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Experte erklärt

So funktioniert die Insolvenz von Air Berlin

Air Berlin setzt auf eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Warum das Vorteile für die Airline hat und was Dienstleister beachten müssen, erklärt ein Insolvenz-Experte im Interview.

Air Berlin hat Insolvenz angemeldet. Was sind die Folgen für die Fluggesellschaft?
Hubertus Bartelheimer*: Ab sofort sind Vollstreckungen unzulässig. Außerdem zahlt die Bundesagentur für Arbeit drei Monate lang die Löhne und Gehälter für Air Berlin. Da die Bundesregierung der Fluglinie einen Kredit gewährt, um den Flugbetrieb aufrecht zu halten, kann Air Berlin also weiterhin Tickets verkaufen, muss aber die Angestellten nicht selber bezahlen – das ist eine enorme Liquiditätsspritze.

Air Berlin hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Was bedeutet das?

Es hat mehrere Vorteile gegenüber einem normalen Insolvenzverfahren. Air Berlin verwaltet die Sanierung zunächst einmal selber. Dazu wird das Unternehmen durch den Juristen Frank Kebekus als Generalbevollmächtigter unterstützt. Weiterhin hat das Gericht Lucas Flöther als Sachwalter bestellt, der die Sanierung überwacht. Dadurch gibt es zum Beispiel für die Partner von Air Berlin eine Kontinuität, die Ansprechpartner im Unternehmen bleiben erhalten. Sehr wichtig ist außerdem, dass Lizenzen, Zulassungen und Zertifikate von Air Berlin bestehen bleiben. Bei einem normalen Insolvenzverfahren hätte man fürchten müssen, dass diese wackeln.

Was ändert sich für die Kunden von Air Berlin?
Für die ändert sich gar nichts. Ich hätte keine Sorge, nächste Woche meinen kurzfristigen Sommerurlaub noch zu buchen.

Und für die Dienstleister der Fluggesellschaft?
Für die stellt das Ganze eine Zäsur dar. Sie müssen beachten, dass alle vor Einleitung des Verfahrens erbrachten Leistungen und Forderungen nun Insolvenforderungen sind und in der Regel nur quotal, ihrem Anteil entsprechend, bezahlt werden. Das heißt, wer regelmäßig und weiterhin für Air Berlin tätig ist, droht für seine zurückliegende und noch nicht bezahlte Leistung fast leer auszugehen, für die Arbeit ab heute bekommt er aber wieder Geld.

Wie steht es um Passagiere, deren Forderungen Air Berlin noch nicht bezahlt hat, etwa Entschädigungen für Flugausfälle?
Dabei könnte es sich auch um Insolvenzforderungen handeln. Sollten die Kunden nicht abgesichert sein über Sonderkonstruktionen oder Dritte, wie etwa Reisebüros, droht ihnen, dass ihre Forderungen lediglich quotal befriedigt werden, sie also zumindest deutlich weniger Geld erhalten, als sie fordern.

*Dr. Hubertus Bartelheimer ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht sowie Geschäftsführer und Leiter des Berliner Büros der Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp. Nachdem er lange Jahre als Insolvenzverwalter tätigt war, hat er sich nun auf die Restrukturierungs-/Sanierungsberatung spezialisiert und hilft Unternehmen bei der Insolvenz in Eigenverwaltung.