Letzte Aktualisierung: um 20:33 Uhr

Fragen und Antworten

Was Sie nun zu Air Berlins Insolvenz wissen müssen

Der Verkauf von Air Berlin geht in die entscheidende Phase. Was bedeutet das für das Insolvenzverfahren? Wie geht es weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Alle Augen sind auf die Übernahme von Air Berlin gerichtet: Der Gläubigerausschuss der insolventen Airline hat sich dafür ausgesprochen, den Bieterkreis für die Lufttransport-Bereiche auf Lufthansa und Easyjet zu beschränken. Am Montag (25. September) wird der Air-Berlin-Aufsichtsrat darüber beraten. Anschließend soll bis zum 12. Oktober verhandelt werden. Doch wie geht es im Insolvenzverfahren weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Bleibt Air Berlin im vorläufigen Insolvenzverfahren?

Seit dem 15. August befindet sich Air Berlin in einem vorläufigen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Der nächste Schritt ist die Eröffnung der Insolvenzverfahrens – das «vorläufig» fällt dann weg. «Allerdings wird man bei Air Berlin versuchen, das vorläufige Verfahren vorerst beizubehalten», sagt Dr. Hubertus Bartelheimer, Fachanwalt für Insolvenzrecht sowie Geschäftsführer und Leiter des Berliner Büros der Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp. Denn im vorläufigen Verfahren hat die Fluggesellschaft Vorteile, was die Liquidität angeht. So muss sie zum Beispiel gewisse Steuern nicht zahlen.

«Die Vertragsunterzeichnung erfolgt aber wahrscheinlich erst nach der Eröffnung des Verfahrens», so der Insolvenz-Experte. Denn eine Unterzeichnung im vorläufigen Verfahren würde bedeuten, dass die Käufer auch die Verbindlichkeiten der gekauften Firmenteile übernehmen müssten. Das ist nach Eröffnung nicht der Fall.

Wer entscheidet über die Eröffnung des Verfahrens?

Einen festen Termin gibt es für die Eröffnung nicht. Die Entscheidung fällen das Amtsgericht Charlottenburg und Air Berlins Sachwalter Lucas Flöther. «Flöther hat zum einen den Job, die Geschäftsführung der Air Berlin zu überwachen, damit den Gläubigern keine Nachteile entstehen, zum anderen muss er für das Gericht ein Eröffnungsgutachten vorbereiten», so Bartelheimer. «Das Gutachten zeigt erstens auf, ob der Antragsgrund Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt. Zweitens wird ermittelt, ob genügend Masse vorhanden ist, um die Verfahrenskosten zu decken.» Die Eröffnung ist schließlich der Gerichtsbeschluss auf Basis des Gutachtens.

Was ändert sich mit der Eröffnung für Partner und Passagiere?

Alle Forderungen von Lieferanten und Dienstleistern, die vor dem 15. August entstanden sind und nicht bezahlt wurden, sind mit der Antragstellung praktisch eingefroren worden. Erst ab der Eröffnung des Verfahrens können diese Forderungen beim Sachwalter geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt für Entschädigungsleistungen für Passagiere, die zum Beispiel Flüge gebucht haben, die dann deutlich verspätet oder gar nicht abgehoben sind. «All diese Forderungen werden vom Sachwalter geprüft und wenn sie berechtigt sind, werden sie nach Quote befriedigt», sagt Bartelheimer. «Das kann aber zwei oder drei Jahre dauern.» Die Aktionäre und Anleihegläubiger dürften dagegen leer ausgehen, da ihre Kredite nachrangig behandelt werden.

Drohen den Geschäftspartnern noch weitere Verluste?

Für die Lieferanten, Dienstleister und auch die Leasinggesellschaften kann die Insolvenz noch sehr teuer werden. Denn der Sachwalter wird versuchen, die Insolvenzmasse zu vergrößern. Ab Eröffnung, aber auch noch Jahre später, kann er von den Geschäftspartnern Geld zurückverlangen, das Air Berlin bis zu vier Jahre vor der Insolvenz an diese gezahlt hat. Die Bedingung bei diesen Anfechtungen: Er muss aufzeigen, dass diese Partner die Zahlungsschwierigkeiten der Airline kannten, etwa dass Rechnungen nicht pünktlich gezahlt wurden oder durch Stundungsbitten. Auch mit Blick auf die frühe Berichterstattung über Probleme bei Air Berlin ist es laut Bartelheimer möglich, «dass Zahlungen von Air Berlin und ihrer insolventen Tochtergesellschaften an Lieferanten und Dienstleister über einen längeren Zeitraum angefochten werden».

Wie ist der Zusammenhang zwischen Eröffnung und Insolvenzgeld?

Im vorläufigen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zahlt die Bundesagentur für Arbeit drei Monate lang Löhne und Gehälter. Dabei handelt es sich um vorfinanziertes Insolvenzgeld. Für welche Monate es gezahlt wird, wird zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens. Wird es zum Beispiel Anfang November eröffnet, wird das Insolvenzgeld gezahlt für August, September, Oktober. Entscheidet sich der Sachwalter, die Eröffnung zum Beispiel auf Anfang Januar zu verzögern, fließt das Insolvenzgeld für Oktober, November, Dezember. Air Berlin müsste dann die Gehälter für die Monate seit der Antragstellung wieder übernehmen.

Was geschieht nach dem Verkauf?

Lufthansa-Chef Carsten Spohr schätzt, dass der Verkauf erst zum Jahresende abgeschlossen sein könnte. «Sollte Air Berlin vorher kein Geld mehr für den Flugbetrieb haben, werden die potenziellen Käufer den Weiterbetrieb finanzieren müssen», sagt Bartelheimer. Zurzeit deutet alles darauf hin, dass Air Berlin in Teilen an Lufthansa und Easyjet und nicht als Ganzes veräußert wird. Nach diesem Teilverkauf wird wohl eine Rumpfgesellschaft übrig bleiben, die dann liquidiert wird.