AF447: Stiller Protest der Piloten
Crews von Air France fliegen nicht, wenn sich Ausgaben des Figaro an Bord befinden. Das Blatt hatte die AF447-Piloten heftig kritisiert.
Der Figaro an Bord einer Air-France-Maschine: nicht immer gerne gesehen.
Der Figaro an Bord einer Air-France-Maschine: nicht immer gerne gesehen.
Seit Anfang August kommt es gemäß der französischen Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche immer wieder zu regelrechten Boykotten. Solange sich Ausgaben der Zeitung Le Figaro an Bord befänden, würden gewisse Air-France-Piloten nicht abheben. Erst wenn die Exemplare dann von Bord gebracht worden seinen, würden sie den Flug aufnehmen. Die Fluggesellschaft weist den Vorwurf der Zensur zurück. Dazu habe man «zuviel Respekt vor der Presse». Sie dementiert die Berichte aber nicht generell, sondern hält sie für «sehr anekdotisch».
Hinter den vereinzelten Protesten den Air-France-Crews steht das emotionale Thema des Absturzes des Airbus A330 auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris vor zwei Jahren. Le Figaro hat wiederholt exklusive Artikel mit Interna aus der Untersuchung veröffentlicht. Diese warfen oft ein schiefes Licht auf die Piloten des Unglücksfluges AF447. Die Piloten kritisieren die Haltung der Figaro-Redaktion als «unverständlich» und voreingenommen gegenüber den Flugkapitänen. «Wir wollen keine Spezialbehandlung», erklärte Air France gegenüber dem Journal du Dimanche. Aber man verlange vom Figaro «eine ausgeglichene Sicht der Dinge».
Durchaus schmerzhaft
Ein Boykott des Figaro könnte theoretisch ziemlich schmerzhaft für das Blatt sein. Denn von den rund 100 Millionen Exemplaren, welche die Zeitung pro Jahr absetzt, gehen 9,8 Millionen an Air France. Rund ein Zehntel der Auflage wird also an Bord der nationalen Fluglinie verteilt. Würden sie wegfallen, wäre das für den Figaro zwar finanziell weniger schmerzhaft: die Flugexemplare werden vergünstigt oder gratis abgegeben – aber von der Auflage her wäre es ein deutlicher Einschnitt.