Letzte Aktualisierung: um 20:28 Uhr

Francesco Sciortino, Austrian

«Boeing 767 können sehr gut noch vier bis fünf Jahre fliegen»

Austrian Airlines′ Ko-Interimschef Francesco Sciortino über Flottenentscheide, die Impfpflicht der Crew und seine Hoffnungen für das laufende Jahr.

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Die österreichische Nationalairline hat gerade keinen Chef. Alexis von Hoensbroech wechselt zu Westjet nach Kanada und hat Austrian Airlines bereits verlassen. Auf ihn folgt im März Annette Mann. Bis dahin führt neben Michael Trestl Francesco Sciortino ad interim die Fluggesellschaft. Wie sieht der operative Leiter die Gegenwart und Zukunft?

Die Luftfahrt befindet sich jetzt seit fast zwei Jahren im Krisenmodus können Sie noch?
Francesco Sciortino: Natürlich ist es eine sehr harte Zeit für uns und die Krise hat gerade für unsere Industrie ein Ausmaß angenommen, das wir uns überhaupt nicht vorstellen konnten. Und wir haben immer gehofft, dass es jetzt im zweiten Jahr besser wird. Wir hatten sehr gute Momente. Aber zwischendrin geht es natürlich immer wieder ins tiefe dunkle Tal. Da ist unsere Branche besonders betroffen. Aber wir können noch, wir schauen zuversichtlich in die Zukunft und wir sind überzeugt, dass am Ende des Tages das Fliegen wieder populär werden wird. Die Leute möchten verreisen, möchten die Welt sehen. Wir können auch der neuen Generation jetzt nicht verwehren, auch die Welt zu entdecken.

Wie hat denn Omikron jetzt die Lage im Moment verschärft?
Stark, das muss man schon sagen. Und was Omikron von den anderen Wellen unterscheidet: Die anderen Wellen kamen plötzlich und alle wirkten überrascht und bei Omikron war es so, dass sie vorher angekündigt wurde – und jetzt dann auch wirklich genauso kommt. Das macht mich zumindest in dem Sinne zuversichtlich, dass man bei der Omikron-Welle sagt, sie wird heftig, aber sie wird kurz und wenn auch diese Ankündigung stimmt, dann ist das wirklich ein Tal von kurzer Dauer und wir sind zuversichtlich, dass es im April dann spätestens vorbei ist.

Grundsätzlich haben wir das Glück, dass wir in Österreich optimale Bedingungen in Anbetracht der Umstände haben.

Was macht denn die Flugplanung im Moment am schwersten?
Wir haben eine ganze Menge operative Herausforderungen. Weltweit gibt es unterschiedliche Regularien. Wir können ja nicht nur auf österreichisches Recht schauen. Unsere Crews sind weltweit unterwegs, und da haben Sie natürlich massive Unterschiede, operative Unterschiede. Sie haben Einreisebestimmungen, die unterschiedlich sind. Da immer up to date zu bleiben und immer richtig zu reagieren auf die neuen Gegebenheiten, ist schon eine große Herausforderung.

Impfen ist dabei ein wichtiges Thema. In ein paar Wochen wird es eine Impfpflicht geben für alle Crews. Wie wird das aufgenommen im Team?
Grundsätzlich haben wir das Glück, dass wir in Österreich optimale Bedingungen in Anbetracht der Umstände haben. Wir haben die Crews bereits im Mai angefangen zu impfen. Die Impfquote liegt über 90 Prozent – was nicht selbstverständlich ist, wenn man die Zeitungen liest. Für uns ist es wichtig, dass die Austrian Airlines ihren Flugbetrieb aufrechterhalten kann und alles, was dazu notwendig ist, machen wir. Wir sehen, dass wir jetzt an den Punkt gekommen sind, wo es einfach nicht mehr geht, mit ungeimpften Crews weltweit zu operieren und deswegen haben wir uns dazu entschieden, am 1. März die Impfpflicht einzuführen und die wird grundsätzlich sehr positiv von der Mannschaft aufgenommen.

Wir akzeptieren, dass sie sich nicht impfen lassen wollen, aber die Kolleginnen und Kollegen müssen auch akzeptieren, dass wir sie als AUA dann nicht mehr einsetzen können.

Heißt das, ein Flugbegleiter, der nicht bereit ist, sich impfen zu lassen der wird dann demnächst Koffer ins Flugzeug einladen?
Nein, der wird nicht Koffer ins Flugzeug einladen. Wir sind im kontinuierlichen Gespräch mit diesen Kolleginnen und Kollegen und viele verstehen auch, dass wir als Austrian uns auch gar nicht mehr leisten können, die ungeimpften Kollegen durch die Welt zu senden. Es gibt einige Anträge auf Karenz, das heißt: ich setze mal 4 Monate aus und schaue, wie sich dann die Lage entwickelt. Es sind natürlich nicht alle zufrieden. Aber Tatsache ist: Wir akzeptieren, dass sie sich nicht impfen lassen wollen, aber die Kolleginnen und Kollegen müssen auch akzeptieren, dass wir sie als AUA dann nicht mehr einsetzen können.

Wie sieht es aktuell bei der Flotte aus? Sind noch Maschinen auf Dauer geparkt?
Wir haben Austrian im Rahmen der Corona-Krise auf 60 Flugzeuge redimensioniert. Das ist jetzt erstmal die neue Größe, um wieder in den Ramp Up zu gehen, also hochzufahren. Von diesen 60 Flugzeugen ist derzeit eine Langstreckenmaschine noch im Storage. Für diesen Sommer wird die komplette Austrian-Flotte wieder in der Luft sein.

Die Langstrecke besteht jetzt aktuell aus sechs Boeing 777 und drei Boeing 767, die auch nicht mehr ganz so jung sind. Wie geht es da in Zukunft weiter? Es wird auch immer wieder spekuliert, dass auch die Boeing 787 nach Wien kommen könnte. Die wäre für AUA von der Größe her doch perfekt?
Grundsätzlich ist es so, dass mit der Flotte, die wir jetzt haben, noch einige Jahre auskommen werden. Und wir investieren auch aktuell noch in die Flotte. Wir werden mehr Premiumsitze einbauen in die Boeing 767 und Boeing 777, weil der Bedarf da steigt. In naher Zukunft ist die 787 jetzt nicht in Sicht und die 767, so wie sie derzeit aufgestellt ist, kann noch sehr gut vier bis fünf Jahre fliegen.

Das ganze Gespräch gibt es in unserem kostenlosen Podcast «Luftraum». Da erzählt Francesco Sciortino unter anderem auch, wie die Flottenpläne auf der Kurz – und Mittelstrecke aussehen, wie Austrian Airlines am Standort Wien gegen die Billigairlines konkurrieren will, und warum der Airbus A340-600 sein Lieblingsflugzeug ist.

Diese Folge wird präsentiert von Proflight. Mit Proflight nehmen Sie Platz in einem der mehr als 45 Flugsimulatoren von Lufthansa Aviation Training.

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