aeroTELEGRAPH

Fragen Sie den Piloten

Wie nutzen sich Reifen ab? Und kann man etwas dagegen tun?

Würden sich die Reifen bereits vor dem Aufsetzen drehen, könnte man Abnutzung vermeiden. Warum also keinen entsprechenden Mechanismus einbauen? Das fragt Leser Wilfried Werner. Ein Linienpilot antwortet.

Top-Jobs

logo mjet

Flight Operations Officer (m/f/d)

Schwechat, Wien
Feste Anstellung
Business Aviation
MJET GmbH
Österreich
Vollzeit
Top jobs
.

Technische Flugzeugabfertiger (m/w/d)

Oberpfaffenhofen
Feste Anstellung
Jet Executive International Charter GmbH & Co. KG
Deutschland
Vollzeit
Top jobs
skytec-logo-rgb

ProduktionsleiterIn (40h)

Skytec Aerospace GmbH
Österreich
Vollzeit
Top jobs
Feste Anstellung
Weikersdorf
Luftfahrt
Austro Control

Inspektor:in für Flugschulen (m/w/d)

Die Idee, dass Flugzeugräder vor dem Aufsetzen in Rotation gleich der ungefähren der Aufsetzgeschwindigkeit versetzt werden sollten, wird regelmäßig vorgetragen. Betrachten wir zuerst, was erreicht werden soll: Materialschonung, motiviert durch den Wunsch nach Kostenersparnis durch weniger Reifenabtrag.

Es stellt sich daher die Frage, ob der Vorgang des Aufsetzens wirklich der Hauptgrund für den Verschleiß der Reifen ist. Die Antwort: Dies ist nicht der Fall. Die hauptsächliche Arbeit leistet der Reifen erst dann, wenn die Masse des Flugzeuges heruntergebremst wird und die Radbremsen ihre Arbeit verrichten.

Der Moment nach dem Aufsetzen ist entscheidend

In der Kabine spürt man den Moment deutlich, wenn der Computer oder der Pilot die Radbremsen zu nutzen beginnt und die Verzögerung einsetzt. Das Auffahren der Schubumkehr und das Aufrichten der Spoiler sind da eher Hintergrundrauschen.

Es ist also die Phase direkt nach dem Aufsetzen, wenn die 60 Tonnen eines beispielhaften A320 ihre 140 Knoten loswerden wollen, wenn die Reifen Stress haben - auch wenn der Moment des Reifenkontaktes mit dem Boden deutlich spektakulärer aussieht.

Auch beim Rollen kommt es zum Abrieb

Platz zwei und drei der Abnutzung belegen die Seitenführungsarbeit des Reifens bei der Nutzung der Highspeed-Taxiways nach der Landung, sowie, vor dem Start, die Abnutzung beim Rollen nahe «Max Takeofffweight» in engen Kurven. Durch die Flugzeuggeometrie verschiedener Modelle ist das teilweise eine Art Radieren auf der Stelle. Auch die Temperatur spielt eine Rolle: Je wärmer die Außentemperatur ist, desto mehr Abnutzung erfahren die Reifen.

Natürlich stellt der Abrieb beim Aufsetzen auch einen gewissen Prozentsatz des Reifenverschleißes dar. Aber würde es sich lohnen, um das zu vermeiden zusätzlich noch einen Elektromotor samt Verkabelung und Steuerlogik in jedes Rad zu verbauen - dessen Gewicht bei jedem Flug mitgeschleppt werden muss?

Nicht genug Einsparpotenzial

Sollte ein messbares Einsparpotential vorhanden sein, wären solche Anwendungen schon lange installiert. Aber bislang gab es keine Rechtfertigung dafür. Neben der Idee, die Reifen elektrisch zu drehen gab es vor Jahren bereits einen Vorschlag, die Rotation durch eine Art Taschen an den seitlichen Außenflanken der Reifen im Fahrtwind zu erzwingen. Trotz des deutlich geringeren Aufwandes hat auch diese Idee keinen Einzug in die kommerzielle Luftfahrt gehalten.

Ein weiteres Argument gegen die Nachrüstung eines Rotationssystems ist zumindest bei Airbus eine Logik, welche die Zunahme der Raddrehzahl während der Landung bewertet.

Während sich die Schubumkehr und die Spoiler durch minimales Einfedern der Fahrwerksbeine nutzen lassen, wird die Nutzung der Radbremsen erst nach dem «spin up» der Hauptfahrwerksräder über einen bestimmten Geschwindigkeitsgrenzwert freigegeben.

Andere Technik wäre nötig

Würden die Räder bereits vor dem Aufsetzen nahe der Aufsetzgeschwindigkeit rotieren, dann würde Airbus hier nachträglich eine andere technische Logik finden und bei den Luftfahrtbehörden zulassen lassen müssen.

Was Sie schon immer übers Fliegen wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten: Ein Pilot einer großen europäischen Fluglinie beantwortet exklusiv für aeroTELEGRAPH die Fragen der Leser. Er bleibt dabei anonym, um unabhängig antworten zu können.  Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an pilot@aerotelegraph.com.  Unter den eingesandten Fragen werden die spannendsten jeweils auf aeroTELEGRAPH beantwortet. Dabei wird der Name des Einsenders veröffentlicht. Ein Recht auf Beantwortung besteht nicht. Es gelten die AGB von aeroTELEGRAPH.

Mehr zum Thema

Airbus A350 über Berlin: Warnung vor Triebwerksausfall in der niedrigen Kurve.

«Diese Kurve ist legal, aber sie ist nicht optimal»

Cockpit: Läuft die automatische Landung gut, sind die Crews auch nur Passagiere.

Wie oft nutzen Piloten die automatische Landefunktion - und warum?

Flugzeuge am Himmel: Kollisionen gilt es zu vermeiden.

Wie man Kollisionen vermeidet

Jedes Licht hat einen anderen Zweck - doch alle sind wichtig.

Was welches Licht bedeutet

Video

Der Flughafen Mitiga in der Nähe des Zentrums von Tripolis: Der Airport ist aktuell geschlossen.
In Tripolis sind erneut Kämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen ausgebrochen. Der aktuelle Flughafen der Hauptstadt von Liyben ist offenbar geschlossen. Heimische Fluglinien verlegen ihre Flugzeuge an einen sicheren Airport.
Benjamin Recklies
Benjamin Recklies
LMS-901 Baikal: Bei der Luftfahrtmesse Maks erstmals zu sehen.
Ein hochrangiger russischer Politiker erklärte das Aus des Projekts LMS-901 Baikal. Doch nun erklärt die Regierung, die Entwicklung des Turbopropflugzeuges gehe doch weiter.
Benjamin Recklies
Benjamin Recklies
united airlines busines class (1)
Fast 150 Boeing 787-9 erwartet die amerikanische Fluglinie noch. Jetzt präsentiert United Airlines für die neuen Dreamliner eine neue Kabine mit mehr Premium-Sitzen und einer gehobenen Business Class.
Timo Nowack
Timo Nowack