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Menschenhandel, Strahlung und Co.

Vier unterschätzte Probleme in der Luftfahrt

Die Vereinigung Cockpit macht in einem Sicherheitskonzept auch auf unterschätzte Luftfahrt-Probleme aufmerksam. Es geht um Verbrechen, Gesundheit und Belästigung.

Geht es um Tarifverhandlungen, Streiks oder die Corona-Krise spricht die Vereinigung Cockpit für die Piloten in Deutschland. Dass die Arbeit der Gewerkschaft sich nicht auf diese Themen beschränkt, zeigt ein aktuelles, 80-seitiges Sicherheitskonzept der Piloten. aeroTELEGRAPH hat vier Punkte herausgesucht, die selten auf der Tagesordnung stehen.

1. Menschenhandel

Die Luftfahrt wird vermehrt als Transportmittel für die Opfer von Menschenhandel genutzt. So würden zum Beispiel Zwangsprostituierte zu Großveranstaltungen geflogen, schreibt die Vereinigung Cockpit. «Im Gegensatz zu den USA gibt es derzeit für Flug- und Bodenpersonal in Deutschland kein adäquates Training in Bezug auf das Erkennen von Merkmalen potenziellen Menschenhandels», kritisiert die Gewerkschaft. «Auch für Verdachtsmeldungen existieren weder formale Anweisungen noch Meldeketten.»

All das sei unzureichend. Die Empfehlung der Piloten: Kabinen-, Cockpit- und Bodenpersonal sollten im Erkennen von Verdachtsfällen geschult werden. Zudem müssten Fluglinien, Flughäfen und Exekutivorgane einheitliche Meldeketten schaffen.

2. Strahlenschutz

Fliegendes Personal ist bei der Arbeit höherer Strahlenbelastungen ausgesetzt. Die Vereinigung Cockpit warnt vor Langzeitschäden wie schlimmstenfalls Tumoren oder Leukämie. Sie kritisiert: «Bei der Flugwegplanung werden Strahlenschutzaspekte aktuell nicht berücksichtigt.» Die Piloten rufen dazu auf, dass Fluglinien bei der Routen-Einteilung die Strahlenbelastung der Mitarbeiter berücksichtigen. Dazu sollen nicht nur vorher berechnete Werte genutzt werden, sondern auf aktuellere, kurz zuvor gemessene Daten.

Ebenso thematisiert das Sicherheitskonzept die Belastung durch UV-Strahlen als «oft verkanntes und dauerhaftes Gesundheitsrisiko für Flugbesatzungen». Zu den Empfehlungen gehört der Austausch von unzureichend schützenden Cockpitscheiben.

3. Kollisionsrisiko

Besonders Hubschrauber und Kleinflugzeuge laufen Gefahr, durch Kollisionen zu verunglücken, schreibt die Vereinigung Cockpit. Denn oftmals fliegen diese nach Sichtflugregeln. Um Zusammenstöße zu vermeiden, gilt das Prinzip «See and Avoid», also «Sehen und Vermeiden». Piloten halten dabei schlicht Ausschau nach anderen Luftfahrzeugen. Elektronische Hilfsmittel wie Transponder sind nicht vorgeschrieben.

Das kritisiert die Gewerkschaft, besonders mit Blick auf die Zunahme von Beinahe-Zusammenstößen sowie vermehrte Drohnenflüge. Als Empfehlung spricht sie sich für eine EU-weite Pflicht für Kollisionswarngeräte oder Transponder für alle Luftfahrzeuge aus.

4. Belästigung

«Grenzüberschreitungen und Übergriffe können verbal oder auch körperlich geschehen, wobei in Teilen gezielt ausgetestet wird, wie weit gegangen werden kann», berichtet die Vereinigung Cockpit. Das Deutlichmachen und Einhalten individueller Grenzen sei im Cockpit besonders wichtig, da man dort auf engem Raum lange und konzentriert zusammen arbeiten müsse. Dennoch komme es «immer wieder zu Grenzüberschreitungen in und außerhalb der Cockpitumgebung». Das berge auch eine Gefahr für die Flugsicherheit.

Als Gegenmaßnahme rät die Gewerkschaft zu Schulungen, die das Personal sensibilisieren. Auch die Managementebenen sollen in diese Trainings eingebunden werden, da insbesondere die Geschäftsführung einer Airline eine große Vorbildfunktion einnehme. Zusätzlich sollen kompetente Ansprechpartner für Betroffene zur Verfügung stehen.