Lufthansa Group warnt vor zusätzlichen Kosten: Schon jetzt sei die Kern-Fluggesellschaft hochdefizitär. Erstmals nennt die Führung auch konkrete Zahlen. Doch das Cockpitpersonal fordert Nachbesserungen bei der Altersvorsorge – und droht mit Streik.
Bei der deutschen Nationalairline droht wieder ein Streik der Pilotinnen und Piloten. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hat die Weichen dafür gestellt und eine Urabstimmung unter den rund 4800 Pilotinnen und Piloten von Lufthansa und Lufthansa Cargo eingeleitet. Bis zum 30. September läuft die Abstimmung.
«Wenn wir in den sieben Verhandlungsrunden auch nur irgendein Anzeichen gesehen hätten, dass die Gespräche mit der Lufthansa zu einem Ergebnis führen könnten, hätte die Tarifkommission die Verhandlungen nicht für gescheitert erklärt», erklärte Vereinigung Cockpit-Vizepräsidentin Katharina Dieseldorff. Stattdessen habe die Lufthansa-Führung «kein Angebot auf den Tisch gelegt, das auf unsere Forderungen auch nur ansatzweise eingeht».
Im Zentrum steht die betriebliche Altersversorgung. Die Gewerkschaft kritisiert, Lufthansa habe die Risikoanteile schon 2017 einseitig auf die Beschäftigten abgewälzt. Nun fordern die Pilotinnen und Piloten Nachbesserungen. Lufthansa Airlines-Chef Jens Ritter hält die Forderungen der Gewerkschaft allerdings für untragbar, so der Manager in einem internen Interviewformat, das aeroTELEGRAPH vorliegt: Sie würden die Vorsorgekosten auf 228 Millionen Euro jährlich steigern, «mehr als eine Verdoppelung». Das sei für Lufthansa schlicht «nicht bezahlbar».
Dass es der Kranich-Airline derzeit tatsächlich schlecht geht, belegte Ritter im internen Gespräch erstmals auch mit Zahlen. Allein Lufthansa Classic - das ist nur die originale Fluglinie selbst - habe im ersten Halbjahr 2025 ein Minus von 274 Millionen Euro eingeflogen. Der gesamte Konzernbereich Lufthansa Airlines lag bei minus 307 Millionen Euro. Dazu gehören neben Cityline und City Airlines auch die Ferienairline Discover und Air Dolomiti. «Ohne strukturelle Veränderungen werden für den Lufthansa Airlines und damit auch für Lufthansa Perspektiven nicht möglich sein», so Ritter.
Vorwürfe, dass man Lufthansa Classic zugunsten der anderen Airlines im Teilkonzern schlechtrechne, indem man höhere Kosten bei der größten Airline verbuche, weist Ritter zurück. «Die Rechnungslegung und die Finanzberichterstattung vonc Lufthansa Group unterliegen strengen Regularien, deren Einhaltung regelmäßig von unabhängigen Wirtschaftsprüfern und Aufsichtsinstanzen kontrolliert und auch testiert wird», so der Manager. «Zudem hätte niemand einen Vorteil, Lufthansa Classic schlecht darzustellen. Im Gegenteil, wir sind der Kern der Gruppe, die größte und wichtigste Airline.»
Auch Konzernchef Carsten Spohr sagte erst kürzlich: «Der Kostennachteil von Lufthansa Airlines ist so groß, dass Wachstum derzeit woanders stattfindet.» Auch die guten Ergebnisse anderer Konzernschwestern würden da nicht helfen. «Wenn die Lufthansa Airline nicht funktioniert, werden wir es am Ende auch mit dem Billionaires Club oder mit ITA oder Swiss nicht retten», so der Lufthansa-Group-Chef. Mit Billionaires Club bezieht sich Spohr auf Eurowings, Lufthansa Cargo und Lufthansa Technik. Sie lieferten zusammen rund eine Milliarde Euro Vorsteuergewinn.
Die Stimmung wird zusätzlich durch den Dauerstreit um die neuen Konzernairlines City Airlines und Discover angeheizt, die teils zu günstigeren Bedingungen arbeiten. Vereinigung Cockpit und auch die Kabinengewerkschaft Ufo sehen darin einen schleichenden Abfluss von Flugzeugen und Jobs aus der Kernmarke.
Ritter dagegen verweist auf die Investitionen: Bis 2028 sollen 59 neue Langstreckenflugzeuge zu Lufthansa stoßen «Derzeit können wir uns das nicht leisten», so Ritter.
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