Gibraltar wird spöttisch manchmal auch als Affenfelsen oder The Rock bezeichnet. Immerhin nimmt der 426 Meter hohe Felsen fast 40 Prozent des britischen Überseegebiets ein. Dort lebt die einzige wilde Affenpopulation Europas. Doch Gibraltar ist mehr als nur der Felsen. In den letzten Jahren hat es sich dank einer günstigen Steuerpolitik einen Namen als Zentrum für Finanzdienstleistungen gemacht.
Das Überseegebiet an der Südküste Spaniens hat sich in den vergangenen Jahren zum Zentrum für die Registrierung von Schiffen, insbesondere für Luxusyachten, entwickelt. Was die autonome Regierung auf dem Meer erreicht hat, möchte sie in der Luft wiederholen. Gibraltar will ein eigenes Flugzeugregister aufbauen.
Gibraltar baut Luftfahrtsektor massiv um
Dafür baut Gibraltar ihre Luftfahrtbehörden gehörig um. Im vergangenen Jahr wurde das Ministerium für Zivilluftfahrt durch die neu geschaffene Zivilluftfahrtbehörde von Gibraltar (GCAA) ersetzt. Die GCAA soll die übernimmt die Gesamtverantwortung für das Register.
Betrieben wird es jedoch von einem Privatunternehmen, der Gibraltar Aircraft Registry Limited. Das Unternehmen ist eine Tochter der Aviation Registry Group und betreibt das Luftfahrtregisters San Marinos. Die Vereinbarung wurde am Dienstag (19. August) unterzeichnet.
VP-G-Registrierung soll 2026 starten
Im nächsten Schritt muss das britische Verkehrsministerium grünes Licht geben. Wenn alles klappt, können ab 2026 Flugzeuge in Gibraltar registriert werden. Die Kennung: VP-G «Wir wollen ein erstklassiges Register schaffen, das die Besten der privaten und kommerziellen Luftfahrt anzieht», so Chris Purkiss, Leiter der Zivilluftfahrtbehörde von Gibraltar (GCAA).
Das Register wird zunächst für Privatflugzeuge konzipiert, soll aber später auch Lizenzen für kommerzielle Flugzeugbetreiber anbieten.
Warum so viele Flugzeuge in Zwergstaaten registriert sind
Damit gesellt sich Gibraltar zu einer illustren Runde von Zwergstaaten, Überseegebieten und Kronbesitzungen, die eigene, international beliebte Flugzeugregister anbieten. Laut Daten des Luftfahrtdatenportals CH-Aviation sind allein in Guernsey und der Isle of Man knapp 360 Flugzeuge registriert. In dem Zwergstaat San Marino sollen es bereits mehrere hundert sein. Die Spitzenposition nimmt Malta mit rund 860 registrierten Flugzeugen ein.
Doch warum entscheiden sich Flugzeugbesitzer für diese speziellen Registrierungsstandorte? Die Antwort liegt in der Kombination aus finanziellen, administrativen und rechtlichen Vorteilen. Steuerlich profitieren sie von niedrigeren Abgaben und Gebühren im Vergleich zu anderen Ländern.
Keine Einfuhrzölle auf Flugzeuge
Zudem überzeugen diese Standorte mit besonders schlanken und schnellen Registrierungsverfahren, die deutlich weniger Bürokratie erfordern. Und die Zugehörigkeit zur Europäischen Union oder zu Großbritannien bietet den Vorteil rechtlicher Sicherheit und internationalen Vertrauens.
Malta und San Marino erheben keine Einfuhrzölle auf Flugzeuge, wenn die Besitzer aus dem Ausland kommen.In Malta sind zudem sind Einkünfte aus dem Besitz, der Vermietung und dem Betrieb eines Flugzeugs von der maltesischen Steuer befreit. San Marino bietet besonders niedrige Unternehmenssteuern.
Unkomplizierte Bürokratie
Die Registrierung von Flugzeugen ist in beiden Ländern besonders unkompliziert. Maltas Luftfahrtbehörde gilt als schnell, digital und fleixibel. Während Malta als EU-Mitglied einen etablierten Rechtsrahmen mit flexiblen Regelungen bietet, punktet San Marino als Nicht-EU-Land mit noch weniger Vorschriften.
Europas Kleinstaaten erfüllen alle internationalen Sicherheitsstandards der Zivilluftfahrtorganisation Icao. In San Marion erkennt die Luftfahrtbehörde sowohl Lizenzen von Euopa, den USA bis Asien problemlos an - solange sie gültig sind. Da alle nationalen Luftfahrtbehörden in Europa zudem der Aufsicht der Easa unterstehen, trägt dies zusätzlich zum Sicherheitsgefühl bei.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Experten erwarten mit dem Eintritt Gibraltars in das Registerungsgeschäft, dass der Wettbewerb unter den Ländern, die Flugzeugregistrierungen anbieten, voraussichtlich zunehmen wird. Die etablierten Registerstandorte dürften mit gezielten Strategien reagieren: durch wettbewerbsfähige Preise, verbesserte Dienstleistungen oder spezielle Angebote, um Kunden zu halten und neue zu gewinnen.
Gibraltar Erfolg wird besonders davon abhängen, inwieweit es gelingt, sich durch ein einzigartiges Angebot von der Konkurrenz abzuheben. Gleichzeitig muss das Register durch strenge Sicherheitsstandards und guten Kundenservice überzeugen.
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