Der Bundesgerichtshof oder kurz BGH hat eine zentrale Bestimmung der Beförderungsbedingungen von Lufthansa für unwirksam erklärt. Die Airline durfte bislang verlangen, dass sämtliche Teilstrecken eines Tickets in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden – andernfalls drohte Kundinnen und Kunden eine erhebliche Nachforderung. Diese Praxis verstößt nach Auffassung der Richter des obersten deutschen Gerichts gegen Verbraucherrechte.
Der Bundesgerichtshof betont, dass es Situationen geben kann, in denen Reisende ihre ursprüngliche Planung nach dem Kauf eines Tickets anpassen müssen. In solchen Fällen sei es unzulässig, zusätzliche Zahlungen zu verlangen. Entscheidend sei, dass die Umstände bei der Buchung noch nicht absehbar gewesen seien. Die Preisstruktur von Lufthansa werde dadurch nicht gefährdet, so das Gericht.
Lufthansa hat AGB überarbeitet
Lufthansa hat die Vorgaben inzwischen überarbeitet. Für Kundinnen und Kunden mit deutschem oder österreichischem Wohnsitz gilt nun: Wenn sich Reisepläne nachträglich ändern oder Gründe wie Krankheit, höhere Gewalt oder andere nicht selbst zu vertretende Ereignisse vorliegen, entfällt eine Nachberechnung. Passagiere sollen solche Änderungen möglichst frühzeitig mitteilen.
Über einen Fall, in dem genau das geschah, berichtet der Rechtsanwalt Matthias Böse in seinem Blog. Sein Mandant, ein Vielflieger mit HON-Status bei Lufthansa, hatte während einer Reise kurzfristig umdisponiert und einen anderen Weiterflug gewählt. Die Fluglinie verlangte daraufhin mehrere Hundert Euro zusätzlich. Der Passagier klagte auf Feststellung, dass keine Zahlungspflicht besteht. Die Airline erkannte den Anspruch kurz vor dem Gerichtstermin vollständig an.
Skiplagging ist weiter nicht AGB-konform bei Lufthansa
Für Reisende, die in der Vergangenheit wegen ausgelassener Segmente mit Nachforderungen oder verweigerter Beförderung konfrontiert waren, könnte das Urteil des Bundesgerichtshofes Bedeutung haben. Entscheidend bleibt jedoch, dass die relevanten Umstände erst nach der Ticketbuchung eingetreten sind. Das müssen Betroffene im Zweifel darlegen können. Das absichtliche sogenannte Skiplagging ist damit nicht gerechtfertigt.
Skiplagging nennt man es, wenn Passagiere ausnutzen, dass ein Umsteigeflug meist deutlich billiger ist als ein direkter Flug. Ein Beispiel: Bucht man bei Lufthansa zum Beispiel einen Flug von Frankfurt nach Mykonos via Zürich, zahlt man dafür weniger als für einen direkten Flug nach Zürich.
Auch andere Airlines außer Lufthansa betroffen
Das Urteil hat nicht nur Folgen für Lufthansa. Es betrifft grundsätzlich alle Airlines, die in ihren Beförderungsbedingungen eine feste Reihenfolge der Coupons verlangen und für ausgelassene Teilstrecken nachträglich höhere Preise berechnen wollen. Genau dieses Modell hat der Bundesgerichtshof gekippt: Eine Nachkalkulation ist unzulässig, wenn sich die Reiseumstände erst nach der Buchung ändern.
Viele Fluggesellschaften – auch außerhalb Deutschlands – arbeiten mit ähnlichen Klauseln zur sogenannten Couponreihenfolge. Sie müssen nun prüfen, ob ihre Bedingungen rechtskonform sind und gegebenenfalls angepasst werden. Zulässig bleibt dagegen, dass Airlines die weitere Beförderung verweigern, wenn Passagiere absichtlich Segmente auslassen. Nur ein reine Preisnachforderung ist nach dem BGH-Urteil nicht mehr haltbar.
Schön, dass Sie hier sind! Unsere Redaktion kennt die Branche, ihre Akteure und Zahlen – seit vielen Jahren. Wenn Sie uns unterstützen wollen, zahlen Sie weniger als für ein Getränk am Flughafen. Zudem lesen Sie werbefrei und stärken die unabhängige Berichterstattung. Jeder Beitrag zählt. Jetzt hier klicken und abonnieren