007 auch der letzte diese Ur-Airbusse und beendete das Kapitel nach 35 Jahren. Man überließ das Feld dann dem A330 in dieser Klasse. Viele ausgemusterte A300 und A310 wurden in der Folge zu Frachtern umgebaut und erhielten bis heute ein zweites Leben. Beim Airbus A310 sieht es ernüchternder aus, es gibt nur noch 22 aktive Maschinen, davon drei als Frachter.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Bilder von AIrbus A300 und A310. Ein Klick aufs Foto öffnet die Galerie im Großformat.

Dieser Text von Detlef Döbberthin stammt von unserem Partner Jetstream, dem internationalen Luftfahrtmagazin.