Im Mai klagte der deutsche Ferienflieger dagegen, dass die EU-Kommission Lufthansa grünes Licht für den Einstieg bei ITA Airways gab. Jetzt sind die Details zu Condors Klage bekannt. Und die haben es in sich.
Die Klage aus Luxemburg blieb nicht lange alleine. Am 28. April 2025 klagte Luxair gegen die Freigabe der EU-Kommission für Lufthansas Einstieg bei ITA Airways. Am 21. Mai folgte Condor mit einer eigenen Klage beim Gericht der Europäischen Union. Eine Sprecherin des deutschen Ferienfliegers sagte damals: «Wir sind der Ansicht, dass die Europäische Kommission die Übernahme von ITA Airways durch Lufthansa nicht hätte genehmigen dürfen.»
Die Sprecherin begründete: «Die auferlegten Abhilfemaßnahmen reichen nicht aus, um die durch diese Transaktion verursachte Beeinträchtigung oder gar Ausschaltung des Wettbewerbs auszugleichen.» Man fordere das Gericht daher auf, die Entscheidung der Kommission aufzuheben, «damit sich unabhängige Fluggesellschaften wie Condor im fairen Wettbewerb und zum Nutzen der europäischen Fluggäste frei entwickeln können».
Der Text der Klage war damals noch nicht öffentlich. Am 7. Juli ist im Amtsblatt der Europäischen Union nun zumindest eine Zusammenfassung der Klage erschienen, die sich nicht gegen Lufthansa und ITA Airways richtet, sondern gegen die Europäische Kommission.
Condor beantragt demnach zum einen, den Beschluss «der Kommission vom 3. Juli 2024 zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen (Sache M.11071 – Deutsche Lufthansa/MEF/ITA) für nichtig zu erklären». Zum anderen betragt sie, «der Kommission die Kosten der Klägerin aufzuerlegen».
Die Klage stützt sich auf fünf wesentliche Gründe. In allen fünf wirft Condor der Kommission vor, gegen Artikel 2 und Artikel 8 der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen verstoßen zu haben. In Artikel 2 geht es um die Beurteilung von Zusammenschlüssen, in Artikel 8 um die Entscheidungsbefugnisse der Kommission.
So argumentiert Condor, die Kommission habe nicht alle betroffenen Märkte ermittelt, nicht alle relevanten Tatsachen gewürdigt und nicht die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. Zudem wirft die Fluglinie den Wettbewerbshütern vor, sie hätten einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie festgestellt hätten, dass die langfristige wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von ITA höchst ungewiss sei. Sprich: Condor vermutet, die italienische Fluglinie hätte sich auch ohne Lufthansa am Markt halten können.
Die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland hatte im Juli 2024 zur Freigabe des Einstiegs geschrieben: «Derzeit laufen die Geschäfte für ITA gut, aber ob sich das Unternehmen ohne diese Übernahme eigenständig langfristig behaupten könnte, wäre sehr zweifelhaft.»
In Condors Gründen drei bis fünf geht es um die Abhilfemaßnahmen, die Lufthansa, das italienische Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, kurz MEF, und ITA umsetzen mussten, um grünes Licht von der Kommission zu bekommen. Die hatte es zur Auflage gemacht, dass Lufthansa und das Ministerium «geeignete Wettbewerber» für die Kurz- und Langstrecken sowie für den Flughafen Mailand-Linate finden. Das gelang.
Im November 2024 teilte die Kommission mit, sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die von Lufthansa und dem Finanzministerium präsentierten «Easyjet, IAG und Air France-KLM geeignete Wettbewerber zur Umsetzung der Abhilfemaßnahmen sind». Easyjet für die Kurzstrecke und speziell für Mailand-Linate sowie IAG und Air France-KLM für die Langstrecke.
Condor argumentiert in der Klage dagegen, die EU-Kommission habe gegen die Verordnung verstoßen, indem sie:
Condor kritisiert also zum einen, dass die Abhilfemaßnahmen auf der Langstrecke keine echte Abhilfe schaffen würden. Die Kommission hatte im November erklärt: «Lufthansa und das MEF mussten Vereinbarungen – zum Beispiel Interlining- oder Slot-Swap-Vereinbarungen – mit Wettbewerbern schließen, um deren Wettbewerbsfähigkeit auf den betreffenden Langstrecken zwischen Italien und Nordamerika zu verbessern». So solle das Angebot an Direktflügen und/oder besseren Verbindungen für Flüge mit einer Zwischenlandung auf allen Strecken zunehmen.
Zum anderen wirft der deutsche Ferienflieger der EU-Kommission vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass Easyjet zwar durch neue Slots den Wettbewerb auf der Kurzstrecke vergrößere, aber ohne diese Kurzstreckenflüge mit Langstreckenrouten zu verknüpfen.
Condor, die mit Lufthansa auch über Zubringerflüge streitet, baut gerade auch ein eigenes, kleines Zubringernetz auf. Man würde in Mailand auch gerne den stadtnahen Flughafen Linate ansteuern, sagte Condor-Chef Peter Gerber kürzlich auf einer Presseveranstaltung. «Aber fragen Sie da mal an, ob man Slots bekommen kann, nachdem Lufthansa und ITA gemeinsam mit den englischen Kollegen alles zugemacht haben», so Gerber. «Da ist es schwierig, auch nur einen Slot zu bekommen, um nicht zu sagen unmöglich.»