Letzte Aktualisierung: um 19:03 Uhr

Keine Änderung bei Scope Clauses

Der Anfang vom Ende der Embraer E175-E2?

Embraer hofft, dass das kleinste Mitglied der E2-Familie in den USA grünes Licht erhält. Danach sieht es nun aber nicht aus. Das gefährdet die gesamte Zukunft der E175-E2.

Wie in so vielen Fällen ist es eine ziemlich ungleiche Flugzeugfamilie. Zumindest, was die Nachfrage angeht. Bis zum 31. März 2022 hatte Embraer Bestellungen für 201 E195-E2 erhalten und davon 35 bereits ausgeliefert. Für die kleinere E190-E2 erhielt der Hersteller dagegen nur Bestellungen für 20 Exemplare und übergab davon 17 bereits an die Kunden.

Das kleinste Mitglied der E2-Familie, die E175-E2 führt Embraer nicht mal auf in ihrer Orderübersicht. Und das, obwohl der Vorgänger E175 mit 840 Bestellungen und 697 Auslieferungen ein Kassenschlager ist. Der Grund findet sich in den USA und heißt Scope Clause.

Chancen auf Änderungen schwinden

Dabei handelt es sich um Regeln, die alle großen Fluggesellschaften in den Vereinigten Staaten mit den Gewerkschaften der Pilotinnen und Piloten aushandeln. Sie sollen den Einsatz von Wet-Lease-Anbietern begrenzen – und damit das Cockpitpersonal vor Lohndumping schützen. Diese externen Airlines dürfen demnach nur eine bestimmte Anzahl von Jets für ihre großen Kunden betreiben und es gibt Grenzwerte für die Modelle.

So hofft Embraer, dass das Gewicht der E175-E2, das höher ist als das der bisherigen E175, durch neue Scope-Clause-Verhandlungen zulässig wird. Das Portal Leeham News berichtet jetzt allerdings, dass die Verhandlungen bei United Airlines und American Airlines keine Änderungen bei den Gewichtsgrenzen gebracht hätten. Auch bei Delta Air Lines und Alaska Airlines werden Anpassungen damit unwahrscheinlich.

Im Vergleich mit A220 im Hintertreffen

Für den brasilianischen Flugzeugbauer ist das ein harter Schlag. Für die E175-E2, die Ende 2019 ihren Erstflug absolvierte, könnte es sogar der Todesstoß sein, obwohl der Flieger leiser und effizienter ist als sein Vorgänger. Denn die USA sind der einzige relevante Markt bisher: Von den 840 je georderten E175 stammen fast 750 aus den Vereinigten Staaten. Zuletzt hatte der Flugzeugbauer 2027/2028 für den Lieferbeginn der E2-Variante anvisiert.

Falls Embraer mit der E175-E2 wirklich keine neuen Aufträge einsammeln kann, schwächt das auch die gesamte E2-Familie. Sie ist im Vergleich zum Konkurrenten Airbus A220 eh schon im Hintertreffen: Ende März 2022 standen 20 Orders für die 190-E2 und 201 für die E195-E2 gegenüber 102 Bestellungen für den Airbus A220-100 und 638 für den A220-300.

«Möglichkeit, dass wir sie nicht bauen werden»

Im November 2021 hatte Arjan Meijer, Chef der zivilen Sparte von Embraer, im Gespräch mit aeroTELEGRAPH gesagt, einerseits schaue man sich auch «Märkte außerhalb der USA an, wo die Embraer E175-E2 für Airlines interessant sein könnte». Anderseits gebe es aber «auch die Möglichkeit, dass wir sie nicht bauen werden».

In Brasilien bleibt man jetzt aber zuversichtlich. «Es ist zwar schwer vorherzusagen, wann sich der Geltungsbereich ändern wird, aber es war nicht zu erwarten, dass dies in dieser Verhandlungsrunde geschieht» so ein Embraer-Sprecher gegenüber aeroTELEGRAPH. Man sehe nach der Pandemie einen tiefgreifenden Wandel in der Luftfahrt, mit Änderungen bei den Passagierströmen, dem Streckennetz und den Flottenstrategien. «Dies und die Notwendigkeit, die CO2-Emissionen und Treibstoffkosten zu senken, macht die E175-E2 attraktiver und schafft vielleicht Raum für Veränderungen in den nächsten Verhandlungsrunden mit dem Cockpitpersonal.»