Finnair musste acht Airbus A321 am Boden lassen, weil die Sitzbezüge in den Flugzeugen mit Wasser gereinigt wurden. Hintergrund sei «eine Mitteilung des Sitzbezugherstellers, wonach die Auswirkungen der Reinigungsmethode (Waschen mit Wasser) auf den Brandschutz der Sitzbezüge nicht ausreichend überprüft wurden», erklärte die Fluggesellschaft.
Doch viele Fragen blieben zunächst offen: Gab es eine Änderung bei den Reinigungsanweisungen? Von wem stammen die Sitzbezüge? Und wie geht es weiter?
Finnairs Sitze von Recaro, Bezüge von einer finnischen Firma
Die Sitze in den Airbus A321 von Finnair stammen vom deutschen Hersteller Recaro. Eine Sprecherin des Unternehmens erklärt auf Anfrage aber, «dass die betroffenen Sitzbezüge weder bei uns bestellt noch eingekauft wurden». Sie verweist auf Finnair.
Derweil hat die Zeitung Helsingin Sanomat den Hersteller der Sitzbezüge ausfindig gemacht. Es handelt sich um die finnische Firma SNT Group mit Sitz in Tampere. Demnach entdeckten die Airline und die Textilfirma das Problem am Montag (13. Oktober) bei einer gemeinsamen Kontrolle. «Einige der Bezüge waren eingelaufen», erklärte eine Managerin.
Nicht bekannt, ob Brandschutz eines Teils erhalten bleibt
«Da dachten wir, dass etwas nicht stimmt», erzählte sie der Zeitung. Finnair habe daraufhin umgehend die finnische Verkehrs- und Kommunikationsbehörde Traficom informiert, so eine Sprecherin der Fluggesellschaft. In Zusammenarbeit mit der Behörde sei man zu dem Schluss gekommen, die Flugzeuge am Boden zu lassen, da Sicherheit stets oberste Priorität habe.
Dabei war die Wäsche nicht neu: Die Bezüge wurden laut der Zeitung schon seit Jahren mit Wasser gereinigt - obwohl nicht bekannt war, ob der Brandschutz aller Teile einer solchen Wäsche tatsächlich standhält. Finnair hatte die Reinigungshinweise, denen sie folgte, demnach von Recaro erhalten und nicht von SNT Group. Recaro geht darauf nicht weiter ein.
Finnair will rund 2000 neue Bezüge - und das dauert
Talja sagt, dass keine echte Gefahr für die Sicherheit bestanden habe: «Die gefütterte Jacke eines Passagiers fängt auf einem Flug eher Feuer als ein Sitzbezug», so der Manager. Denn das Waschen mit Wasser habe nicht den gesamten Brandschutz beeinträchtigt. Es sei sogar eine zugelassene Methode für den größten Teil jedes Bezuges. Die Ausnahme sei nur die untere Stoffschicht in der Rückenpartie. Während der Brandschutz der oberen Stoffschicht beständig sei gegen Wasser, gebe es für die untere Schicht keine Gewissheit darüber.
Finnair wird dem Bericht zufolge rund 2000 Sitzbezüge austauschen. Unklar ist, ob es sich diese Zahl auf komplette Bezüge oder Teile bezieht. Denn die acht A321 von Finnair haben zusammen nur 1672 Sitze. SNT-Group-Chef Jimi Kuitunen sagte, erste Teile würden noch an diesem Tag fertig. Nächste Woche will die Firma eine Rate von 250 Bezügen erreichen und innerhalb von zwei bis drei Wochen mehr als tausend Stück herstellen.
Feuerfester Stoff, feuerfestes Garn, feuerfester Klettverschluss
Der stellvertretende Geschäftsführer Talja erklärt: «Der Engpass liegt in der Verfügbarkeit der Materialien – nicht nur beim von den Behörden zugelassenen Stoff, sondern auch bei feuerfestem Garn und Klettverschluss unter anderem.» Die Finnair-Sprecherin sagt, man versuchte außerdem, Sitzbezüge auch von anderen Herstellern zu beschaffen. Einen Zeitplan, bis wann die Fluglinie die acht Jets wieder in die Luft bringen will, nennt sie derzeit nicht.
Die sieben anderen Airbus A321 von Finnair sind nicht von dem Problem betroffen. Die in diesen Flugzeugen verwendeten Sitzbezüge, sind komplett mit Wasser waschbar.
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