Letzte Aktualisierung: um 18:27 Uhr

Staatshilfe

AUA und Lauda irritieren

Austrian Airlines hat laut einem Zeitungsartikel bei den Verhandlungen noch keine brauchbaren Unterlagen geliefert. Lauda hingegen lehnt eine staatliche Unterstützung für die AUA ab, wünscht sich aber letztlich selbst eine solche falls sie Austrian Airlines gewährt wird.

Das Thema Staatshilfe für Austrian Airlines ist zwar in aller Munde – viel Konkretes dazu gibt es allerdings noch nicht. Weder die Höhe der finanziellen Zuwendungen – hier wird alles Mögliche zwischen 500 und 800 Millionen Euro kolportiert – noch der genaue Zeitplan sind bekannt. Lediglich, dass im Mai “Konkretes” vermeldet werden soll, war vor ein paar Tagen zu erfahren.

Darüber, dass hinter den Staatshilfe-Kulissen so manches nicht ganz rund läuft, wird allerdings bereits ausführlich gemunkelt. “Man ist sehr irritiert über die bisherige Performance der Geschäftsführung der AUA”, zitiert der “Kurier” einen involvierten Berater. So habe Austrian Airlines bislang keine brauchbaren Unterlagen geliefert – beim letzten Gespräch habe das Management lediglich fünf Powerpoint-Folien präsentiert, die “eher für einen Marketingauftritt geeignet wären”. Zu wenig Konkretes gebe es laut dem Artikel zum Finanzbedarf und den Rückzahlungen aber auch generell zur Zukunft der österreichischen Lufthansa-Tochter.

Neben dem Thema AUA geht es jedenfalls in Zusammenhang mit der Staatshilfe auch, ob der Konkurrent Lauda auch eine solche zu erwarten hat. Mit dem Satz “Lauda fordert, dass keine österreichische Staatshilfe an die in deutschem Eigentum stehende Austrian Airlines gegeben wird” wurde letzte Woche eine Aussendung der Ryanair-Tochter tituliert. Wenn die AUA aber schon eine staatliche Unterstützung erhalte, dann wolle Lauda ebenfalls eine solche Hilfe bekommen. Lauda hätte “zwei Drittel der Größe von Austrian Airlines”, heißt es in dem Statement.

Eigenartige Lauda-Zahlenspiele

Konkrete Forderungen bleibt die Aussendung von Lauda zwar schuldig – die “zwei Drittel” könnten aber als Andeutung verstanden werden, was sich die Airline so vorstellt: Verglichen mit Austrian Airlines würde man sich also in einem Bereich von rund 330 bis 530 Millionen Euro bewegen. Grundsätzlich hat die Lauda-Geschäftsführung natürlich recht: Alle österreichischen Airlines – die (bis auf People’s) ausländische Eigentümer haben – dürfen darauf pochen, hier gleich behandelt zu werden. Die Frage hinsichtlich (vor allem der Höhe) einer Staatshilfe ist aber auch, wie bedeutend eine Fluglinie tatsächlich für den Standort Österreich ist. Inwiefern bewegt sich hier Lauda in einem Bereich von “zwei Drittel” der Austrian? aeroTELEGRAPH hat dazu mehrfach bei Lauda angefragt, wie diese Zahl zu verstehen ist – die Airline ist trotz Nachfrage beharrlich eine Antwort schuldig geblieben.

Man muss also selbst Überlegungen anstellen – beispielsweise in Bezug auf die Flotte: Austrian Airlines hat zuletzt 84 Flugzeuge betrieben – bei Lauda waren es 24, von denen allerdings lediglich 16 am Flughafen Wien stationiert waren. Wenn man nun vereinfacht die Anzahl der Flugzeuge im Markt Österreich vergleicht, ist Lauda also nur rund ein Fünftel so groß wie Austrian Airlines. Und wie sieht es mit den Umsätzen aus? Für Lauda gibt es für das Jahr 2019 noch keine offiziellen Zahlen – das Geschäftsjahr der Mutter Ryanair läuft jeweils bis Ende März. Dem Vernehmen nach soll Lauda im Vorjahr rund 450 Millionen Euro eingenommen haben – bei der AUA waren es knapp 2,2 Milliarden Euro. Also ist Lauda hier ebenfalls rund ein Fünftel so groß wie Austrian – wobei hier aber ein guter Teil der Umsätze nicht am Markt Österreich generiert wurde, sondern auf den Basen Stuttgart, Düsseldorf und Palma. Im Gegensatz zu Lauda mit einem zuletzt erwarteten Jahresverlust von 80 Millionen Euro hat die AUA im Vorjahr trotz der heftigen Konkurrenzsituation am Flughafen Wien ein positives Adjusted EBIT von immerhin 19 Millionen Euro erwirtschaftet.

Was die Destinationen ab Wien betrifft, hat Lauda im Vorjahr stark aufgeholt und insgesamt 67 Ziele angeboten. Damit war man allerdings noch immer recht weit von Austrian Airlines mit 130 Destinationen und dem Anspruch auf “zwei Drittel” entfernt. Abgesehen davon steuert die AUA auch Langstreckenziele an, was für den Standort etwas anders bedeutet als eine reine Point-to-Point-Airline. Bleiben noch die Passagierzahlen: 2019 waren es bei Lauda rund 6,5 Millionen (auf allen Basen und nicht nur am Markt Österreich), die AUA hat im Vorjahr 14,7 Millionen Fluggäste befördert. Damit liegt die Vermutung nahe, dass sich die “zwei Drittel” vielleicht auf die prognostizierte Passagierzahl bezieht – in Presseaussendungen hat Lauda vor Corona behauptet, dass man im aktuellen Geschäftsjahr 2021 mit über 10 Millionen Fluggästen rechnen würde.

Hinsichtlich Staatshilfe wird sich die Regierung vielleicht auch das Thema Beschäftigungsbedingungen ansehen: Hier ist Lauda nicht immer positiv aufgefallen – man denke an die Themen Betriebsrat, Leiharbeit oder die Wohnbedingungen bei der Flugbegleiter-Ausbildung. Bei Lauda (und zu einem geringen Teil über die Leiharbeitsfirma Crewlink) waren zuletzt laut aeroTELEGRAPH vorliegenden Informationen rund 560 “Fliegende” angestellt – auf genaue Zahlen hinsichtlich der Arbeitnehmer wollte die Airline offenbar ebenfalls nicht eingehen.

Schwieriges Thema Staatshilfe

Das Thema Staatshilfen für die “Big Two” am Flughafen Wien (und vielleicht auch noch für kleinere Carrier wie Level Europe) ist also alles andere als einfach: Die einen tun sich offenbar schwer, entsprechende konkrete Vorstellungen und Szenarien vorzulegen (vielleicht auch, weil sie sich hinsichtlich der Zukunftsperspektiven selbst nicht so leicht tun). Die anderen sind hinsichtlich der Einschätzung ihrer eigenen Bedeutung für den Standort Österreich möglicherweise ein wenig zu selbstbewusst. Wie auch immer: “Oberstes Ziel der Bundesregierung ist es, möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern”, erklärte Johannes Pasquali, Sprecher von Finanzminister Gernot Blümel, gegenüber aeroTELEGRAPH – und dazu gehören eben alle relevanten Player am Standort Österreich.

Es liegt nun jedenfalls an der Politik – und dabei konkret am Finanzministerium und der COFAG (COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH) – eine möglichst faire und gute Lösung zu finden. Dass hier klimapolitische Forderungen der Grünen als Teil der österreichischen Bundesregierung mitschwingen werden, wird dabei ebenfalls eine Rolle spielen. Ein Krisen-Konzept für die gesamte Aviation-Branche mit ihren insgesamt Zehntausenden Arbeitsplätzen in Österreich muss dringend gefunden werden – und zwar bevor die Folgen der Corona-Pandemie hier noch mehr Schaden anrichten.